15.04.2021 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans Böckler Stiftung.
Das ergibt eine neue Studie von Forscherinnen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.
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Vor der Coronakrise arbeiteten nur 17 % der Erwerbstätigen in Deutschland gelegentlich, überwiegend oder ausschließlich von zu Hause aus. In der Pandemie, da mobile Arbeit und Homeoffice helfen, Kontakte und Infektionen zu vermeiden, ist dieser Anteil deutlich gestiegen: Ende Januar 2021 waren es 38 %, im April 2020 lag die Quote mit 44 % sogar noch ein wenig höher. Das zeigt die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Die Forscherinnen aus WSI und I.M.U. haben die Angaben der Interviewten im Detail ausgewertet. Ihre neue Studie liefert Antworten auf eine Reihe von Fragen: Wer arbeitet im Homeoffice? Wie zufrieden sind die Beschäftigten damit? Welches sind die Vorteile und was die Probleme? Daraus lässt sich ein Katalog mit den Kriterien ableiten, die für Gute Arbeit am heimischen Schreibtisch auch jenseits der Corona-Ausnahmesituation erfüllt sein müssen.
Wesentliche Aspekte dabei: Mobile Arbeit und Homeoffice müssen freiwillig sein. Am besten funktioniert eine Mischung aus Arbeit im Betrieb und daheim, der Präsenzarbeitsplatz darf also nicht verschwinden. Außerdem zentral: Klare, faire Regeln, etwa zur Einschätzung der Arbeitsleistung bei mobiler Arbeit oder zu den Grenzen der Erreichbarkeit, die verhindern, was viele Befragte kritisieren: Dass Arbeits- und Freizeit im Homeoffice ineinanderfließen. Solche Regeln sind am wirksamsten, wenn sie kollektiv für alle festgelegt werden, etwa in Form von Betriebsvereinbarungen zwischen Management und Betriebsrat. Das ist nach Analyse der Forscherinnen ein Grund, warum Befragte aus mitbestimmten Unternehmen spürbar häufiger von guten Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice sprechen.
Die Untersuchung beruht auf den Angaben von über 4600 abhängig Beschäftigten, die im April, Juni und November 2020 sowie im Januar 2021 befragt wurden, ergänzt durch eine Analyse von 67 Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die in Betrieben und Verwaltungen mobile Arbeit regeln.
Homeoffice war vor Corona „ein Arrangement, das einer sehr privilegierten Gruppe von Beschäftigten zu Teil wurde“, schreiben die Wissenschaftlerinnen. Das habe sich zwar geändert, aber nach wie vor arbeiten hochqualifizierte Angestellte häufiger im Homeoffice als andere Beschäftigte. Fast 40 % derjenigen, die zu Hause arbeiten, haben einen Hochschulabschluss; gemessen an allen Befragten liegt der Anteil der Studierten nur gut halb so hoch. Arbeiter sind kaum im Homeoffice tätig. Generell sind Menschen mit hohen Einkommen überrepräsentiert. Sie haben im Durchschnitt größere Wohnungen und öfter einen Garten. Frauen sind etwas seltener im Homeoffice als Männer.
Aus naheliegenden Gründen ist Homeoffice im Handel, Gesundheits- oder Sozialwesen wenig verbreitet, während Beschäftigte im Finanzwesen, in Medien oder IT-Berufen häufiger ihre Jobs daheim erledigen. Vergleichsweise schwach ausgeprägt war die Heimarbeit im öffentlichen Dienst, wo nach dem April 2020 relativ viele Beschäftigte aus dem Homeoffice in die Betriebe zurückgekehrt sind – was nach Einschätzung der Forscherinnen von WSI und I.M.U. mit fehlender technischer Ausstattung zu tun haben könnte. Zuletzt ist die Homeoffice-Quote hier jedoch wieder gestiegen.
Menschen, die von zu Hause arbeiten konnten, fanden ihre Arbeitssituation gerade während der Sondersituation in der Coronazeit weniger belastend als Beschäftigte, die durchgehend den Betrieb aufsuchten. Fast die Hälfte der Befragten im Homeoffice möchte auch in Zukunft gern von zu Hause arbeiten. Dies deute auf eine „hohe Zufriedenheit und Offenheit gegenüber dem Homeoffice“ hin, so die Forscherinnen.
Dennoch ist beim Homeoffice nach Einschätzung der Betroffenen längst nicht alles Gold. Dass vieles chaotisch läuft, zeigt sich unter anderem daran, dass 71 % sagen, ihr Arbeitgeber sei auf die Einführung oder Ausweitung von Homeoffice nicht gut vorbereitet gewesen. Der Anteil der Beschäftigten, die Heimarbeit anstrengender finden als Arbeit im Büro, liegt immerhin bei knapp einem Drittel. Mehr als drei Viertel vermissen den persönlichen Austausch mit den Kollegen, und diese Quote ist auf hohem Niveau im Laufe der Pandemie noch etwas gestiegen – Telefon, Mail und Video sind kein hinreichender Ersatz für das Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
Ein weiteres Problem ist das Verschwimmen der Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. 39 % machen im Homeoffice Überstunden, mehr als die Hälfte gibt an, für den Arbeitgeber länger erreichbar zu sein als im normalen Präsenzbetrieb. Besonders Beschäftigten mit jüngeren Kindern macht die Entgrenzung zu schaffen. Andererseits ist es gerade diese Gruppe, die Vorteile bei der Vereinbarkeit von Job und Familie sieht. So würden viele Befragte mit Kindern in Zukunft gern weiterhin einen Teil der Arbeit zu Hause erledigen, aber gleichzeitig wieder mehr Stunden im Betrieb verbringen.
Aus den Ergebnissen der Befragung lassen sich Faktoren ableiten, die für gute Arbeitsbedingungen im Homeoffice – auch nach Corona – entscheidend sind. Die wichtigsten Punkte aus Sicht der Forscherinnen:
Elke Ahlers, Sandra Mierich, Aline Zucco: Homeoffice in Zeiten von Corona, WSI-Report Nr. 65, April 2021 (pdf).
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