22.11.2016 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Kernpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Transparenz bei Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind. Im Interesse der Rechtsklarheit und der Praktikabilität soll dabei unerheblich sein, ob eine solche „Drittstaat-Gesellschaft“ eigene wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet oder nicht.
Durch erhöhte Transparenz, erweiterte Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen und Dritter sowie neue Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden sollen Domizilgesellschaften künftig wirksamer ermittelt werden können. Hierzu sind auf nationaler Ebene diverse Maßnahmen erforderlich.
Die nach geltendem Recht bereits bestehende Anzeigepflicht über den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften nach § 138 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 AO soll für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen vereinheitlicht werden. Zugleich soll die Frist für die Erstattung der Mitteilung bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung verlängert werden. Dies entlastet die mitteilungspflichtigen Unternehmen wie auch die Finanzverwaltung.
Steuerpflichtige sollen darüber hinaus nach § 138 Absatz 3 AO auch Geschäftsbeziehungen zu von ihnen unmittelbar oder mittelbar beherrschten Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in Drittstaaten (legal definiert als „Drittstaat-Gesellschaft“) anzeigen müssen. Dies soll unabhängig davon gelten, ob sie an dem Unternehmen formal beteiligt sind oder nicht. Im Falle einer Verletzung dieser Mitteilungspflicht sollen der Anlauf der steuerlichen Festsetzungsfrist und damit der Eintritt der Festsetzungsverjährung insoweit gehemmt sein. Zugleich soll die Pflichtverletzung mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 Euro geahndet werden können.
Finanzinstitute sollen den Finanzbehörden nach § 138b AO von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen mitteilen müssen. Im Falle einer Verletzung dieser Mitwirkungspflicht sollen die Finanzinstitute für dadurch verursachte Steuerausfälle haften. Zugleich soll die Pflichtverletzung mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können.
Das sogenannte steuerliche Bankgeheimnis nach § 30a AO soll aufgehoben werden. Mit der Aufhebung wird nicht nur den Veränderungen in der rechtspolitischen Ausgangslage, sondern auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Rechnung getragen. Nach Auffassung des BVerfG im sog. „Tipke-Urteil“ vom 9. März 2004, 2 BvL 17/02 (BStBl 2005 II S. 56), bleibt wegen der Regelung in § 30a Absatz 3 AO der Außenprüfung ein wesentlicher Teil der zur unmittelbaren Aufdeckung von Spekulationsgewinnen geeigneten Konten verschlossen und wird der Finanzverwaltung vor allem mit dem Verbot von Kontrollmitteilungen eines der wirksamsten Mittel zur Sachverhaltsaufklärung genommen.
Die Aufhebung des § 30a AO ermöglicht es, dass die Finanzbehörden künftig ohne die bislang geltenden Einschränkungen in § 30a AO nach Maßgabe des § 93 AO Auskunftsersuchen - auch Sammelauskunftsersuchen nach dem neuen Absatz 1 a des § 30 AO - an inländische Kreditinstitute richten dürfen, um Informationen über deren Kunden und deren Geschäftsbeziehungen zu Dritten erlangen zu können.
Das automatisierte Kontenabrufverfahren für Besteuerungszwecke (§ 93 Absatz 7 AO) soll erweitert werden. Hier soll die Finanzverwaltung ermitteln können, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots folgender Personen ist: natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der AO ist. Zugleich soll die Frist, innerhalb der Kreditinstitute die Daten bei Auflösung eines Kontos zum Kontenabruf vorhalten müssen, auf zehn Jahre verlängert werden (§ 24c Absatz 1 Satz 3 KWG).
Die Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen der Finanzbehörden soll auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gesetzlich klargestellt werden (§ 93 Absatz 1a AO).
Kreditinstitute sollen künftig im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Absatz 2 AO auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten erheben und aufzeichnen. Diese Informationen sollen im Kontenabrufverfahren ausschließlich den Finanzbehörden mitgeteilt werden (§ 93b Absatz 1a AO).
In § 147a Absatz 2 AO soll eine neue Aufbewahrungsverpflichtung für Steuerpflichtige geschaffen werden, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf gesellschaftsrechtliche, finanzielle oder geschäftliche Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können. Bei diesen Steuerpflichtigen wäre dann künftig auch ohne besondere Begründung eine Außenprüfung zulässig.
Die Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu vom Steuerpflichtigen beherrschten Drittstaat-Gesellschaften soll in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehungen aufgenommen werden, damit auch hier die zehnjährige Verjährungsfrist für die Strafverfolgung gilt (§§ 370, 376 AO). Zugleich soll die Zahlungsverjährungsfrist in Steuerhinterziehungsfällen allgemein von fünf auf zehn Jahre verlängert werden (§ 228 Satz 2 AO).
Quelle:
Referentenentwurf des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes vom 1.11.2016
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