01.04.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger ist verheiratet und wird im Streitjahr 2006 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielt als IT-Berater und Systemmanager Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die Ehefrau ist Hausfrau. Nach eigenen Angaben ist sie darüber hinaus im Betrieb des Klägers als Bürogehilfin auf sog. 400 Euro-Basis beschäftigt.
In der Einkommensteuererklärung 2006 erklärte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 142.137 €. In diesem Zusammenhang berücksichtigte er unter anderem Ehegatten-Arbeitslohn i.H.v. 4.800 EUR zzgl. gesetzlicher Sozialaufwand i.H.v. 760,60 EUR als Betriebsausgaben. Im Einkommensteuerbescheid vom 6.8.2007, der unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) erging, führte das FA die Einkommensteuerveranlagung erklärungsgemäß durch. In der Zeit vom 10. Januar 2011 bis zum 6. Juni 2011 fand beim Kläger eine Außenprüfung statt, die sich unter anderem auf die Einkommensteuer des Streitjahres erstreckte. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass hinsichtlich des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Der Kläger beschrieb das Tätigkeitsfeld seiner Ehefrau wie folgt: - Zahlungstermine überwachen, - Aufträge entgegennehmen und bearbeiten, - Angebote unterbreiten und einholen, - Eingangsrechnungen kontrollieren, - Ausgangsrechnungen erstellen, u.a. Die von der Betriebsprüfung angeforderten Arbeitsnachweise legte der Kläger nicht vor. Daraufhin vertrat die Außenprüfung die Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei steuerlich nicht anzuerkennen. Im Rahmen der Schlussbesprechung am 29.3.2011 kündigte der Kläger jedoch an, Tätigkeitsnachweise der Ehefrau, die am Computer geführt worden seien, vorzulegen.
Im Anhang einer Mail vom selben Tage übersandte der Kläger schließlich diese für den Prüfungszeitraum geführten Stundennachweise. Hierbei handelte es sich um EDV-technisch mittels open office erstellte Tabellendokumente, in denen tageweise die jeweils eine Stunde lang ausgeübten Tätigkeiten der Ehefrau beschrieben waren. Eine durch die Außenprüfung mittels PC erfolgte Überprüfung dieser vom Kläger übermittelten Stundennachweise ergab, dass alle erst am 29.3.2011 um 15:29 Uhr erstellt und abermals am 29.3.2011 gegen 19:20 Uhr geändert worden waren. In einer weiteren Besprechung am 8.6.2011 darauf angesprochen, gab der Kläger zuerst an, dass die von seiner Ehefrau am PC geführten Arbeitsnachweise in eine neue, von ihm selbst erstellte Datei kopiert und anschließend formatiert worden seien. Denn ansonsten wären die Arbeitsnachweise seiner Ehefrau nicht verständlich gewesen. Seine Ehefrau habe handschriftliche Arbeitsnachweise geführt, die anschließend ergänzend in die entsprechende Datei übertragen worden seien. Aktuelle Dateien und Nachweise konnte der Kläger auf Nachfrage nicht vorlegen, da ihm der Ablageort nicht bekannt sei. Auf weitere Nachfrage hin bestätigte er schließlich, dass die Originalaufzeichnungen seiner Ehefrau für den Prüfungszeitraum weder in handschriftlicher noch in digitaler Form vorhanden gewesen waren. Daraufhin kannte die Außenprüfung das Arbeitsverhältnis für den Prüfungszeitraum steuerlich nicht an und versagte den entsprechenden Betriebsausgabenabzug.
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 2006 entsprechend. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid wendete sich der Kläger mit seiner am 2.8.2011 vor dem Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Az. 9 K 201/11 nach § 45 FGO erhobenen Sprungklage. Mit Schriftsatz vom 10.8.2011 stimmte das beklagte FA der Sprungklage nicht zu; diese war danach als Einspruch zu behandeln. Am 15.3.2012 führte das FA im Rahmen des Einspruchsverfahrens eine Befragung der Ehefrau durch und kam zu dem Ergebnis, dass sie glaubhaft dargelegt habe, die vom Kläger im Vorfeld beschriebenen Tätigkeiten der Art nach auch tatsächlich verrichtet zu haben. Danach war nach Auffassung des FA davon auszugehen, dass sich der Kläger und seine Ehefrau als Vertragsparteien über die Arbeitsbedingungen, das heißt die Art der Arbeitsleistung und das für die Arbeitsleistung geschuldete Entgelt einig gewesen seien.
Als Indiz für einen vereinbarungsgemäßen Vollzug des Arbeitsverhältnisses und damit für dessen betriebliche Veranlassung komme überdies auch in Betracht, dass der Kläger für die Ehefrau Sozialversicherungsaufwand abgeführt habe. Das beklagte FA kam insoweit zu dem Ergebnis, dass das Ehegatten-Arbeitsverhältnis dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen sei. Der Höhe nach hielt der Beklagte das gewährte Arbeitsentgelt jedoch nicht für angemessen. Angemessen sei vielmehr der Arbeitslohn einer Bürogehilfin in der Region Hannover, den das FA mit einem Stundenlohn von 10 € bezifferte. Aufgrund des als angemessenen Stundenlohn erachteten Betrages von 10 € ergab sich ein monatlicher Nettolohn von 200 €, der als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers anerkannt wurde. Im Übrigen hatte der Einspruch keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klage ist unbegründet (FG Niedersachsen, Urteil vom 7. 1. 2014 - 9 K 135/12 (vorläufig nicht rechtskräftig). Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2006 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 3.4.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das FA den begehrten Abzug weiterer Betriebsausgaben i. H. von 2.780 € für an die Ehefrau gezahlten Arbeitslohn und Sozialaufwand bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit abgelehnt. In Bezug auf Arbeitsverhältnisse geht die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen als Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt. Sofern sich die Arbeitsleistung nicht aus der Art der Tätigkeit ergibt, muss sie durch Festlegung der Arbeitszeiten geregelt oder durch Stundenaufzeichnungen nachgewiesen werden. Die unterbliebene Führung von Arbeitszeitnachweisen betrifft - sofern nicht aus einem betriebsinternen Fremdvergleich Gegenteiliges folgt - in der Regel nicht die Frage der Fremdüblichkeit der Arbeitsbedingungen, sondern hat vorrangig Bedeutung für den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis, dass der Angehörige tatsächlich Arbeitsleistungen jedenfalls in dem vertraglich vereinbarten Umfang erbracht hat. Leistet ein Angehörigen-Arbeitnehmer unbezahlte Mehrarbeit, lässt dies die darin notwendigerweise liegende vollständige Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht unberührt. Die freiwillige Mehrarbeit kann aus dem Arbeitsverhältnis abgespalten und der familiären Nähebeziehung zugeordnet werden, ohne dass sich daraus in Bezug auf die ertragsteuerrechtliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses Konsequenzen ergeben, die für den Steuerpflichtigen nachteilig sind.
Die Vereinbarung eines unüblich niedrigen Arbeitslohns betrifft zwar, anders als der Fall der Erbringung von Mehrarbeit ohne Mehrvergütung, nicht die tatsächliche Durchführung, sondern den fremdüblichen Inhalt des Arbeitsvertrags. Wertungsmäßig sind beide Fallgruppen aber vergleichbar, da das Äquivalenzverhältnis zwischen dem Umfang der Arbeitsleistung und der dafür bezogenen Vergütung im Vergleich zu dem zwischen fremden Dritten Üblichen jeweils zugunsten des Steuerpflichtigen und damit zu Lasten des von ihm beschäftigten Angehörigen verschoben ist. Für die ertragsteuerrechtliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses, bei der es entscheidend um die Abgrenzung zwischen Betriebsausgaben und Unterhaltsleistungen geht, ist eine solche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten des beschäftigten Angehörigen aber deshalb nicht von wesentlicher Indizwirkung, weil jedenfalls die vergleichsweise niedrige, tatsächlich gezahlte und damit allein als Betriebsausgabe in Betracht kommende Vergütung in vollem Umfang eine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung des Angehörigen darstellt. Der Schluss, dass es sich bei den Zahlungen des Steuerpflichtigen um Unterhaltsleistungen an seinen Angehörigen handeln könnte, liegt angesichts der vom Angehörigen tatsächlich erbrachten werthaltigen Gegenleistung fern.
Auch die Vereinbarung eines unangemessen hohen Arbeitslohns berührt allein die steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses dem Grunde nach nicht. Ist der Angehörigenarbeitsverhältnis im Übrigen steuerlich anzuerkennen, wird eine überhöhte Gegenleistung auf ein angemessenes Maß beschränkt. Das Übermaß stellt keinen Arbeitslohn, also keine "Gegenleistung" für erbrachte Arbeitsleistungen, dar, sondern ist der privaten familienrechtlichen Sphäre zuzuordnen.