25.11.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin, eine im Anlagebau tätige Kommanditgesellschaft, entwickelte eine aus 18 Einzelbauteilen bestehende Entrauchungsanlage für industrielle Großfeuerungsanlagen, speziell für sog. Ziehöfen. Die Anlage diente der Abfilterung der von den Ziehöfen ausgehenden Abwärme und der von ihnen abgegebenen Staubpartikel, um einen störungsfreien Betrieb der in den Werk- und Maschinenhallen von Produktionsunternehmen aufgebauten Ziehöfen zu gewährleisten. Die Klägerin baute die von ihr entwickelte Entrauchungsanlage in die Produktionshallen eines Kunden ein. Für den Einbau und die Montage nahm die Klägerin die Leistungen von zwei Fremdunternehmen in Anspruch, die ihre Leistungen gegenüber der Klägerin mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer abrechneten. Die Klägerin nahm hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin für die von ihr von den beiden Firmen für Einbau und Montage bezogenen Leistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 UStG in seiner im Streitjahr (2009) geltenden Fassung (UStG a.F.) gewesen sei und änderte mit den Bescheiden vom 2.12.2009 die Umsatzsteuerfestsetzungen Januar bis April 2009. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Demgegenüber gab das FG der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 596 veröffentlichten Urteil statt. Bei der Entrauchungsanlage handele es sich um eine Betriebsvorrichtung, so dass § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. unter Berücksichtigung der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) nicht anzuwenden sei.
Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 28.8.2014, V R 7/14). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin nicht als Leistungsempfänger Steuerschuldner für die von ihr bezogene Leistung war.
Nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 UStG a.F. entsteht bei "Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen" die Steuer "mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats". Hierfür schuldet der Leistungsempfänger gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. "die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 erbringt". Bauwerke i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 UStG a.F. sind unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sachen. Betriebsvorrichtungen (zum Begriff s. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG; § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) gehören nicht hierzu.
Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Entrauchungsanlage eine Betriebsvorrichtung ist. Dies ergibt sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG daraus, dass die Werkshallen, in die die streitgegenständliche Entrauchungsanlage eingebaut wurde, bereits über ein eigenes Klimaanlagensystem verfügten und die Entrauchungsanlage demgegenüber der Herstellung von Reinraumbedingungen für einen betrieblichen Produktionsvorgang (hier: Herstellung von Solarzellenplatten) diente. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG.
§ 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 UStG a.F. definiert den Begriff des Bauwerks nicht. Eine unionsrechtskonforme Auslegung dieses Begriffs ist nur eingeschränkt möglich. Die ursprüngliche Ermächtigungsgrundlage für § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 UStG a.F., Art. 2 Nr. 1 der Entscheidung 2004/290/EG des Rates vom 30.3.2004 zur Ermächtigung Deutschlands zur Anwendung einer von Art. 21 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichenden Regelung verwendete den Begriff des Bauwerks nicht. Der im Streitjahr geltende Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL stellt auf Leistungen "im Zusammenhang mit Grundstücken" ab.
Nach allgemeinem Begriffsverständnis ist ein Bauwerk eine unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Auch die Finanzverwaltung geht davon aus, dass zu den Bauwerken neben Gebäuden auch andere mit dem Erdboden verbundene Anlagen wie z.B. Brücken oder Straßen gehören (vgl. Abschnitt 182a Abs. 3 UStR 2008 und später Abschnitt 13b.2 Abs. 1 UStAE).
In das Bauwerk eingebaute Anlagen sind nur dann Bestandteil des Bauwerks, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Die Anlage muss hierfür eine Funktion für das Bauwerk selbst haben. Dient die Anlage demgegenüber eigenen Zwecken, indem sie z.B. durch Stromerzeugung eine Einnahmequelle verschaffen soll, ist sie kein Bauwerksbestandteil. Nicht zu den Bauwerksbestandteilen gehören danach Betriebsvorrichtungen. Sie dienen gegenüber dem Bauwerk eigenständigem Zweck. Sie haben keine Funktion für das Bauwerk, sondern sind dort lediglich untergebracht. Ihr Einbau führt zu keiner Änderung des Bauwerks.
Dass Betriebsvorrichtungen für die Frage der Steuerschuldnerschaft keine Bauwerks- und damit auch keine Grundstücksbestandteile sind, wird durch das Unionsrecht bestätigt. So beschränkt sich die Befugnis, eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers anzuordnen, nach Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL auf Leistungen "im Zusammenhang mit Grundstücken". Bei der Entscheidung, welche Anforderungen an diesen Zusammenhang zu stellen sind, ist zu berücksichtigen, dass zwar die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist, sich diese Steuerfreiheit aber nach Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL nicht auch auf dauerhaft eingebaute "Vorrichtungen und Maschinen" und damit nicht auf eigenen Zwecken dienende Betriebsvorrichtungen erstreckt.
Demgegenüber kommt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 182a Abs. 4 Satz 2 UStR 2008 und Abschnitt 13b.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE) eine Auslegung entsprechend der Baubetriebe-Verordnung, die nach ihrem § 1 Abs. 1 zur Durchführung von § 101 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dient, nicht aber zur Anwendung von § 13b UStG a.F. ergangen ist, nicht in Betracht.
Soweit die Finanzverwaltung schließlich in Abschnitt 182a Abs. 7 Nr. 2 UStR 2008 und Abschnitt 13b.2 Abs. 5 Nr. 2 UStAE davon ausgehen sollte, dass, wie es das FA annimmt, Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen und Gaststätteneinrichtungen auch dann als Teile eines Bauwerks anzusehen sein sollen, wenn es sich bei ihnen um Betriebsvorrichtungen i.S. von § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG handelt, schließt sich der erkennende Senat dem nicht an.
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