16.05.2017 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Die Umsatzsteuer in Verträgen und Preisfestlegungen richtig berücksichtigen
Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein PC-gestütztes Kassensystem ausnahmsweise als nicht manipulierbar angesehen werden kann. Im Streitfall hat er ein auf der Software Microsoft Access basierendes System als manipulationsanfällig angesehen. Konkret ging es um einen Unternehmer, der zwei Friseursalons betrieb. Seine Bareinnahmen erfasste er über eine PC-gestützte Kassensoftware, die auch über andere Funktionen wie Kundenkartei oder Terminverwaltung verfügte. Auf Grundlage dieses Programms wurden arbeitstäglich für jeden der beiden Salons Kassenberichte erstellt, in denen die Bareinnahmen getrennt nach Verkauf, Herrensalon und Damensalon sowie die Ausgaben erfasst wurden. Eine fortlaufende Nummerierung enthielten die Kassenberichte nicht. Trinkgelder wurden nicht in der Kasse erfasst, sondern sowohl für den Unternehmer als auch für jeden seiner Arbeitnehmer in jeweils eigene Sparschweine eingeworfen, für die keine Aufzeichnungen geführt wurden.
Im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Kassenführung nicht ordnungsgemäß sei. Dies folge u. a. daraus, dass nicht ermittelbar war, wann die Kassenberichte aus dem System erzeugt wurden, Gutscheine nicht vollständig aufbewahrt wurden, Rechnungsnummern fehlten, Löschungen ohne erkennbaren Grund vorgenommen wurden, Eintragungen in der Kundenkartei einerseits und der Kasse andererseits nicht übereinstimmten und Protokolle über die Einrichtung und die Programmierung des Kassensystems nicht vorlagen.
Das Finanzgericht holte ein Sachverständigengutachten zur Frage der Manipulierbarkeit der Kasse ein, welches zu dem Ergebnis kam, dass das vom Kläger verwendete System (basierend auf Microsoft Access) aufgrund der Verknüpfung verschiedener Datenbankdateien zwar nur schwierig zu manipulieren, jedoch durch geschultes Personen mit EDV-Kenntnissen bzw. unter Einsatz entsprechender Programme dies auch im Nachhinein und ohne Rückverfolgung möglich sei.
Demnach besteht dem Grunde nach für alle Streitjahre eine Schätzungsbefugnis nach § 96 FGO i. V. m. § 162 Abs. 1 AO. Danach sind Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie nicht ermittelt oder berechnet werden können. Die tatsächlichen Einnahmen, die der Friseur im Rahmen seiner beiden Friseursalons erzielt hatte, konnten nicht ermittelt werden, da seine Kassenführung nicht ordnungsgemäß war.
Bei der Nutzung programmierbarer elektronischer Kassensysteme stellt das Fehlen der Programmierprotokolle einen gewichtigen formellen Kassenführungsmangel dar, der jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben zu Hinzuschätzungen berechtigt. Zu diesen Unterlagen gehören neben den Anweisungen zur Kassenprogrammierung insbesondere diejenigen Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren. Das Fehlen dieser Organisationsunterlagen bei einem elektronischen Kassensystem steht dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei Registrierkassen bzw. dem Fehlen von Auszählungsprotokollen bei einer offenen Ladenkasse gleich.
Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sind die Finanzrichter davon überzeugt, dass im System Manipulationen vorgenommen werden konnten. Dabei kommt es nicht darauf an, durch wen oder mit welchem Aufwand dies möglich ist. Die vom Unternehmer verwendete Software bietet unabhängig davon, ob sie bereits für einen „normalen“ Anwender manipulierbar ist oder dieser erst einen IT-Spezialisten beauftragen muss, keine Gewährleistung für die vollständige Erfassung aller Einnahmen. Da es nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung erforderlich ist, dass die Kasse keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, ist es unerheblich, ob der Kläger tatsächlich Manipulationen vorgenommen hat.
Quelle:
FG Münster, Urteil vom 29.03.2017, Az. 7 K 3675/13 E,G,U; veröffentlicht am 20.4.2017
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