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Behinderung von Betriebsratswahlen: Nicht nur Einzelfälle

13.03.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Unternehmer oder Manager, die Betriebsratswahlen behindern, machen sich strafbar. "Dennoch häufen sich in den letzten Jahren zunehmend Berichte, dass genau dies geschieht", schreiben Dr. Martin Behrens und Dr. Heiner Dribbusch in einer neuen Analyse.

Wissenschaftliche Befunde lägen jedoch kaum vor. Deshalb haben die beiden Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung zu klären versucht, welches Ausmaß diese Aktivitäten inzwischen haben. In Kooperation mit den Gewerkschaften IG Metall, IG BCE und NGG sowie dem Fachbereich Handel von ver.di befragten Dribbusch und Behrens 184 der zuständigen hauptamtlichen Gewerkschafter aus den Bezirken, Regionen und Verwaltungsstellen; diese haben in der Regel einen guten Überblick über die Arbeitsbeziehungen vor Ort. Repräsentativ sind die Ergebnisse nicht, doch erlauben sie aus Sicht der Forscher eine Trendaussage: Versuche, neue Betriebsräte zu verhindern seien "bislang kein stilbildendes Merkmal der deutschen Arbeitsbeziehungen", aber "deutlich mehr als eine Fußnote".

Überdurchschnittlich häufig kämen Behinderungen in inhabergeführten Unternehmen vor, schreiben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen. Erste stichprobenartige Nachfragen deuteten darauf hin, dass die Zahl der Fälle dort ansteige, wo sich Gewerkschaften aktiv um die Gründung neuer Betriebsräte bemühen, fassen die Wissenschaftler zusammen.

Insgesamt 59 % der 184 Befragten sind Fälle bekannt, in denen Unternehmer versucht haben, die Gründung einer Arbeitnehmervertretung zu verhindern. Die lokalen Experten, denen Behinderungen bekannt waren, berichteten im Mittel von jeweils gut zwei Fällen, in denen Arbeitgeber gegen die Wahlen Front machten. Jeder dritte der Versuche war aus Sicht des Managements erfolgreich; die Betriebsratswahl wurde vereitelt. Am häufigsten erlebten die Befragten aus der Handelsbranche Wahlbehinderungen: Hier nannten 66 % mindestens einen Fall.

Besonders häufig seien Versuche, Kandidaten für die Betriebsratswahl einzuschüchtern, stellen die Forscher fest. Gerade in kleinen und mittelgroßen Betrieben, in denen der Kontakt zwischen Eigentümer, Management und Beschäftigten oft eng sei, ließen sich Kandidaten leicht unter Druck setzen. Im Durchschnitt beobachteten diese Taktik 73 % der Befragten in jenen Betrieben, in denen die Wahl behindert wurde, im Fachbereich Handel von ver.di sogar 86 %. 43 % der Befragten, die Wahlbehinderungen beobachtet hatten, berichteten, der Unternehmer habe versucht, die Bestellung eines Wahlvorstandes zu verhindern. 24 % der lokalen Experten hatten erlebt, dass Kandidaten für den Betriebsrat gekündigt wurde. 16 % berichteten von Fällen, in denen Beschäftigten vom Arbeitgeber Vorteile für den Fall versprochen wurden, dass sie ihre Kandidatur zurückziehen.

Obwohl Arbeitgeber sich von ihren Verbänden in arbeitsrechtlichen Fragen beraten lassen könnten, ziehen viele im Konfliktfall Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen hinzu, fanden die Forscher heraus. In 43 % der beobachteten Fälle von Behinderung waren sich die befragten Gewerkschafter sicher, dass eine dritte Partei im Spiel war, in weiteren 38 % konnten sie dies nicht zuverlässig einschätzen. Lediglich ein Fünftel der Konflikte lief ausschließlich zwischen dem Unternehmen und seinen Beschäftigten ab.

Einige Kanzleien sind für ihre Unterstützung bei der Verhinderung von Betriebsräten bekannt. Die meisten Unternehmen wenden sich aber eher an ihren Hausanwalt. So oder so: Schalten sie Externe ein, greifen sie häufiger zu drei oder mehr Maßnahmen zur Wahlbehinderung. 43 % der Befragten berichteten von solch massiver Obstruktion.

Über die Grenzen gewerkschaftlicher Organisationsbereiche hinweg fanden Dribbusch und Behrens eine mitbestimmungsfeindliche Stimmung hauptsächlich in inhabergeführten Unternehmen sowie in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten: "In diesem Teil der deutschen Wirtschaft scheinen der ,Herr-im-Haus'-Standpunkt und eine geringe Bereitschaft, die betriebliche Entscheidungsgewalt zu teilen, besonders weit verbreitet zu sein." Wenn es die Arbeitnehmervertretung erst einmal gibt, lasse der Widerstand allerdings nach. Zumeist scheine sich das Management dann "mit der Existenz des Betriebsrates abgefunden zu haben".


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