13.03.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deloitte und Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Deloitte befragte für die Studie „Risikominimierung bei der Personalauswahl – Momentaufnahme zur Lage von Unternehmen in Deutschland“ DAX- und MDAX-Konzerne zu ihren Recruitingpraktiken. Trotz nachweislich hoher Raten von Wirtschaftskriminalität bei Mitarbeitern hält eine deutliche Mehrheit (80%) der HR-Verantwortlichen in Deutschland eine prinzipielle Überprüfung von Bewerbern/-ungen – für nicht erforderlich. Auch ist die Vorlage von Originaldokumenten nur für 28 Prozent obligatorisch. Frühere Arbeitgeber werden ebenfalls nur von 28 Prozent kontaktiert. Ein sogenannter Pre-Employment-Check wird lediglich von 13 Prozent der Unternehmen durchgeführt. Anders als in den USA und Großbritannien scheuen viele deutsche Personaler eine Überprüfung nach Art des Pre-Employment-Checks – zudem ist oft nicht klar, wer im Unternehmen für einen solchen Check zuständig ist. Auch übernehmen die Firmen das Bewerbungsmanagement komplett selbst, nur in Ausnahmefällen würde ein Viertel einzelne Aufgaben an externe Dienstleister delegieren. Mehr als die Hälfte der Arbeitgeber verlangt jedoch von Bewerbern für bestimmte Stellen/Positionen (Leitungsfunktion, Mitarbeit in besonders sensitiven Bereichen etc.) ein polizeiliches Führungszeugnis.
„Bei einer Neueinstellung ist es wichtig, sich vom künftigen Mitarbeiter ein umfassendes Bild zu machen. Die Zuständigen bewegen sich dabei zwischen Informationsbedürfnis und arbeitnehmer- bzw. datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Internetrecherchen sind zwar oft Usus, jedoch ist hier rechtlich ebenso Vorsicht geboten wie bei umfassenden Checks“, kommentiert Uwe Heim, Partner Forensic & Dispute Services bei Deloitte.
Pre-Employment-Checks werden vor allem in den USA und Großbritannien genutzt. In Deutschland bedienen sich die Verantwortlichen einer ganzen Reihe von Einzelmaßnahmen, um Risiken vorzubeugen. Dazu gehört das Anfordern von Originalunterlagen, Referenzen und polizeilichen Führungszeugnissen. Ein systematischer Pre-Employment-Check wird nur von 13 Prozent der deutschen Unternehmen durchgeführt.
Diese Instrumente werden von deutschen Unternehmen sehr unterschiedlich eingesetzt. So fordern nur 28 Prozent die Vorlage von Originalunterlagen, 44 Prozent fragen nach einem Führungszeugnis, wenn bestimmte Bereiche im Unternehmen betroffen sind. 15 Prozent halten eine generelle Überprüfung von Bewerbern für notwendig – 7 Prozent hingegen für unnötig. 80 Prozent würden den Bewerber bzw. seine Angaben nur in Einzelfällen überprüfen. Nur 5 Prozent kontrollieren routinemäßig die Referenzen der Bewerber.
Der Pre-Employment-Check nach angloamerikanischem Vorbild ist in Deutschland problematisch – und in vielen Unternehmen ist nicht klar, wer ihn durchführen soll. Ursachen sind Rechtsunsicherheit und fehlende wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse. Wenn in Deutschland Überprüfungen stattfinden, dann vor allem zur Vermeidung von Korruption und Wirtschaftskriminalität.
Neben Zeugnissen, Zertifikaten und Referenzen, aber auch amtlichen Informationsquellen wie dem Führungszeugnis oder aber einer SCHUFA-Auskunft dienen Presse und Internet für Hinweise zur Integrität von Bewerbern. Deren Auswertung ist jedoch beschränkt – verwendet werden dürfen nur Informationen, die über allgemein zugängliche Suchmaschinen und Datenbanken gefunden werden. Vor dem Surfen in sozialen Netzwerken von Bewerbern unter Nutzung von „Dummy-Usern“, kann in Bezug auf die Lizenzbedingungen der Betreiber nur gewarnt werden. Selbst wenn das Durchforsten der persönlichen Profile von Bewerbern in vielen Fällen tiefe Einblicke in deren Persönlichkeit zulässt. Ferner werden psychologische oder graphologische Tests selten angewendet. Diese finden, wenn überhaupt, für Positionen im gehobenen Management statt.
Zwar beziffert das Bundeskriminalamt (BKA) den Schaden durch Wirtschaftskriminalität 2010 auf rund 4,7 Mrd. Euro, die Unternehmen selbst aber schätzen das Risiko, durch eigene Mitarbeiter geschädigt zu werden, als gering ein. Ausnahme: Börsennotierte Konzerne sind gesetzlich verpflichtet, umfangreiche Präventionsmaßnahmen zu treffen. In den USA haben Pre-Employment-Checks jedoch gezeigt, dass etwa 15 Prozent der Lebensläufe bei Bewerbungen im Finanzsektor Unrichtigkeiten aufweisen.
Ob mit oder ohne Pre-Employment-Check: 71 Prozent der Unternehmen in Deutschland führen das Bewerbungsmanagement selbst durch. Eine Ausnahme ist das Recruiting von Führungskräften, hier wird von 23 Prozent ein externer Dienstleister in Anspruch genommen. Zwei Drittel der Unternehmen führen Assessment Center durch, knapp ein Drittel holt Auskünfte vom ehemaligen Arbeitgeber ein.
„Viele der heute in Deutschland üblichen Maßnahmen können in Kombination als eine Vorstufe zum Pre-Employment-Check gesehen werden, ohne dass ein solcher offiziell vorgenommen wird. Anders als in den USA, wo ein derartiger Check durch das Personalwesen des jeweiligen Unternehmens gebräuchlich ist, fristet er in Deutschland noch ein Schattendasein – zumal es hier weder Studien zum Thema noch Best Practices Guidelines gibt“, resümiert Uwe Heim.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass durch den War for Talents die Thematik an Relevanz gewinnt und sich schließlich zum Standard-Prozess in Unternehmen entwickeln wird.
Quelle: Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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