04.09.2019 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im hier streitigen Sachverhalt wurde ein Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beendet. Inhalt der Aufhebungsvereinbarung war u.a. die finanzielle Abgeltung von tatsächlich geleisteten und bislang nicht ausgezahlten 330 Überstunden in Höhe von pauschal 6.000 Euro. Darüber hinaus zahlte der Arbeitgeber einen Betrag in Höhe von 18.000 Euro für nicht genommene und bislang nicht ausgezahlte Urlaubstage.
Der Arbeitnehmer erklärte den Betrag in Höhe von insgesamt 24.000 Euro im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn für mehrere Jahre an. Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung dieses Betrages als außerordentliche Einkünfte im Rahmen der Fünftelregelung und versagte entsprechend die Tarifbegünstigung nach § 34 Absatz 1 EStG. Das Finanzamt berief sich auf das BMF-Schreiben vom 01.11.13 und vertrat die Auffassung, dass eine Zahlung des Arbeitgebers im Rahmen der Beendigung eines Dienstverhältnis, die bereits erdiente Ansprüche des Arbeitnehmers wie z. B. rückständigen Arbeitslohn, anteiliges Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Tantiemen oder bei rückwirkender Beendigung des Dienstverhältnisses noch zustehende Gehaltsansprüche abgelte, keine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG sei.
Das Finanzgericht Münster stellte mit Urteil vom 23.05.19, 3 K 1007/18 E klar, dass Überstundenvergütungen, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages für mehrere zurückliegende Jahre in einer Summe ausbezahlt werden, als außerordentliche Einkünfte im Rahmen der Fünftelregelung ermäßigt zu besteuern sind. Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster stellt die streitbefangene Vergütung eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Absatz 2 Nr. 4 EStG dar. Eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit liegt nur dann nicht vor, wenn lediglich die im Vorjahr verdienten Vergütungen nachgezahlt werden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Der Arbeitnehmer hat die Vergütung für die Überstunden nicht nur für das Vorjahr, sondern für die Jahre 2013 bis 2015 und damit für mehrere Kalenderjahre erhalten. Der Nachzahlungszeitraum erstreckt sich auf (mehr als) zwei Veranlagungszeiträume und dauert länger als zwölf Monate. Damit liegt ein zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit vor, da gerade die über mehrere Jahre geleisteten Überstunden abgegolten werden sollten. Nach Auffassung des Finanzgerichts kann die Nachzahlung einer Überstundenvergütung nicht anders beurteilt werden als die Nachzahlung von Lohn für die reguläre Arbeitsleistung.
Die Gewährung der Nachzahlung auf Grundlage einer gesonderten Vereinbarung wie beispielsweise eines Aufhebungsvertrages steht dem nicht entgegen. Auch eine Zusammenballung von Einkünften liegt vor, weil die Nachzahlung nicht in Raten gezahlt wird, sondern in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen ist.
Das Finanzgericht wies darauf hin, dass die Anwendung der Fünftelregelung nicht voraussetzt, dass es infolge der Zusammenballung von Einkünften im Vergleich mit der steuerlichen Belastung bei verteiltem Zufluss tatsächlich zu einer nachweisbaren Steuerprogression kommt. Die Fünftelregelung darf angewendet werden, da dem Arbeitnehmer die gesamte Vergütung in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen ist.
In diesem Zusammenhang kommt die Anwendung der Fünftelregelung für den streitigen Teilbetrag in Höhe von 6.000 Euro in Betracht, der auf die Überstundenvergütung entfällt.
Hinsichtlich des Anteils in Höhe von 18.000 Euro, der auf die Vergütung für nicht genommene und bislang nicht ausgezahlte Urlaubstage entfällt, ist jedoch die Regelbesteuerung anzuwenden. Die Rechtsfrage, ob es sich hinsichtlich dieses Betrages ebenfalls um ermäßigt zu besteuernde Einkünfte handelt, war nicht Gegenstand der finanzgerichtlichen Auseinandersetzung.
Das Finanzgericht hat aufgrund grundsätzlicher Bedeutung dieser Streitfrage Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: bruce mars (Pexels, Pexels Lizenz)
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