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Rechnungsangaben beim Vorsteuerabzug (Kommentar von Udo Cremer)

19.06.2018  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Welche Angaben benötigt eine Rechnung, damit der Vorsteuerabzug ausgeübt werden kann? Udo Cremer klärt auf.

Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt kann sich unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.

Die Klägerin nahm in den Streitjahren 2005 und 2006 den Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG aus 34 Rechnungen der A-GmbH in Anspruch. 26 dieser Rechnungen, die die A-GmbH im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 erteilt hatte, betrafen die Lieferung von PKW unter Angabe von Hersteller, Fahrzeugtyp und Fahrgestellnummer. Mit einer Ausnahme ergab sich aus diesen Rechnungen auch die Farbe der Lackierung (Rechnungen Nr. 05/328 bis 05/347 und Nr. 05/349 bis 05/354). Zu 24 dieser Rechnungen übersandte die Klägerin später ergänzende Unterlagen. Keine Ergänzung erfolgte zu den Rechnungen Nr. 07/329 vom 24. Februar 2005 und Nr. 05/330 vom 28. Februar 2005. Die A-GmbH erteilte sieben weitere Rechnungen im Zeitraum März bis November 2006.

Fünf dieser Rechnungen führten als Leistungsgegenstand "Werbungskosten lt. Absprache" (Rechnungen Nr. 06/357 bis 06/360 und 06/362), eine Rechnung "Aquisitions-Aufwand" (Rechnung Nr. 06/356) sowie eine Rechnung "Überführungs- und Reinigungskosten" (Rechnung Nr. 06/355) auf. Darüber hinaus bezog sich die Rechnung Nr. 05/348 vom 21. November 2005 ohne weitere Angaben auf "Überführungskosten" für einen PKW. Zu diesen insgesamt acht Rechnungen reichte die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren keine ergänzenden Unterlagen ein. Der von der Klägerin geltend gemachte Vorsteuerabzug aus diesen 34 Rechnungen wurde im Rahmen einer Außenprüfung beanstandet, da die Rechnungen keine Angabe zur Steuernummer des Leistenden enthielten. Die A-GmbH ergänzte alle Rechnungen während der Außenprüfung um diese Angabe. Im Anschluss an die Außenprüfung ging das FA davon aus, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug aufgrund der Berichtigung erst für das Jahr der Berichtigung in 2011 zustehe. Das FA erließ geänderte Steuerfestsetzungen für die beiden Streitjahre, in denen es den Vorsteuerabzug im Umfang der beanstandeten Rechnungen versagte. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG mit seinem in EFG 2017, 1037 veröffentlichten Urteil der Klage statt.

Die Revision des FA ist begründet und das Urteil des FG aufzuheben (BFH-Urteil vom 1.3.2018, V R 18/17). Das FG hat zu Unrecht den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen mit den Leistungsbeschreibungen "Werbungskosten lt. Absprache", "Aquisitions-Aufwand", "Überführungs- und Reinigungskosten" und "Überführungskosten" bejaht. Insoweit ist die Klage abzuweisen; im Übrigen ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen.

Den Vorsteuerabzug kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nur ausüben, wer im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung ist. Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung zu enthalten. Im Streitfall hat das FG den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen mit den Leistungsbeschreibungen "Werbungskosten lt. Absprache", "Aquisitions-Aufwand", "Überführungs- und Reinigungskosten" und "Überführungskosten, unter Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG bejaht. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Rechnung Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dem entspricht es, wenn es der EuGH gemäß Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem für erforderlich ansieht, Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen zu präzisieren, ohne dass dabei eine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Dienstleistungen erforderlich ist, da es darauf ankommt, dass es die Rechnungsangaben den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren.

Im Streitfall genügen die in den Rechnungen enthaltenen Leistungsbeschreibungen "Werbungskosten lt. Absprache", "Aquisitions-Aufwand", "Überführungs- und Reinigungskosten" und "Überführungskosten" nicht. In allen Fällen erlauben die Leistungsbeschreibungen keinen Rückschluss auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht. Damit fehlt es für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung an einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung. Dieser Mangel wurde weder durch eine Rechnungsberichtigung noch in sonstiger Weise behoben. Insbesondere hat die Klägerin hinsichtlich dieser Rechnungen auch keine ergänzenden Unterlagen vorgelegt.

Im Übrigen hat das FG den Vorsteuerabzug im Ergebnis rechtsfehlerfrei bejaht. Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH bereits angeschlossen hat, können Rechnungen, die fehlende oder fehlerhafte Angaben aufweisen, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Rechnung Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Im nationalen Recht folgt dies aus § 31 Abs. 5 UStDV, der eine Berichtigung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG zulässt. Danach konnten im Streitfall die Rechnungen über die PKW-Lieferungen um die fehlende Angabe zur Steuernummer des Leistenden ergänzt werden.

Weitergehende Rechnungsmängel bestanden entgegen dem Urteil des FG nicht, so dass es auf die Überlegungen des FG zu einem Vorsteuerabzug trotz fehlerhafter Rechnung und ohne Rechnungsberichtigung nicht ankommt. Insbesondere liegt aufgrund der Angabe des Ausstellungsdatums nach den Verhältnissen des Streitfalls auch die erforderliche Angabe des Lieferzeitpunkts vor. Nach § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird. Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt kann sich dabei unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Denn nach dem EuGH-Urteil Barlis 06 (EU:C:2016:690, Rz 44) darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken, sondern hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen. Dies ist insbesondere für die Prüfung zu berücksichtigen, ob aufgrund einer Auslegung der Rechnung entsprechend § 133 BGB vom Vorliegen der erforderlichen Rechnungsangaben auszugehen ist.

Im Streitfall folgt danach auf der Grundlage der für den Senat bindenden Feststellungen des FG aus der Angabe des Ausstellungsdatums auch der Lieferzeitpunkt. Denn unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben der Klägerin ist davon auszugehen, dass mit den Rechnungen über jeweils einmalige Liefervorgänge über PKWs abgerechnet wurde, die branchenüblich mit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechnungserteilung ausgeführt wurden. Damit folgt bei der gebotenen Auslegung der Rechnungsangaben aus dem Ausstellungsdatum, dass die jeweilige Lieferung im Kalendermonat der Rechnungserteilung ausgeführt wurde, so dass die Angabe des Ausstellungsdatums als Angabe i.S. von § 31 Abs. 4 UStDV anzusehen ist. Dem steht das EuGH-Urteil Barlis 06 (EU:C:2016:690, Leitsatz 1) nicht entgegen, da sich die dort für erforderlich gehaltene genaue Angabe des Leistungszeitpunkts auf zeitraumbezogene Leistungen bezog, die über längeren Zeitraum erbracht werden und an die daher strengere Anforderungen zu stellen sind. Auf die Frage eines Vorsteuerabzugs ohne ordnungsgemäße Rechnung, wie sie das FG bejaht hat, kommt es somit nicht an.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuer­beraterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxis­orientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblatt­sammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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