14.08.2018 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Die Klägerin, eine GmbH, hatte seit 1994 eine Verbindlichkeit gegenüber ihrer damaligen Mehrheitsgesellschafterin, V, die ausweislich des Jahresabschlussberichts zu verzinsen war (streitgegenständliche Verbindlichkeit). Der Zinsaufwand wurde der Darlehensvaluta zum 31. Dezember 1994 hinzugeschrieben. Auch im Jahr 1995 erfasste die Klägerin zunächst einen Zinsaufwand in ihrer Buchhaltung; stornierte diesen jedoch wieder. Auch V erfasste im Ergebnis keinen entsprechenden Zinsertrag in 1995. In den folgenden Jahren wurde von der Klägerin weder ein Zinsaufwand verbucht noch storniert.
Am 7. Januar 2003 erklärte V gegenüber der Klägerin den Rangrücktritt hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung. Zum 1. Januar 2008 wurde im Konzern, d.h. auch zwischen der Klägerin und V, vereinbart und durch Mitteilung bekannt gemacht, dass alle zwischen den verbundenen und nahestehenden Unternehmen dieser Unternehmensgruppe bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr einschließlich der bestehenden Darlehensverträge verzinst werden sollten. Bei der Klägerin erfolgte aber auch ab 2008 keine Verbuchung von Zinsen. Die Klägerin behandelte die streitgegenständliche Verbindlichkeit als verzinslich und nahm keine Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung vor.
Nachdem das FA zunächst den Erklärungen der Klägerin gefolgt war, kam er im Zuge der Veranlagung für 2012 jedoch zu dem Ergebnis, dass es sich bei der streitgegenständlichen Verbindlichkeit um eine unverzinsliche Verbindlichkeit handele und eine Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorzunehmen sei. Entsprechend sei der Bilanzgewinn 2009 zu erhöhen. Am 17. März 2014 erließ das FA entsprechende Änderungsbescheide. Aufgrund der u.a. hiergegen gerichteten Einsprüche setzte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2014 die Körperschaftsteuer auf 0 EUR fest und stellte den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2009 in Höhe von ... EUR fest. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück.
Im Rahmen des Klageverfahrens wurde der Klägerin vom FG am 3. Januar 2017 schriftlich der "wesentliche Akteninhalt" übermittelt, den das FG später seinem Urteil zu Grunde legte. Dazu hat sie in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Sitzungsprotokolls erklärt, dass die übersandte Zusammenfassung den wesentlichen Akteninhalt ordnungsgemäß wiedergeben würde. Mit Urteil vom 18. Januar 2017 wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die Beschwerde ist unbegründet (BFH Beschluss vom 26.4.2018, XI B 117/17).
Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist.
Die ordnungsgemäße Konkretisierung der Frage erfordert regelmäßig, dass die Rechtsfrage mit "Ja" oder mit "Nein" beantwortet werden kann; das schließt nicht aus, dass eine Frage gestellt wird, die je nach den formulierten Voraussetzungen mehrere Antworten zulässt.
Unzulässig ist jedoch eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort "Kann sein" hinausläuft. Ferner darf sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen, sondern muss eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen und einer Verallgemeinerung zugänglich sein.
Insofern fehlt es an der hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage nach Maßgabe einer entsprechenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist.
Im vorliegenden Fall konnte die Frage, ob eine Vereinbarung über die Unverzinslichkeit der Verbindlichkeit konkludent geschlossen worden war, nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls geklärt werden. Insofern hat die Klägerin, die auf die besonderen Umstände des Streitfalls Bezug nimmt, die Klärungsbedürftigkeit der von ihr formulierten Rechtsfrage nicht hinreichend dargelegt.
Im Übrigen hat das FG keine allgemeine Rechtsregel aufgestellt oder angewendet, sondern lediglich aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Formulierung des FG, die korrespondierende buchhalterische Behandlung spreche "eindeutig" für die angenommene Vereinbarung.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zur Sicherung der Rechtseinheit auch dann zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wiederhergestellt werden könnte. Diese Voraussetzung ist erfüllt bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG i.S. einer objektiv willkürlichen und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung.
In der Beschwerdebegründung muss bei Geltendmachung dieses Zulassungsgrundes substantiiert dargelegt werden, weshalb die Vorentscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist: Darzulegen sind insbesondere der schwerwiegende Fehler, seine Offensichtlichkeit, seine Entscheidungserheblichkeit sowie seine Korrekturmöglichkeit im Revisionsverfahren. Hieran fehlt es im Streitfall.
Die Klägerin bringt vor, das FG habe fehlerhaft keine weiteren Umstände als die Behandlung der Verbindlichkeit in der Buchhaltung berücksichtigt und somit die Buchhaltung nicht nur als ein Indiz unter vielen, sondern als allein ausschlaggebend für die Beurteilung der Verzinslichkeit der Verbindlichkeit behandelt. Mit diesem Angriff gegen die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das FG wird kein zur Zulassung der Revision führender besonders schwerer und offensichtlicher Fehler der Vorentscheidung geltend gemacht.
Vielmehr rügt die Klägerin einen bloßen Fehler der (vom FG jeweils nachvollziehbar und zumindest vertretbar begründeten) Rechtsanwendung, nicht aber offensichtliche Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, die (auch in der Gesamtschau) die angegriffene Entscheidung als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig erscheinen ließen und geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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