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Versandhandel: Zwei Widerrufsbelehrungen für Speditionsware und für Standardversand

28.06.2021  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wer im Distanzhandel die Widerrufsbelehrungsmuster nach den Vorgaben nutzt, für den gilt, dass er alles richtig macht.

Das OLG Köln entschied jetzt, dass die Nutzung von mehreren Widerrufsbelehrungen für unterschiedliche Warengruppen gesetzeskonform ist. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER erläutert das für die Praxis wichtige Urteil.

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2 Widerrufsbelehrungen sind ok

Geklagt hat ein Verein, der satzungsgemäß unlauteren Wettbewerb bekämpft. Der nahm einen Händler von Spielgeräten aus Holz für den Außenbereich auf Unterlassung in Anspruch, der zudem auch Matratzen für Kinder anbot. Der Besteller erhielt bei der Online-Bestellung einen Link zur Aufklärung über die „Widerrufsbelehrung“ angeboten. Dort fanden sich gleich zwei Widerrufsbelehrungen. Eine Belehrung war bestimmt als „Widerrufsrecht für den Kauf nicht paketfähiger Waren (Speditionswaren)“ und die zweite zum „Widerrufsrecht für den Kauf paketfähiger Waren (Standardware)“. Die Belehrungen unterschieden sich unter Nutzung der Muster-Module bei den Angaben zu den „Folgen des Widerrufs“ hinsichtlich der Kosten der Rücksendung. Bei den Speditionswaren hieß es:

„Wir holen die Ware ab. Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit Ihnen zurückzuführen ist.“

Bei den Standardwaren lautete der Text

„Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.“

Zudem wurde jeweils ein Widerrufsmusterformular aufgeführt.

Der Verband rügte, der Verbraucher werde nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, welche Ware im Einzelnen Speditionsware sei und welche der Waren dem Standardversand unterliege. Damit wisse der Verbraucher nicht, welche Widerrufsbelehrung für welche Ware gelte.

Gesetz sieht mehrere Muster vor

Dies berührt mehrere Fragestellungen, die bislang im Fernabsatzrecht als ungeklärt zu gelten haben. Wenig entgegenzusetzen ist der vom Händler genutzten Möglichkeit, die Widerrufsbelehrung mehrfach für unterschiedlichste Warengruppen zu verwenden. Schon das Gesetz selbst sieht unterschiedliche Widerrufsbelehrungen etwa für Waren und Dienstleistungen vor oder für den Verkauf digitaler Inhalte. Der Gesetzgeber geht also bei einem Händler, der unterschiedliche Artikel anbietet davon aus, dass er mehrere Widerrufsbelehrungen verwenden muss. Dementsprechend können auch gerade mit Blick auf die Rücksendekosten, für die der Gesetzgeber dem Händler unterschiedliche Optionen gewährt, auch unterschiedliche Belehrungen verwendet werden, wenn sich diese Kosten erheblich bei unterschiedlichen Warengruppen unterscheiden. Das ist bei Speditionsware und postpaketversandfähiger Ware der Fall.

Bereits das Landgericht Aachen hatte der Klage nicht stattgegeben. Die Richter des für Wettbewerbsrecht zuständigen 6. Zivilsenats des OLG Köln (Urt. v. 24.04.2021, Az. 6 U 149/20) sahen die Rechtslage ähnlich:

„Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB muss die Beklagte den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 informieren. Diesen Verpflichtungen ist die Beklagte nachgekkommen. Das Widerrufsformular entspricht dem Muster-Widerrufsformular der Anlage 2 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Nr. 1 EGBGB. Eine Belehrung über die Ausübung des Widerrufsrecht ist ausreichend, wenn sie folgende Angaben enthält: Recht zum beliebigen Widerruf, Widerruf gegenüber dem Unternehmer ohne Angabe von Gründen, Name und Anschrift des Widerrufsempfängers, Widerrufsfrist, Beginn der Frist, Wahrung der Frist bereits durch Absendung der Widerrufserklärung, wesentliche Rechtsfolgen des Widerrufs (s…). Über diese notwendigen Einzelheiten informiert die Beklagte in den Ausführungen zum Widerrufsrecht als solchem …“

Soweit, so gut. Problematisch ist die Frage, ob dem Verbraucher deutlich werden muss, welche Ware zu welcher Belehrung gehört. Der Senat weiter im Urteil:

„Dass die Beklagte vor Abschluss des Kaufvertrages mitteilen muss, ob die Ware im Falle des Widerrufs auf normalem Postweg zurückgesendet werden kann, ergibt sich aus den vertragsrechtlichen Informationspflichten zum Widerrufsrecht nicht. Der Gesetzgeber geht insoweit von einem rein tatsächlichen Abgrenzungskriterium für die Begründung einer Holschuld aus, nämlich ob die Waren so beschaffen sind, dass die nicht per Post -d.h. auch nicht mehr als Paket (s. Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 357 Rn. 7) -versendet werden können. Exakt dieses Kriterium greift die Beklagte mit ihrer Formulierung „paketfähiger Waren“ / „nicht paket-fähiger Waren“ auf.“

Dies ließ das OLG Köln ausreichen und verzichtete sogar auf die Zulassung der Revision. Es handele sich nicht um eine wesentliche Information, die hier dem Verbraucher vorbehalten werde. Der Verbraucher benötige die Information nicht, wie ihm die Ware zugesandt werde. Er könne sie zumindest auch abschätzen.

Ansicht angreifbar

Diese Sicht kann man durchaus angreifen und wir halten es durchaus für möglich, dass ein Europäischer Gerichtshof diese Frage anders beurteilen könnte. Nach dessen Rechtsprechung soll die Verbraucherrechterichtlinie ein hohes Schutzniveau sicherstellen.

Eine ähnliche Frage lag dem EuGH bereits einmal in anderer Sache vor. Dort ging es darum, ob man dem Verbraucher etwa bei dem Kauf einer Matratze deutlich machen muss, welche Waren konkret von der Ausnahme vom Widerrufsrecht für Hygieneartikel umfasst sind. Der Generalanwalt hatte in seinem vorbereitendem Votum klargemacht, dass allein mit der Nutzung des Wortlautes des Widerrufsbelehrungsmusters die Information nicht vollständig sei.

In der (hilfsweisen) Antwort des Generalanwalt heißt es dazu:

„dass der Unternehmer – wenn eine Ware entsprechend den in Art. 16 Buchst. e dieser Richtlinie vorgesehenen Umständen versiegelt ist – den Verbraucher vor Abschluss des Fernabsatzvertrags unter konkreter Bezugnahme auf die betreffende Ware und unter deutlichem Hinweis darauf, dass diese versiegelt ist, ausdrücklich darüber zu informieren hat, dass er sein Widerrufsrecht bei Entfernung des Siegels verliert.

Allerdings waren Generalanwalt und EuGH der richtigen Ansicht, dass Matratzen keine Hygieneartikel im Sinne des Gesetzes sind. Daher entschied der EuGH die Frage letztlich nicht.

Fazit

Vorsichtige Naturen sollten auch in Zukunft auf unterschiedliche Widerrufsbelehrungen setzen und etwa mit einem Symbol bei einem Angebot deutlich machen, welche Waren etwa per Spedition versendet werden. Wer darauf vertraut, dass die Rechtsprechung des OLG Köln sich halten wird, der kann darauf verzichten.

Bild: Sikov (Adobe Stock, Adobe Stock Standardlizenz)

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