31.07.2018 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in Z. Das Grundstück ist bebaut mit einem 1994 für den Betrieb eines Autohauses errichteten Gebäude (Werkstatt und Verkaufsräume) und Außenanlagen. Die Klägerin vermietet das Grundstück seit Fertigstellung des Gebäudes an das von ihrem Ehemann als Einzelkaufmann betriebene Autohaus. Im Jahr 2009 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück einen Anbau an das bestehende Werkstattgebäude und überdachte einen Teil der Freifläche. Dafür wandte sie Herstellungskosten von insgesamt 85.137 € auf.
In den Jahren von 1994 bis 2008 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung degressive AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG auf die Gebäudeherstellungskosten geltend. Diese beliefen sich ursprünglich auf 584.390 €. Der am 1. Januar 2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert belief sich auf 255.665 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin AfA in Höhe von 33.477 € geltend. Auf Nachfrage korrigierte sie den Betrag auf 34.081 €. Entgegen der bisherigen Annahmen betrage die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50, sondern nur 25 Jahre. Der am 1. Januar 2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert von 255.665 € müsse um die im Streitjahr angefallenen Herstellungskosten von 85.137 € auf 340.802 € erhöht und auf die restlichen 10 Jahre gleichmäßig verteilt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).
Das FA berücksichtigte demgegenüber als AfA nur 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage (584.390 € + 85.137 € = 669.527 € x 1,25 % = gerundet 8.370 €) und führte zur Erläuterung aus, eine kürzere als die bislang angenommene voraussichtliche Nutzungsdauer sei nicht dargelegt worden. Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 4.5.2012).
Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (BFH Urteil vom 29.5.2018, IX R 33/16). Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften dienen und nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Werbungskosten abgezogen werden. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes weniger als 50 Jahre, können anstelle dieser Absetzungen die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden AfA vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige aufgrund eines vor dem 1. Januar 1995 gestellten Bauantrags hergestellt hat, können abweichend von § 7 Abs. 4 EStG degressive Abschreibungen vorgenommen werden: in den ersten acht Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % (§ 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Ein späterer Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht möglich. Der BFH musste die Frage bisher nicht beantworten.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl für die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG grundsätzlich gebunden. Der spätere Wechsel zu einer anderen AfA-Methode ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Insbesondere ist ein Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu der normalen, linearen Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 EStG nicht möglich. Auf die Frage, ob dies auch einen Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) ausschließt, kam es insoweit nicht an. Zugelassen hat der BFH allerdings den Wechsel von der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG a.F.; den umgekehrten Wechsel hat er indes ausgeschlossen. Zugelassen hat er ferner den Wechsel von einer degressiven AfA zu einer anderen degressiven AfA nach einer Nutzungsänderung.
Im Schrifttum wird die Frage unterschiedlich beantwortet. Die ganz überwiegende Ansicht schließt einen späteren Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer aus. Der Senat schließt sich der im Schrifttum überwiegend vertretenen Ansicht an. Im Gesetz fehlt eine Regelung für den Übergang von der degressiven zur linearen AfA bei Gebäuden. Der Übergang ist danach weder vorgesehen noch eindeutig ausgeschlossen. Er ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 7 Abs. 5 EStG eine starre, unveränderliche Abschreibungsregel enthält, deren Sätze weder unter- noch überschritten werden dürfen. Dieser Befund gilt zunächst nur innerhalb der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG und schließt den Wechsel zu einer anderen AfA-Methode nicht grundsätzlich aus. Kein Argument ergibt sich ferner aus der Erwägung, dass der Steuerpflichtige, der in den ersten Jahren die Vorteile der degressiven AfA genossen hat, in späteren Jahren auch die Nachteile der Vorschrift in Kauf nehmen muss. Dies schließt zwar einen Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG generell aus, nicht jedoch einen Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Wie der Streitfall zeigt, kann sich bei (behaupteter) kürzerer Nutzungsdauer des Gebäudes die Inanspruchnahme der degressiven AfA in den ersten Jahren im Nachhinein als nachteilig darstellen.
Ein solcher Wechsel würde jedoch die mit der Vorschrift bezweckte Rechtsvereinfachung konterkarieren. § 7 Abs. 5 EStG typisiert die Nutzungsdauer eines Gebäudes und dient damit der Rechtsvereinfachung. Bei Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG erübrigt sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheidet sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung tritt nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend ist. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb unabänderlich.
Nachträgliche Herstellungskosten sind bei der degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Erstellungskosten des Gebäudes nach dem für dieses geltenden Prozentsatzes abzusetzen. Daran hält der Senat fest. Wie mit dem nicht abgeschriebenen Restwert zu verfahren ist, der nach Ablauf der in § 7 Abs. 5 EStG auf 50 Jahre angelegten Staffel bei nachträglichen Herstellungskosten verbleibt, bedarf im Streitjahr keiner Entscheidung.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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