27.10.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans Böckler Stiftung.
In der Regel arbeiten Betriebsräte und Manager hierzulande konstruktiv zusammen: Laut der aktuellen Betriebsrätebefragung der Hans-Böckler-Stiftung bewerten knapp 60 Prozent der Beschäftigtenvertreter das Verhältnis zur Chefetage als „sehr gut“ oder „gut“. In manchen Firmen hängt der Haussegen allerdings dauerhaft schief: Dort versuchen Arbeitgeber systematisch, die betriebliche Mitbestimmung auszuhebeln.
Mit welchen Strategien sie dabei vorgehen und was Arbeitnehmervertreter dem entgegensetzen können, haben Prof. Dr. Markus Hertwig und Oliver Thünken von der Professur Soziologie mit Schwerpunkt Arbeit und Organisation an der Technischen Universität Chemnitz zusammen mit Alrun Fischer und Sissy Morgenroth von der Beratungsgesellschaft AFB in ihrer neuen qualitativen Studie untersucht. Im Rahmen von Fallstudien haben sie Betriebsräte in 28 Unternehmen, zudem Manager und außerbetriebliche Experten wie Gewerkschafter oder Rechtsanwälte befragt. Der Analyse zufolge reichen die Schikanen mitbestimmungsfeindlicher Arbeitgeber von gezielter Informationszurückhaltung bis hin zu Kündigungen und Standortschließungen. Wenn Betriebsräte dagegen juristisch vorgehen, müssen sie darauf achten, ihr Kerngeschäft nicht zu vernachlässigen.
Angriffe auf die Mitbestimmung gebe es nicht nur in prekären Dienstleistungsbranchen, sondern auch in der Industrie, schreiben die Forscher. Betroffen seien sowohl kleinere Unternehmen, deren Eigentümer „auf Grundlage einer patriarchalischen Sozialordnung herrschen“, als auch multinationale Konzerne. Am wahrscheinlichsten seien aggressive Praktiken dort, wo es keine Tradition der Mitbestimmung gibt. Das gelte etwa für Start-ups, Betriebe in Regionen mit einer eher schwachen Mitbestimmungskultur oder Niederlassungen ausländischer Unternehmen.
Die Motive auf Arbeitgeberseite sind der Studie zufolge vielfältig. Manche Chefs fänden Mitbestimmung zwar nicht grundsätzlich illegitim, aber bisweilen „nervig“ oder „zeitaufwändig“. Ihr Ziel sei es nicht, Betriebsräte generell zu verhindern oder loszuwerden, es gehe ihnen eher um „ein wenig Sabotage“, die aber kein durchdachter Bestandteil eines Projekts ist. Andererseits gebe es auch „Hardliner“, die eine „ideologisch verbrämte Totalverweigerung“ praktizieren und „jedweder Form von eigenständiger, kollektiver Interessenvertretung feindlich gegenüberstehen“. Hier seien „harte, strategisch geplante Maßnahmen“ an der Tagesordnung, die zum Teil enorme Ressourcen verschlingen. Das Vorgehen werde oft mit Anwaltskanzleien beraten, die auf Mitbestimmungsbehinderung spezialisiert sind.
Zu den Maßnahmen, mit denen betroffene Betriebsräte rechnen müssen, gehöre zum einen die systematische Missachtung von Mitbestimmungsrechten, so die Sozialwissenschaftler. Arbeitnehmervertreter würden zu spät oder unvollständig informiert, Fristen nicht eingehalten, Anfragen ignoriert, Termine nicht wahrgenommen, die Teilnahme an Schulungen oder Betriebsratssitzungen verhindert. Das wirke auf Dauer zermürbend und könne den Rückhalt des Betriebsrats in der Belegschaft untergaben. Denn wer ignoriert wird, habe es schwer, Verbesserungen für die Beschäftigten durchzusetzen.
Andere Taktiken hätten unmittelbar die Spaltung der Belegschaft zum Ziel, erklären die Autoren. Ein gängiges Mittel seien beispielsweise bei Betriebsratswahlen Listen mit Kandidaten, die der Geschäftsführung gewogen sind. Bisweilen werde auch versucht, Betriebsräte durch „Andere Vertretungsorgane“ zu ersetzen, die keine gesetzlich verbrieften Rechte haben und damit vom Wohlwollen des Arbeitgebers abhängen. Weit verbreitet seien Schikanen gegen einzelne engagierte Beschäftigte. Das Spektrum reiche von verbalen Drohungen und willkürlichen Versetzungen bis hin zu Abmahnungen, Kündigungen oder Amtsenthebungsverfahren. Im Extremfall gerieten auch ganze Betriebe oder Abteilungen ins Visier, denen mit Restrukturierung, Outsourcing oder Standortschließung gedroht wird.
Betriebsräte, die von solchen Praktiken betroffen sind, verfügen der Untersuchung zufolge über ein „breites Repertoire an Antworten“. Bisweilen unvermeidlich seien juristische Schritte, insbesondere wenn es darum geht, Kündigungen einzelner Arbeitnehmervertreter abzuwehren. Dabei sei allerdings die Dauer gerichtlicher Auseinandersetzungen, die sich oft über Monate hinziehen, ein Problem, das den Arbeitgebern in die Hände spielt. Oft sei nach Einschätzung von Befragten das Ziel, die Arbeitnehmer finanziell auszutrocknen und moralisch zu brechen. „Ein Nervensystem ist eine endliche Ressource. Das wissen die Arbeitgeber. Die wissen einfach, wenn die erste Kündigung den nicht zermürbt, die siebte wird ihn zermürben“, heißt es in einem der Interviews.
Ein weiteres Problem neben den persönlichen Belastungen seien die erheblichen Ressourcen, die juristische Verfahren binden, warnen die Soziologen: „Betriebsräte, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber verausgaben, besitzen kaum Zeit und Kraft, sich um die Umsetzung ihrer inhaltlichen Agenda zu kümmern.“ Chefs könnten in einer solchen Situation darauf verweisen, dass der Betriebsrat einerseits keine Vorteile für die Beschäftigten erziele, andererseits das Unternehmen durch bürokratischen Aufwand, immense Kosten und ein vergiftetes Betriebsklima schwäche. Um gegen Angriffe bestehen zu können, müssten Betriebsräte juristische Maßnahmen in eine Gesamtstrategie integrieren: „Der Kampf um die Mitbestimmung entscheidet sich nicht vor Gericht, sondern im Betrieb“, so die Forscher.
Die Haltung der Beschäftigten sei häufig der entscheidende Faktor, betonen die Forscher: „Steht die Belegschaft einheitlich für eine interessenpolitische Forderung, den Betriebsrat oder einen Mandatsträger ein, ist es für den Arbeitgeber schwer, dagegen zu agitieren.“ Wichtig sei es, über eine transparente, sachorientierte Interessenvertretung Solidarität und Zustimmung aufrechtzuerhalten. Dabei empfehle es sich, Beschäftigte nicht nur regelmäßig über die Arbeit des Betriebsrats zu informieren, sondern aktiv in Strategien einzubeziehen. Wenn das gelingt und der Rückhalt in der Belegschaft stabil ist, könnten aggressive Praktiken des Managements einen „Bumerang-Effekt“ auslösen: Statt zur Spaltung kommt es zu einer Solidarisierung mit dem attackierten Betriebsrat.
Rechtliche Reformen könnten der Studie zufolge dazu beitragen, Angriffe auf die Mitbestimmung – und damit auf eine „Säule des demokratischen Gemeinwesens“ – von vornherein wirksam einzudämmen. Sinnvoll wäre es demnach, den Kündigungsschutz für Mitglieder des Wahlvorstands auszubauen und Mitbestimmungsbehinderung von einem Antrags- in ein Offizialdelikt umzuwandeln, um so Strafverfolgung auch ohne Anzeige der Betroffenen zu ermöglichen. Darüber hinaus brauche es spezialisierte Staatsanwaltschaften, eine präzisere Definition der strafbaren Tatbestände sowie ein höheres Strafmaß.
Bild: rawpixel (Pixabay, Pixabay License)
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