11.11.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin lieferte Gegenstände in das Ausland und behandelte die Lieferungen als nach § 6 UStG steuerfrei. In ihrer Buchführung verbuchte sie die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung über die Ausfuhrlieferungen. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Lieferungen steuerpflichtig seien, da die Klägerin den Beleg- und Buchnachweis nicht erbracht habe und änderte durch die Bescheide vom 2.2.2012 die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2007 und 2008. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1045 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH wie auch der des BFH sowohl den Belegnachweis als auch den Buchnachweis erbracht.
Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 28.8.2014, V R 16/14). Ausfuhrlieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG unter den in § 6 UStG bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung hat der Unternehmer gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG nachzuweisen, wobei das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrats bestimmen kann, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat. Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Unternehmer einen Nachweis gemäß §§ 8 ff. UStDV durch Belege (Belegnachweis) und gemäß § 13 UStDV durch Aufzeichnungen (Buchnachweis) zu führen. Die Vorschriften zum Beleg- und Buchnachweis gemäß § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV beruhen unionsrechtlich auf der gemäß Art. 131 MwStSystRL bestehenden Befugnis, Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen festzusetzen und sind daher grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar.
Erfüllt der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV bestehenden Nachweispflichten, ist er berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Die durch den Unternehmer beigebrachten Belege und Aufzeichnungen unterliegen aber der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung, ohne dass den Nachweispflichten dabei materiell-rechtliche Bedeutung für die Steuerfreiheit zukommt. In zeitlicher Hinsicht kann der Unternehmer den Belegnachweis bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erbringen. Demgegenüber muss der Buchnachweis grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Der Unternehmer, der eine Ausfuhrlieferung als steuerfrei erklärt, muss sich durch seine buchmäßigen Aufzeichnungen zumindest dem Grunde nach vergewissern, ob er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben ansehen kann. Nach dem Zeitpunkt für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht mehr erstmals erstellen, sondern nur noch berichtigen oder ergänzen. Derartige Korrekturen können bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erfolgen. Im Streitfall hat das FG zu Recht entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin steuerfrei sind.
Um den Buchnachweis i.S. von § 13 UStDV entsprechend dem Senatsurteil in BFH-Urteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, dem Grunde nach zu führen, reicht es aus, wenn die Klägerin die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung verbucht. Entgegen der Auffassung des FA kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer zusätzlich ein Warenausgangsbuch i.S. von § 144 AO führt oder weitergehend seine Buchführung im Allgemeinen als ordnungsgemäß anzusehen ist. Die Klägerin war daher berechtigt, durch die im finanzgerichtlichen Verfahren erstellten Anlagen zu den Rechnungen nicht nur den Belegnachweis, sondern auch den Buchnachweis zu vervollständigen.
Liegt somit im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG der Beleg- und Buchnachweis vor, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 6 UStG zu vermuten. Diese Vermutung entfällt erst, wenn sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend erweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben bestehen, die der Unternehmer nicht ausräumt; die Lieferung ist aber dann gleichwohl steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind.
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