26.09.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: PwC Strategy (Germany) GmbH.
Während im Privatkundengeschäft der Trend zum „Minutenkredit“ geht, brauchen viele deutsche Banken für die Bearbeitung von Unternehmenskrediten weiterhin mehrere Tage oder sogar Wochen. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. So schafft es nur jedes sechste Institut, die Darlehensanfragen kleinerer Mittelständler (2,5 bis 20 Millionen Euro Jahresumsatz) innerhalb von zwei Tagen zu bearbeiten. 44 Prozent der Banken benötigen zwei bis fünf Tage, 22 Prozent fünf bis zehn Tage und bei 17 Prozent sind es sogar 10 bis 20 Tage. Noch länger warten umsatzstärkere Kunden mit komplexeren Engagements mit einem Jahresumsatz von 20 bis 50 Millionen Euro: Hier brauchen 61 Prozent der Banken fünf bis zehn Tage – während sich 22 Prozent sogar 10 bis 20 Tage Zeit nehmen.
„Unternehmenskredite sind nicht nur größer, sondern vor allem oft komplexer als Konsumentenkredite – insofern ist es nur natürlich, dass Banken in diesem Bereich mehr Zeit benötigen. Gleichwohl deutet eine Bearbeitungsdauer von fünf Tagen und mehr darauf hin, dass die entsprechenden Banken nicht wirklich effizient arbeiten, zum Beispiel weil viele Prozesse noch immer zu individuell und manuell gehandhabt werden“, sagt Tomas Rederer, Partner bei PwC im Bereich Financial Services.
„Zu wenige Institute haben Industrialisierung als Strategie bisher konsequent im Firmenkundengeschäft etabliert. Zu hoch ist immer noch die Angst, Flexibilität und Differenzierung zu verlieren. Einige Institute legen zwar aktuell mit massiven Verbesserungen der Bearbeitungszeiten vor. Die anderen drohen jedoch im schlimmsten Fall Geschäft bei Mittelständlern zu verlieren.“
Tomas Rederer, Partner bei PwC im Bereich Financial Services
PwC-Partner Bernd Papenstein, Experte für Mittelstandsfinanzierung, bestätigt dies aus Sicht der betroffenen Unternehmen.
„In einem für den Mittelstand aktuell recht entspannten Finanzierungsumfeld wird Geschwindigkeit mit zu einem Entscheidungskriterium. Vielen Mittelständlern stellen sich Finanzierungsalternativen, so dass sie zurzeit nicht mehr zwingend auf den klassischen Kredit angewiesen sind. Sie sind daher wechselwilliger als früher.“
Bernd Papenstein, Partner bei PwC und Experte für Mittelstandsfinanzierung
Deutliche Fortschritte erzielen die Banken unterdessen bei der Kreditvergabe an Kleinfirmen mit einem Jahresumsatz von maximal 2,5 Millionen Euro – in diese Kategorie fallen zum Beispiel Handwerksbetriebe, Gewerbetreibende oder Freiberufler. Hier brauchen 61 Prozent der Banken nur noch ein bis zwei Tage für die Kreditbearbeitung, weitere 17 Prozent kommen mit zwei bis fünf Tagen aus. „Weil die persönliche Bonität des Firmeninhabers in diesem Segment oft eine wichtige Rolle spielt und die firmenbezogene Seite wesentlich weniger komplex ist, ähneln die Darlehen von ihrer Struktur her dem Verbraucherkreditgeschäft. Insofern schaffen es die Banken hier sehr viel besser, ihre Bearbeitungsprozesse zu standardisieren“, sagt PwC-Experte Rederer. Eine wichtige Rolle spielten bei dieser Entwicklung auch neuartige Kreditplattformen im Internet. „Erste FinTechs gehörten zu den Anbietern, die es geschafft haben, Kredite für Handwerker, Gewerbebetriebe oder Freiberufler zu digitalisieren – und damit die Bearbeitungszeiten deutlich zu verkürzen. Immer mehr klassische Banken ziehen nun hinterher. Noch sind die Angebote generisch und Banken können sich differenzieren. Das wird aber nicht lange so bleiben.“
Im Privatkundengeschäft werden die Bearbeitungszeiten derweil längst nicht mehr in Tagen gemessen – sondern in Stunden oder eher noch Minuten. So brauchen 75 Prozent der von PwC befragten Banken für einen Konsumentenkredit inzwischen nicht mal mehr 15 Minuten; und nur sechs Prozent der Institute benötigen mehr als fünf Stunden. Parallel sinken auch die sogenannten Durchlaufzeiten immer weiter. In diese Kenngröße fließen neben der reinen Bearbeitungszeit zum Beispiel auch die Liege- und Transportzeiten ein. 56 Prozent aller Banken kommen auch hier mit nicht mal einer Viertelstunde aus, bei weiteren 22 Prozent sind es 15 bis 45 Minuten. „Im Privatkundenbereich geht die Entwicklung eindeutig in Richtung sogenannter ‚Instant-Kredite‘. Das heißt: Der Kunde erfährt nach seiner Kreditanfrage praktisch unmittelbar, ob und zu welchen Konditionen er das gewünschte Darlehen erhält – und am nächsten Tag ist das Geld womöglich schon auf dem Konto“, so Rederer.
Ein differenzierteres Bild zeigt sich bei Baufinanzierung. Denn während die Banken die Durchlaufzeiten im Vergleich zur vorangegangenen PwC-Untersuchung in 2014 reduzieren konnte, hat sich die bloße Bearbeitungsdauer sogar verlängert: 59 Prozent der Banken brauchen hierfür nun wieder ein bis drei Tage, nur noch jedes vierte Institut kommt mit weniger als 24 Stunden aus. „Dass die Bearbeitungszeit bei Baufinanzierungskrediten gestiegen ist, liegt nicht daran, dass die Banken langsamer geworden wären“, erläutert PwC-Experte Rederer. „Vielmehr ist es so, dass die neue Kreditrichtlinie für Wohnimmobilien und andere regulatorische Anforderungen die Effizienzgewinne deutlich überkompensiert haben. Auf mittlere Sicht dürfte die weitere Digitalisierung des Kreditvergabeprozesses dazu führen, dass auch die Bearbeitungszeiten wieder merklich sinken. Aber auch hier zieht sich das Feld der effizientesten zu den ineffizienten Banken immer weiter auseinander.“
Für die Studie „Effizienz der Kreditprozesse in deutschen Kreditinstituten 2017“ wurden 43 deutsche Kreditinstitute aus allen Sektoren (Universalbanken, Sparkassen, Volksbanken und Spezialbanken) durch PwC befragt. Die Teilnehmer sind im Wesentlichen kleinere und mittlere Institute.
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