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Treu und Glauben bei rechtsfehlerhafter Übertragung einer Par. 6c-Rücklage

12.09.2017  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Verzicht auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens - Erforderlichkeit einer wirtschaftlichen Belastung - Bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil als Merkmal einer verdeckten Einlage

Der im Februar 1990 verstorbene Ehemann (E) der Klägerin zu 1. und Vater der Klägerinnen zu 2. und 3. bewirtschaftete bis zum Jahr 1978 einen Hof in S, der in seinem Alleineigentum stand. Nach erheblichen Flächenverkäufen in den Jahren 1971 bis 1978 belief sich die im Eigentum des E stehende landwirtschaftliche Nutzfläche auf nur noch 4,204 ha. Davon waren 3,8358 ha verpachtet. Das Betriebsgebäude nebst dazugehörender Fläche nutzten E und die Klägerin zu 1. weiter. E erwarb zusammen mit der Klägerin zu 1. im September 1979 einen landwirtschaftlichen Betrieb in H, dessen Anschaffungskosten sich auf 840.881,41 DM beliefen. Dieser Betrieb wurde sogleich an den vormaligen Eigentümer verpachtet.

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Die Klägerin zu 1. und E gaben zunächst keine Einkommensteuererklärungen und auch keine Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung ab. Bei einer Außenprüfung im Jahre 1981 wurde erstmals für die Wirtschaftsjahre ab 1974/1975 der Gewinn nach § 13a EStG ermittelt und festgestellt, dass E aus Grundstücksverkäufen im Jahr 1977 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.738.672,32 DM erzielt hatte. Hierfür bildete der Betriebsprüfer auf Antrag des E eine Rücklage nach § 6c EStG in gleicher Höhe. Im Wirtschaftsjahr 1979/1980 übertrug er hiervon einvernehmlich mit der Klägerin zu 1. und E einen Teilbetrag in Höhe von 840.881,41 DM auf die Anschaffungskosten des mit Kaufvertrag vom September 1979 von E und der Klägerin zu 1. je zur ideellen Hälfte erworbenen landwirtschaftlichen Betriebs in H.

E, der seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ab dem Wirtschaftsjahr 1980/1981 durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelte, erwarb im März 1981 weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen (Stückländereien) in T, die er seinem Einzelbetrieb in S widmete und sofort verpachtete. Von der verbleibenden Rücklage übertrug E 825.634,81 DM auf deren Anschaffungskosten. Die restliche Rücklage löste er in der Bilanz zum 30.6.1981 auf.

E erklärte die Einkünfte aus dem verpachteten Hof in H und den verpachteten Stückländereien seines Einzelbetriebs in der Folgezeit als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Klägerin zu 1. erklärte keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Eine Feststellungserklärung bezüglich des Hofes in H wurde ebenfalls nicht abgegeben.

Mit Verträgen vom 15.1.1991 und vom 11.7.1991 veräußerten die Klägerinnen, die E beerbt hatten, verschiedene zu dem Hof in H gehörende landwirtschaftliche Flächen. Den hieraus in Höhe von 162.812 DM erzielten Gewinn erklärten sie zunächst als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das Finanzamt Oldenburg erließ daraufhin einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1990), in dem es die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke zur Hälfte als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfasste.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1990 stellte das Belegenheitsfinanzamt (FA) die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft letztlich mit 87.582 DM fest. Darin enthalten ist ein laufender Gewinn, der nicht auf die Grundstücksveräußerungen entfällt, in Höhe von 6.332 DM.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab, da es sich bei den zum Hof in H gehörenden Grundstücken nach Treu und Glauben um Betriebsvermögen und nicht um Privatvermögen gehandelt habe.

Die Revision ist überwiegend begründet (BFH Urteil vom 29.3.2017, VI R 82/14). Das Urteil des FG ist daher aufzuheben und der Feststellungsbescheid zu ändern. FA und FG sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke einkommensteuerbar ist. Die laufenden Einkünfte sind aber zu Recht mit 6.332 DM erfasst worden. Sie sind den Klägerinnen entsprechend ihrer Beteiligungsquoten zuzurechnen.

Das landwirtschaftliche Anwesen in H war kein ruhender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb des E und der Klägerin zu 1. Der Steuerpflichtige hat auch im Fall der Verpachtung seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG i.V.m. § 14 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen will. Dieses Recht des Steuerpflichtigen findet seine Rechtfertigung darin, dass die Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit im Fall der Verpachtung nicht endgültig sein muss, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme durch die Beendigung des Pachtverhältnisses besteht.

Dieses Wahlrecht steht jedoch nur dem bisherigen Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu, nicht hingegen dem Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der den Betrieb zu keinem Zeitpunkt selbst bewirtschaftet, sondern in unmittelbarem Anschluss an den entgeltlichen Erwerb verpachtet. Ein solcher Erwerber hat keine Land- und Forstwirtschaft betrieben, die er bei Verpachtung entweder aufgeben oder deren Betriebsvermögen er als aussetzender Betrieb ohne Auflösung der stillen Reserven fortführen könnte. Er besitzt grundsätzlich überhaupt kein Betriebsvermögen mit im Lauf der Jahre angewachsenen stillen Reserven, deren Auflösung er vermeiden könnte. Vielmehr erwirbt er käuflich nur Vermögen, das er weiter verpachtet, ohne mit diesem Vermögen durch eigene betriebliche Tätigkeit als Land- und Forstwirt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben bzw. erzielen zu wollen. Der Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der nur das Eigentum erwirbt, aber zu keinem Zeitpunkt als Land- und Forstwirt tätig wird, bezieht daher im Fall der sofortigen Verpachtung des erworbenen Betriebes nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Hiernach wurden E und die Klägerin zu 1., die vor dem Erwerb keinen gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hatten, allein durch den Erwerb des landwirtschaftlichen Anwesens in H nicht land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Sie haben den Hof in H unmittelbar nach dessen Erwerb gemeinschaftlich an den bisherigen Eigentümer verpachtet und hatten zu keinem Zeitpunkt vor, ihn selbst zu bewirtschaften. Sie überließen daher nur Privatvermögen zur Nutzung und erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens ist jedoch nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerbar. Diese Frist von (im Streitjahr) zwei Jahren war zum Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke abgelaufen und der Verkauf somit nicht einkommensteuerbar.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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