11.01.2021 — Rolf Becker. Quelle: WIENKE & BECKER - KÖLN.
Änderungen, wie das neue Mehrwertsteuersystem mit neuen Schwellenwerten, die Kundenauthentifizierung bei Kreditkarten, neue Energieeffizienzlabel, Verbote bei Einwegkunststoffprodukten sorgen dafür, dass 2021 auch rechtlich spannend bleibt.
Es geht nicht um die nervige Mehrwertsteueränderung zum Jahresbeginn. Bereits 2017 wurde vielmehr die EU-Mehrwertsteuerreform beschlossen. Sie soll unter anderem dazu dienen, den grenzüberschreitenden Handel in der EU zu vereinfachen.
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Die Neuregelungen werden seit einiger Zeit schrittweise umgesetzt. Weitere Änderungen sollten zunächst am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Aufgrund der Coronakrise werden die Änderungen jedoch auf den 1. Juli 2021 verschoben.
Liefern Unternehmer innerhalb der EU im Wege des Fernabsatzes Waren an Verbraucher, können sie diese in einigen Fällen im Staat ihres Sitzes versteuern. Bislang müssen Händler die Mehrwertsteuer in dem Land abführen, in das sie geliefert haben. Dazu müssen sie sich in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat registrieren lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie den jeweiligen länderspezifischen Mehrwertsteuerschwellenwert (zwischen 35.000 – 100.000 €) überschreiten.
Die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Schwellenwerte werden künftig abgeschafft. Stattdessen wird es einen einheitlichen Schwellenwert in Höhe von 10.000 Euro pro Kalenderjahr geben. Wird dieser Schwellenwert überschritten, muss der Händler sich weiterhin in jedem Mitgliedsstaat, in den er liefern möchte, registrieren lassen und dort die Mehrwertsteuer abführen.
Durch den vereinheitlichten gesenkten Schwellenwert entsteht ein erhöhter Registrierungsaufwand. Zur Vereinfachung wird jedoch als „einzige Anlaufstelle“ ein elektronisches Portal geschaffen, über das die Unternehmer ihren Mehrwertsteuerpflichten nachkommen können („One Stop Shop“). Händler müssen sich damit nicht mehr kostenpflichtig in den jeweiligen belieferten Mitgliedstaaten separat registrieren lassen, sondern können sich beim deutschen Bundeszentralamt für Steuern anmelden und die anfallende Umsatzsteuer zentral abführen. Die Nutzung des Portals ist freiwillig. Ohne die Nutzung des Portals ist jedoch weiterhin eine Registrierung in jedem einzelnen belieferten Mitgliedsstaat erforderlich.
Diese Neuerungen gelten zunächst nur für den B2C-Handel, also den Handel mit Verbrauchern.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der EU-Mehrwertsteuerreform ist die Haftung für die Betreiber von Marktplätzen und Plattformen. Diese sind künftig bei Verkäufen aus Drittländern in die EU dafür verantwortlich, dass die Mehrwertsteuer korrekt abgeführt wird. Bereits seit dem 1. Januar 2019 wurde eine Regelung eingeführt, nach welcher der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Unternehmers über den von ihm bereitgestellten Marktplatz haftet. Mit dieser sollten Umsatzsteuerhinterziehungen verhindert werden sollen.
Hierzu sieht die neue Rechtslage noch eine Verschärfung vor. Betreiber von Marktplätzen können unter bestimmten Voraussetzungen als Steuerschuldner für Lieferungen der Online-Händler angesehen werden, indem sie so behandelt werden, als hätten sie selbst Gegenstände erhalten und geliefert. Erfasst werden dabei Lieferungen von Waren eines nicht in der EU ansässigen Online-Händlers, wenn die Versendung innerhalb der EU beginnt und endet (z.B. ein in einem Drittland ansässiges Unternehmen, welches Waren aus Lagern, die sich innerhalb der EU befinden, an Verbraucher in der EU versendet).
Mit dem 31. Dezember 2020 laufen die Erleichterungen bei der starken Kundenauthentifizierung für Zahlungen mit der Kreditkarte ab. Bislang konnten Online-Zahlungen mit der Kreditkarte noch mit nur einem Faktor abgesichert werden. Seit dem 1. Januar 2021 ist die Kreditkartenzahlung im Onlinehandel nur noch mit einem zusätzlichen Sicherheitsverfahren erlaubt (sog. Zwei-Faktor-Authentifizierung). Das kann z.B. eine an das Handy gesendete TAN sein.
Die Zwei-Faktor-Authentifizierung ist zwar bereits der Umsetzung der europäischen zweiten Zahlungsdiensterichtlinie ab dem 14. September 2019 vorgeschrieben. Allerdings wurde für Kreditkartenzahlungen eine Übergangsfrist eingeräumt, die nun abläuft.
Ab März 2021 müssen einige Elektrogeräte (Geschirrspüler, Waschmaschinen, kombinierte Waschtrockner, Kühl- und Gefriergeräte sowie Fernseher und Monitore) mit neuen Energieeffizienzlabel versehen werden.
Energieeffizienzlabel sollen den Kunden helfen zu erkennen, wie viel Energie ein Elektrogerät verbraucht. Doch sie sorgen vielmehr für Verwirrung. So klingt es zunächst, als wäre ein mit der Klasse „A+“ gekennzeichnetes Gerät besonders sparsam. Tatsächlich gibt es aber eine Reihe weiterer Geräte, die deutlich energieeffizienter sind („A+++“ oder „A++“). Die mit einem „Plus“ versehenen Klassen werden daher künftig abgeschafft. Stattdessen werden die Klassen künftig A bis G lauten.
Zudem werden die Anforderungen an die Energieeffizienz steigen und die Abstufungen der Klassen sollen verfeinert werden. Damit wird die Aussagekraft der Labels erhöht. Auch die Messmethoden und die Berechnungsgrundlagen werden geändert. Damit sind die alten und die neuen Labels kaum noch miteinander vergleichbar. So kann man nicht davon ausgehen, dass aus der Klasse „A+++“ einfach Klasse „A“ wird. Zudem enthält das Etikett jedes Geräts künftig einen QR-Code, über den zusätzliche Produktinformationen abgerufen werden können.
Für weitere Elektrogeräte (z.B. Staubsauger, Klimaanlagen) sollen die neuen Labels voraussichtlich erst 2024 eingeführt werden.
Auch bei Lampen und Leuchten stehen Neuerungen in Zusammenhang mit den Energieeffizienzklassen an. Hier sollen ebenfalls die „Plus“-Klassen entfallen. Zudem dürfen einige ineffiziente Lampen künftig nicht mehr in den Verkehr gebracht werden.
Zudem müssen auch Leuchten ggf. künftig (wieder) mit Energieeffizienzlabels versehen werden. Leuchten sind derzeit aufgrund einer fehlenden Übergangsregelung seit dem 25. Dezember 2019 nicht mehr mit der Energieeffizienzklasse zu kennzeichnen. Die neue Verordnung VO (EU) 2019/2015 erfasst in ihrem Anwendungsbereich separate Betriebsgeräte und Lichtquellen, unter gewissen Umständen können aber auch Leuchten gemeint sein. Es können also künftig Produkte, die derzeit als Leuchten gelten und damit nicht kennzeichnungspflichtig sind, wieder als „Lichtquelle“ angesehen werden und damit wieder kennzeichnungspflichtig werden.
Die neuen Labels gelten ab dem 1. September 2021. Es soll eine Übergangsfrist von 1,5 Jahren eingeräumt werden, in der das alte und das neue Label parallel gezeigt werden dürfen.
Der Verkauf von Einwegkunststoff-Produkten wird ab dem 1. Juli 2021 verboten. Das betrifft z.B. Besteck, Teller, Trinkhalme und Wattestäbchen. Auch Becher und Behälter aus Styropor sind erfasst. Der Abverkauf von Lagerbeständen bleibt jedoch zur Vermeidung einer gebrauchslosen Vernichtung der Produkte erlaubt.
Zudem soll es künftig bei einigen Produkten mit einem hohen Kunststoff-Anteil (z.B. feuchte Reinigungstücher) verpflichtende Hinweise geben, die über deren negative Umweltauswirkungen informieren.
Kinowerbung für Tabakerzeugnisse ist ab dem 1. Januar 2021 nur noch vor Filmen verboten, die nicht für Kinder oder Jugendliche freigegeben sind. Bislang galt eine Beschränkung auf Filme, die nach 18 Uhr gezeigt werden.
Zudem ist es künftig verboten, Gratisproben von Zigaretten, von Tabak und Wasserpfeifentabak gratis auf Veranstaltungen zu verteilen oder im Rahmen von Gewinnspielen als Gewinn auszuloben.
Daneben wird es eine strengere Regulierung der Inhaltsstoffe geben. Die bislang nur für nikotinhaltige Liquids gelten Regelungen gelten künftig auch für nikotinfreie Liquids und Aromen. Auch diese müssen nun vom Hersteller angemeldet und mit einem Beipackzettel versehen werden. Eine Begrenzung für die Füllmenge wird es aber bei nikotinfreien Produkten nicht geben.
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