04.01.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: FIL Investment Services GmbH.
Die Teilnehmer des ersten Kronberger Dialogs Zukunftsvorsorge waren sich einig, dass bisherige gesetzliche Initiativen nicht ausreichen, um die bAV von heute 4 Prozent entsprechend zu stärken. Als richtungsweisenden Ansatzpunkt haben sie eine automatische Entgeltumwandlung mit Ausstiegsoption diskutiert.
"Mit einer freiwilligen Beteiligung der Arbeitnehmer fristet die bAV auch zehn Jahre nach Einführung des Arbeitnehmerrechts auf Entgeltumwandlung ein Nischendasein - und das obwohl die Rentenlücke gleichzeitig wächst. Nur 4 Prozent der gesamten Bezüge im Alter stammen aus der bAV. Deswegen ist eine automatische Entgeltumwandlung mit Ausstiegsoption notwendig, zum Wohle ihrer eigenen Absicherung", sagt Klaus Mössle, Geschäftsführer und Leiter des institutionellen Geschäfts bei Fidelity Worldwide Investment in Deutschland. Der Anbieter betrieblicher Vorsorgekonzepte hatte im Rahmen des Kronberger Dialog Zukunftsvorsorge 16 Rentenexperten nach Kronberg geladen, um Lösungen für die mangelnde bAV und die steigende Rentenlücke zu diskutieren. Gekommen waren Arbeitgeber-, Gewerkschafts- und Pensionskassenvertreter, Professoren sowie Repräsentanten der Beraterbranche.
Sie waren sich einig, dass die bAV ein zunehmend wichtiges Instrument zur Reduzierung der Rentenlücke und zur Mitarbeitergewinnung und -bindung ist, ihre Stärkung aber nicht einseitig von den Arbeitgebern getragen werden wird. Sie haben auch in wirtschaftlich stabilen Zeiten nur begrenzten Spielraum, ihre freiwilligen Rentenzahlungen an Arbeitnehmer zu erhöhen. Bestehende Systeme werden bereits seit Jahren mit dem Ziel umgestellt, die Risiken der bAV für die Unternehmen kalkulierbar zu machen.
Diskutiert wurde daher eine breitere Umsetzung von Obligatorien mit Ausstiegsmöglichkeit, bei denen ein gewisser Prozentsatz des Bruttogehalts automatisch in die bAV eingezahlt wird. Arbeitnehmer können dabei die Beitragshöhe bestimmen, die Umwandlung ihres Entgeltes in eine betriebliche Altersvorsorge jederzeit aussetzen, wieder einsteigen und ihre Beiträge erhöhen oder verringern.
Grundsätzlich sahen die Experten in solchen Obligatorien ein hocheffizientes Instrument, um der wachsenden Rentenlücke zu begegnen. Der Rentenversicherungsbericht 2011 geht davon aus, dass das Sicherungsniveau vor Steuern aus der gesetzlichen Rente bis zum Jahr 2025 auf 46 Prozent fallen wird (2009: 52 Prozent). Unter Einbezug der Riester-Rente könnte nur etwa 51 Prozent erreicht werden. Vor dem Hintergrund einer nachgelagerten Besteuerung, also bei Rentenauszahlung, wird dieses Niveau nicht ausreichen, um den Lebensstandard zu halten.
Umgesetzt werden können Obligatorien in der bAV sowohl auf gesetzlicher, tariflicher oder betrieblicher Ebene. Die entscheidende Rolle in der Umsetzung haben die Experten den Sozialpartnern zugesprochen. Die Unternehmen können das Obligatorium mit Widerspruchsmöglichkeit im Arbeitsvertrag verankern, somit stimmen Arbeitnehmer bei Unterzeichnung ihres Vertrags zu. Erfahrungen zeigen, dass eine solche Systematik die Beteiligungsquoten wesentlich erhöhen kann. Neben der Umsetzung tragen die Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertreter auch die Kommunikationsverantwortung, um Arbeitnehmern die Funktionsweise und die Vorteile der bAV zu verdeutlichen: Häufig zahlt der Arbeitgeber mit ein - bis hin zur Verdoppelung des monatlich gesparten Beitrags. Dieser wird vom Bruttoeinkommen abgezogen und erst bei der Auszahlung versteuert, was die Steuerlast der Beschäftigten meist verringert. Zudem übernimmt der Arbeitgeber in aller Regel die Kosten der Administration. Und schließlich sorgt der Umstand, dass in der Regel eine Vielzahl von Beschäftigten eines Betriebs betreut wird, für bessere Konditionen - sprich: höhere Renditen für den Einzelnen.
Vorrausetzung für die Motivation der Unternehmen sind Modelle, die unkalkulierbare Inflations- und Langlebigkeitsrisiken eliminieren und Kapitalanlagerisiken für die Unternehmen minimieren. Eine automatisierte Mitarbeiteradministration über Online-Portale ist unerläßlich, um den administrativen Aufwand für die Unternehmen gering zu halten und Mitarbeitern jederzeitige Transparenz zu ermöglichen. Die Experten waren sich einig, dass eine gesetzliche Verpflichtung nicht zielführend sei, weil das System damit zu einem zweiten Sozialsystem mit entsprechender Regulierung werden würde. Gleichzeitig würde die Motivation der Unternehmen unterbunden, sich mit besonders attraktiven und flexiblen Modellen vom Wettbewerb im Kampf um die Mitarbeiter abzugrenzen, wenn diese von allen angeboten werden müssten.
Die chemische Industrie ist ein gutes Beispiel dafür, welche Erfolge auf tariflicher Ebene erzielt werden können: Seit 2008 haben Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter eine Durchdringungsquote von 60 Prozent in der chemischen Industrie erreicht. Als weiteres Beispiel führt Fidelity selber ab Januar 2012 einen neuen betrieblichen Vorsorgeplan für die über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland ein. Dieser neuartige Plan vereinigt aus Sicht von Fidelity die besten Elemente der für Mittelstand und Großunternehmen bereits umgesetzten Vorsorgekonzepte und sieht u.a. eine automatische Entgeltumwandlung von 4 bis 8 Prozent des Bruttogehalts vor.
"Ganz ohne die Politik wird die Stärkung der bAV trotzdem nicht möglich sein. Zahlreiche technische und rechtliche Probleme, verhindern nach wie vor die flächendeckende Einführung der Entgeltumwandlung", sagt Mössle. Die unzureichende Vererbbarkeit eingezahlter Entgeltbestandteile ist ein Beispiel: Die angesparten Beträge aus der Entgeltumwandlung einer alleinstehenden Mitarbeiterin verfallen im Falle ihres Todes, eine Vererbung auf nicht im Haushalt lebende Verwandte ist derzeit nicht möglich. Außerdem wurde Vereinfachungsbedarf bei Arbeits-, Aufsichts- und Steuerrecht gefordert. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.fidelity.de/zukunftsvorsorge.
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