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School’s Out (of Service)

23.05.2022  — Hannah Nielsen.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Bald stehen die Schulabgängerinnen und Schulabgänger wieder vor der Qual der Wahl, an welchen Universitäten sie sich bewerben sollen. Eigentlich sollten die Abiturzeugnisse dafür ab nächstem Jahr digital ausgestellt werden, doch dieses Projekt scheint nun gescheitert.

Während sich die Schulen gerade auch pandemiebedingt mit der Digitalisierung auseinandersetzen und dort viel Notstand erleiden mussten, soll ausgerechnet das Abiturzeugnis ab nächstem Jahr in digitaler Form ausgestellt werden. Zumindest sieht das die Regierung mit dem Onlinezugangsgesetz vor, sodass seit 2019 daran gearbeitet wird.

Das Sozialverhalten entspricht den Erwartungen

Die Idee, die Schulzeugnisse und im Besonderen die Abiturzeugnisse in digitaler Form auszustellen, soll den Bewerbungsprozess an Universitäten, aber auch für Ausbildungsplätze in den Betrieben leichter und umgänglicher machen, da die Absolventinnen und Absolventen sich das Beglaubigen der Papierzeugnisse sparen und sich einfacher breitgefächert bewerben können.

In vielen Fällen laufen die Bewerbungsprozesse inzwischen durch Online-Fragebögen ab, die durch einzureichende Unterlagen ergänzt werden. Die Chance, die Zeugnisse gleich in diesem Prozess mit einzureichen und so das Bewerbungsverfahren zu erleichtern, ist in der Theorie sehr gut, doch tauchten schon in der Testphase erste Probleme auf.

Teilnahme an folgenden Arbeitsgemeinschaften

Die Entwicklung des digitalen Schulzeugnisses liegt im Auftrag von Sachsen-Anhalt bei der Bundesdruckerei. Die Verantwortung für die technische Entwicklung von Verwaltungsdienstleistungen im Bildungsbereich liegt nach Beschluss der Bundesregierung und aller Bundesländer bei der Landesregierung Sachsen-Anhalt, die ihre digitalen Entwicklungen dann mit allen Bundesländern teilen soll, wie es zuletzt auch mit dem digitalen BAföG-Antrag geschehen ist.

Die Idee war es, den Schülerinnen und Schülern zusätzlich zum Papierzeugnis eine PDF-Datei auszustellen, die mit einem digitalen Fingerabdruck versehen wird. Das digitale Zeugnis soll einen maschinenlesbaren Teil enthalten, sodass Hochschulen das Zertifikat an ihre Bedürfnisse angepasst verarbeiten und auslesen können und keine einzelnen PDFs öffnen müssen. Das Bundesland Sachsen-Anhalt, govdigital eG und die Bundesdruckerei konzipierten ihren Entwurf so, dass möglichst wenig zusätzlicher Aufwand für die Schul- und Hochschulsysteme entsteht und die Lehrkräfte nicht zusätzlich geschult werden müssen.

Besondere Interessen und Fähigkeiten

Im letzten Jahr wurde zunächst in drei Bundesländern der frühere Entwicklungsstand des Projekts Digitales Schulzeugnis getestet. Als Lösungskonzept wurde dafür auf die Blockchain-Technologie zurückgegriffen, bei der die govdigital eG als öffentlicher IT-Dienstleister des Bundes, der Länder und der Kommunen als Betreiber der Blockchain-Knoten auftreten und die Zeugnisse verifizieren sollte.

Blockchains definieren sich laut Prof. Dr. Andreas Mitschele, Professor im Studiengang BWL an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, so: „Durch eine dezentrale Datenbank, die im Netzwerk auf einer Vielzahl von Rechnern gespiegelt vorliegt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Einträge in Blöcken zusammengefasst und gespeichert werden.“ Besonders durch die Kryptowährung Bitcoin ist die Technologie verbreitet worden.

Eine Blockchain kann jegliche Arten von Eigentumsrechten digital organisieren, weshalb die Bundesdruckerei auf dieses Verfahren zurückgreifen wollte, um die Echtheit der Zeugnisse sicherzustellen und Fälschungen zu verhindern. Dabei sollten nur Prüfsummen, sogenannte Hash-Werte, für die spätere Echtheits-Prüfung hinterlegt werden, welche nach den Empfehlungen des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) berechnet wurden.

Infografik: Erstellung und Validierung digitaler Schulzeugnisse

Arbeitsverhalten

In den folgenden Projektphasen sollte die Tauglichkeit der Blockchain-Technologie für die digitalen Zeugnisse getestet werden, um Fehler, Schwachstellen oder Funktionseinschränkungen aufzudecken und zu beseitigen. In einem Artikel des MDR Sachsen-Anhalt gab es schon 2019 ein BSI-Gutachten, das vor den Sicherheitsproblemen der Blockchain-Technologie warnte. Ende Februar berichteten Sicherheitsforscherinnen und -forscher, dass der bisherige Entwicklungsstand von potenziellen Angreifern ausgenutzt werden konnte, indem diese die Möglichkeit hatten, sich im System der Bundesdruckerei anzumelden und echt aussehende Zeugnisse zu erstellen. Aufgrund dieser Berichte wurde das Testsystem offline genommen, um die Berichte zu überprüfen und Verbesserungen zu implementieren.

Weiterer Schwachpunkt sind die potenziellen Daten, die Hacker an Hochschulen und Unternehmen erbeuten könnten. Laut Lilith Wittmann, einer der Personen, die die Schwachstellen des Projekts aufgedeckt hatten, „hätten Angreifer Datensätze von Personen, die vom Staat als echt bewiesen sind[, sammeln können].“

Aufgrund der „Schwachstellen im Sicherheitssystem der Bundesdruckerei“ hat das Bildungsministerium den geplanten Start der digitalen Schulzeugnisse in Rheinland-Pfalz für 2022 verschoben. Auch im Saarland ist ein offizieller Start ab 2023/24 für die Abschlussklassen geplant, ob dies jedoch tatsächlich realisierbar sein wird, bleibt offen, da sich die Blockchain-Technologie bisher nicht bewährt hat und die beauftragten Arbeitsgruppen neue Ideen sammeln und testen müssen.

Auch das Bundesbildungsministerium drängt nun auf eine Lösung, wobei eine Umsetzung des digitalen Schulzeugnisses momentan wenig realistisch scheint. In einer Sondersitzung des IT-Planungsrats in Sachsen-Anhalt wurde bis Mitte diesen Jahres die Bereitstellung einer weiteren digitalen Leistung beschlossen. Die digitale Hochschulzulassung soll Semesterbeiträge, Studiengebühren und Immatrikulationen abwickeln und auch die Bewerbungen regeln, die ein Anwendungsbeispiel des digitalen Zeugnisses darstellte. Vielleicht wird das Projekt in die nächst höhere Klassenstufe versetzt und zum Ende des Jahres deutschlandweit eingeführt.

Quellen und Hintergründe:

Bild: Armin Rimoldi (Pexels, Pexels Lizenz)

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