11.10.2011 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst und Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H..
Gestiegene Volatilitäten und Kursrückgänge in Folge der Schuldenkrisen in Europa und den USA: Die Rahmendaten für erfolgreiche Börsengänge haben sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. Entsprechend schrumpfte im dritten Quartal der weltweite Markt für Börsengänge (Initial Public Offerings, kurz IPOs). So wurden im dritten Quartal dieses Jahres 284 IPOs mit einem Emissionsvolumen von insgesamt 28,5 Milliarden US-Dollar gezählt – ein Rückgang um 32 bzw. 60 Prozent gegenüber dem Vorquartal, als es weltweit 383 Börsengänge gab, die insgesamt 65,6 Milliarden US-Dollar einbrachten.
Nur noch bei 3 Transaktionen lag das Emissionsvolumen über 1 Milliarde US-Dollar, im zweiten Quartal hatte es noch 8 Transaktionen dieser Größenordnung gegeben. 22 Börsengänge wurden verschoben, 49 ganz abgesagt – hauptsächlich mit Hinweis auf die gestiegene Volatilität an den Aktienmärkten. Das sind Ergebnisse des vierteljährlich durchgeführten weltweiten IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young.
„Der Rückgang der weltweiten IPO-Aktivitäten zeigt, dass die Schuldenkrisen in der Eurozone und den USA negative Auswirkungen auf den IPO-Markt und das Vertrauen sowohl der Emittenten als auch der Investoren hatten“, kommentiert Gerhard Schwartz, Partner bei Ernst & Young in Österreich das IPO-Update. „Nach wie vor gibt es aber eine große Zahl sehr guter IPO-Kandidaten“, betont Schwartz. „Die Unternehmen haben dem Börsengang keineswegs den Rücken gekehrt – sie warten auf eine Verbesserung der Marktbedingungen, während sie sich weiterhin auf ihr IPO vorbereiten.“ Zuvor müssten sich aber die Marktbedingungen wieder verbessern.
Die Mehrzahl der IPOs findet nach wie vor in den aufstrebenden Schwellenländern statt: 67 Prozent aller Börsengänge wurden im zweiten Quartal dieses Jahres in den „Emerging Marktes“ gezählt. Von den 10 größten IPOs des Quartals fanden 6 in den Schwellenländern statt. Mit 90 (Vorquartal: 108) Börsengängen, die insgesamt 11,4 (Q2: 20,4) Milliarden US-Dollar einbrachten, war China (inklusive Hongkong) trotz des starken Rückgangs der Emissionserlöse abermals die Hauptstütze des weltweiten IPO-Markts.
Insgesamt dominierten asiatische Unternehmen mit 138 Börsengängen und einem Gesamt-Emissionsvolumen von 13,5 Milliarden US-Dollar das IPO-Geschehen. Das ist allerdings der niedrigste Wert seit dem zweiten Quartal 2009, als 3 Milliarden Euro bei 44 Börsengängen erlöst wurden. Im zweiten Quartal 2011 waren noch 173 Börsengänge von Unternehmen aus Asien gezählt worden.
Auch bei Börsengängen amerikanischer Unternehmen war ein Rückgang zu verzeichnen: von 55 IPOs mit einem Gesamtemissionsvolumen von 11,6 Milliarden Euro auf 41 Transaktionen, bei denen insgesamt nur noch 4,5 Milliarden US-Dollar eingelöst wurden.
Auch europäische Unternehmen hielten sich im dritten Quartal zurück: Bei 69 Börsengängen wurde ein Emissionsvolumen von 8,8 Milliarden US-Dollar erzielt – deutlich weniger als im Vorquartal (21,7 Milliarden US-Dollar, 96 IPOs). Besonders viele Börsengänge wurden in Polen gezählt, wo bei 38 IPOs ein Emissionsvolumen von 2 Milliarden US-Dollar zustande kam. In Großbritannien wurden 12 und in Frankreich und Spanien jeweils 5 Börsengänge gezählt. In Deutschland gab es im dritten Quartal drei Börsengänge: der Autozulieferer SHW sowie das chinesische Unternehmen Youbisheng und (im Entry Standard) die Amalphi AG. Im Vorquartal hatten in Deutschland noch 8 Börsengängen stattgefunden.
„Im vierten Quartal wird das Sentiment am Primärmarkt von der weiteren Entwicklung der Investorenerwartungen besonders im Hinblick auf die Unsicherheiten der Schuldenkrise in Europa geprägt sein“, erwartet Schwartz. „Viele Unternehmen, die sich auf einen Börsengang in den kommenden Wochen vorbereitet hatten, haben ihre IPO-Pläne vorerst vertagt, beobachten aber genau die weitere Entwicklung am Kapitalmarkt. Derzeit ist das Risiko, bei einem Börsengang nicht die erhofften Summen einzulösen, relativ hoch. Verstärkte Aktivitäten erwarten wir erst wieder für das Frühjahr 2012.“ Die Entwicklung der vergangenen Monate zeige, wie wichtig Flexibilität bei der IPO-Vorbereitung sei, so Schwartz: „Die IPO-Fenster öffnen und schließen sich derzeit extrem kurzfristig. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, gut vorbereitet zu sein, um schnell sich bietende Möglichkeiten zu nutzen.“
Gemessen am Emissionsvolumen belegte im dritten Quartal die Shenzhen Stock Exchange (SME und ChiNext) (5.5 Milliarden US-Dollar, 56 IPOs) den Spitzenplatz im weltweiten Börsenranking. Auf dem zweiten Platz rangierte die Bolsa de Madrid (5,3 Milliarden US-Dollar, 5 IPOs), was in erster Linie auf den Börsengang der Spanish Commercial Bank, Bankia, zurückzuführen ist, der mit einem Volumen von 4,4 Milliarden US-Dollar weltweit der drittgrößte IPO in diesem Jahr und der größte im dritten Quartal war. An dritter Stelle konnte sich die Shanghai Stock Exchange (3.1 Milliarden US-Dollar, 9 IPOS) platzieren.
Lösung der Schuldenkrise wird IPO Markt wieder beleben
„Asien wird weiterhin die führende Rolle auf dem weltweiten IPO-Markt spielen“, erwartet Schwartz. Aber auch Europa könne wieder an Bedeutung gewinnen, wenn die Schuldenkrise gemeistert sei: „Alles hängt davon ab, dass es gelingt, zügig glaubwürdige Lösungen für die Schuldenkrise aufzuzeigen – nur so werden sich die Unsicherheit und Volatilität reduzieren und das Vertrauen der Investoren wiederherstellen lassen. Sobald sich der Markt wieder stabilisiert, werden wir eine Welle von IPOs sehen."
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