19.03.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesarbeitsgericht.
Die zu Arbeitgeberin unterhält einen Betrieb mit mehr als 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Diese wählten am 28. April 2010 den fünfköpfigen Betriebsrat. Der Beteiligte zu 1. war in der Zeit von 1. Oktober 2009 bis zum 31. Dezember 2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt; zum 1. Januar 2010 wurde er von der Arbeitgeberin in ein Arbeitsverhältnis übernommen.
Am 16. März 2010 machte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben per Aushang im Betrieb bekannt. Der Beteiligte zu 1. reichte als Listenvertreter am 29. März 2010 eine aus sechs Wahlbewerbern bestehende Vorschlagsliste beim Wahlvorstand ein. Die Vorschlagsliste führte Wahlbewerber mit fortlaufenden Nummern unter Benennung des Vor- und Familiennamens, Geburtsdatums, Art der Beschäftigung und Abteilung auf; sie war durch sieben Wahlberechtigte des Betriebs unterzeichnet, ihr beigefügt waren Zustimmungserklärungen der Bewerber.
Der Wahlvorstand wies die Vorschlagsliste am 30. März 2010 mit der Begründung zurück, der Beteiligte zu 1. sei nicht zum Betriebsrat wählbar, weil er noch nicht sechs Monate als Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sei. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Beteiligten zu 1. hatte keinen Erfolg. Die Betriebsratswahl wurde ohne die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt; das Wahlergebnis wurde am 28. April 2010 bekanntgegeben.
(…)
Die Betriebsratswahl vom 28. April 2010 fand unter Verstoß gegen § 8 BetrVG und §§ 6, 3 Abs. 2 Nr. 8 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 statt. Der Wahlvorstand hätte die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. zur Wahl zulassen müssen. Der Beteiligte zu 1. war im Zeitpunkt der Betriebsratswahl wählbar. Seine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 ist als Betriebszugehörigkeit iSd. § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anzuerkennen. § 8 Abs. 1 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über die Wählbarkeit iSd. § 19 Abs. 1 BetrVG.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb sechs Monate angehören, zum Betriebsrat wählbar. Auf die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit werden nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angehört hat. Zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer sind dagegen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG im Entleiherbetrieb nicht wählbar; dies gilt auch in Fällen nicht gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung. Der Senat hat bisher noch nicht darüber entschieden, ob Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im entleihenden Betrieb auf die in § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorausgesetzte sechsmonatige Dauer der Betriebszugehörigkeit anzurechnen sind, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die Überlassung ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet. Diese Frage ist mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum zu bejahen.
(…)
Nach diesen Grundsätzen war der seit dem 1. Oktober 2009 im Betrieb beschäftigte Beteiligte zu 1. zum Betriebsrat wählbar. Unerheblich ist, dass er im Zeitpunkt der Aufstellung bzw. der Einreichung der Vorschlagsliste auch unter Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit als Leiharbeitnehmer dem Betrieb noch keine sechs Monate angehörte. Entscheidend ist, dass er diese Voraussetzung im Zeitpunkt der Wahl am 28. April 2010 erfüllt hat.(…)
BAG, Beschluss vom 10.10.2012, AZ 7 ABR 53/11 (in Auszügen).
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