14.08.2018 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Soweit es im Zeitpunkt der Abfindungszahlung voraussichtlich zu einer Zusammenballung von Einkünften kommt, kann eine ermäßigte Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung erfolgen. Eine Zusammenballung von Einkünften liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer einschließlich der Abfindungszahlung im jeweiligen Kalenderjahr insgesamt höhere Einkünfte erzielt, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte.
Rechtsgrundlage für die Anwendung der Fünftelregelung ist § 34 Absatz 2 Nr. 2 in Zusammenhang mit § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.
Weitere Voraussetzung für die Anwendung der ermäßigten Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung ist, dass die entscheidenden Akzente für die Auflösung des Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber gesetzt werden. Die ermäßigte Besteuerung darf nicht angewandt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer gekündigt wird oder durch Zeitablauf endet, z.B. bei einem befristeten Arbeitsvertrag. Darüber hinaus darf die Fünftelregelung nicht angewendet werden, wenn tatsächliche Rechtsansprüche des Arbeitnehmers in eine Abfindungszahlung unqualifiziert werden, z.B. wenn der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf eine (voll zu besteuernde) Tantieme oder Bonuszahlung handelt, dieser Anspruch wegfällt und stattdessen vom Arbeitgeber eine (ermäßigt zu besteuernde) Abfindungszahlung gewährt wird.
Mit Urteil vom 13.03.18, IX R 16/17, stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung auch bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. In diesem Zusammenhang sind tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich.
Im hier streitigen Sachverhalt hat ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Auflösungsvertrags mit seinem Arbeitgeber eine Abfindungszahlung in Höhe von 36.250 Euro erhalten. Mit dem Aufhebungsvertrag waren alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erloschen. Der Arbeitnehmer war dazu verpflichtet, keine weiteren rechtlichen Schritte etwaiger Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren gegen seinen Arbeitgeber in die Wege zu leiten.
Das Finanzamt lehnte die Anwendung der ermäßigten Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung ab, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Auflösungsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt ist. Der Arbeitgeber hat im Rahmen einer Vorruhestandsregelung mehreren Arbeitnehmern das Angebot gemacht hat, bei Zahlung einer Abfindung in den vorzeitigen Ruhestand gehen zu können. Weil der Arbeitnehmer dieses Angebot angenommen hat, lagen nach Auffassung des Finanzamts die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung nicht vor.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanz (vgl. Urteil Finanzgericht Münster vom 17.03.17, 1 K 3037/14 E). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt die Anwendung der Fünftelregelung voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, soweit der Ausfall der Einnahmen entweder vom Arbeitnehmer selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist und der Arbeitnehmer dabei unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass der Arbeitnehmer das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben darf.
Nach Überzeugung des Gerichts ist im Rahmen einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Wäre das der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Veranlassung, eine Abfindung zu leisten. Es kann ohne Weiteres angenommen werden, dass der Arbeitgeber ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte. Es bedarf entsprechend keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr, ob der Arbeitnehmer unter solchen Umständen bei Abschluss des Vertrags über die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses unter einem nicht unerheblichen tatsächlichem Druck stand.
Der Arbeitgeber hat durch den angekündigten Personalabbau alle in Betracht kommenden Beschäftigten unter tatsächlichen Druck gesetzt, da diese sich in der Folge mit einer möglichen vorzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und den damit verbundenen Konsequenzen auseinandersetzen mussten.
Weil der Arbeitgeber bereit war, dem Arbeitnehmer im Rahmen der vorzeitigen Auflösung seines Dienstverhältnisses eine Abfindung unter dessen Verzicht auf weitere Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren zu zahlen, ist dies ein Indiz dafür, dass der Arbeitgeber kein Interesse an einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Arbeitnehmer hatte.
Daher liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung vor.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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