31.07.2023 — Samira Sieverdingbeck. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die pandemiebedingte Rezession, der Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Lebenserhaltungskostenkrise haben den Arbeitsmarkt stark beeinflusst. Das zeigt der Employment Outlook 2023 der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). Während die Gewinne der Unternehmen im Durchschnitt steigen, sinken in fast allen OECD-Ländern die Reallöhne der Arbeitnehmenden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Krisen Privathaushalte deutlich stärker treffen als Unternehmen. Ohnehin einkommensschwache Haushalte leiden besonders stark. Während die Inflation Höchstwerte erreicht, sind die Arbeitslosenquoten auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Die voranschreitende Ausbreitung von KI verunsichert jedoch viele Arbeitnehmende.
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KI entwickelt sich rapide weiter und ist schon heute deutlich vielseitiger einsetzbar als frühere Digitalisierungsvorstöße. Sie kann nicht nur Routineaufgaben übernehmen, sondern auch komplexe Sprachen und Prozesse erlernen, Fehler finden und Vorschläge machen.
Laut dem Employment Outlook des OECD gibt es bisher kaum Hinweise darauf, dass KI sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht noch passieren könnte, schließlich haben viele Unternehmen gerade erst damit begonnen, KI im Unternehmen einzusetzen. Zwei von fünf Unternehmen geben laut Bericht an, dass fehlende Fähigkeiten sie noch am Einsatz von KI hinderten.
Zurzeit wird die Technologie vor allem eingesetzt, um monotone oder gefährliche Aufgaben zu übernehmen. Durch diese Art der Automatisierung kann die Technologie die Zufriedenheit der Arbeitnehmenden steigern, jedoch auch den Druck erhöhen möglichst produktiv zu sein. 63 % der Angestellten in den Bereichen Finanzwesen und Herstellung bewerteten die Entwicklung bisher positiv. Durch KI hätten sie mehr Spaß an ihrem Job. Gleichzeitig haben jedoch 60 % der Angestellten aus den gleichen Bereichen Sorge, sie könnten ihren Job innerhalb der nächsten 10 Jahre durch KI verlieren.
Repetitive, hoch standardisierte Tätigkeiten können am ehesten und am sinnvollsten von KI ersetzt werden. Selten bedeutet das, dass ein ganzer Beruf verschwindet. Stattdessen handelt es sich meist um eine Tätigkeit innerhalb eines Berufsfeldes. Das World Economic Forum erwartet zum Beispiel, dass 2027 rund 10 % der Aufgaben, die heute von Menschen erledigt werden, von KI übernommen sein werden. Goldman Sachs prognostizierte, dass zwei Drittel der Jobs in Europa und den USA durch KI verändert werden würden. Ein Viertel könnte langfristig wegfallen.
Einig sind sich die Expertinnen und Experten insofern, dass der Einsatz von KI nicht zu Arbeitslosigkeit führen wird, sondern auch neue Arbeitsplätze und -tätigkeiten schafft. Es fände also eine Verschiebung statt – ein Prozess, der uns durch die unterschiedlichen Phasen der Industrialisierung nicht unbekannt ist.
Innerhalb Deutschlands rechnet man langfristig mit großen Veränderungen in der Metall- und Chemiebranche, doch bisher sind das Misstrauen und die Sorge um die Sicherheit beim Einsatz von KI in diesen Bereichen noch groß.
Verwaltung und Buchhaltung hingegen sind durch ihre stark standardisierten Abläufe bereits jetzt prädestiniert für die Anwendung von KI. Doch auch kreative Arbeit bekommt plötzlich einen anderen Wert. Schließlich generiert KI innerhalb von Sekunden hochwertigen Bilder und auch einen Text wie diesen könnte ChatGPT (so oder so ähnlich) schreiben.
Berufe in denen Menschen abwägen und komplexe Entscheidungen treffen müssen, sind weniger bedroht. So wäre es in Zukunft zwar möglich, dass KI Juristinnen und Juristen mentale Last abnimmt, indem sie sie mit den richtigen Informationen versorgt, das finale Urteil muss jedoch von Menschen gefällt und kontrolliert werden.
Im Bericht von Goldman Sachs heißt es:
Die Kombination aus erheblichen Arbeitskosteneinsparungen, der Schaffung neuer Arbeitsplätze und höhere Produktivität […] erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Produktivitätsbooms, der das Wirtschaftswachstum erheblich steigert.
Prinzipiell ist Wachstum für unsere kapitalistische Gesellschaft gut, schließlich schrumpft die Wirtschaft, wenn sie nicht wächst – der Kapitalismus, gerne verglichen mit einem Fahrrad, kippt um, wenn er sich nicht bewegt. Jedoch ist ständiges Wachstum für das Individuum oft mit Stress verbunden. „Arbeitsverdichtung“ beschreibt den Zusammenhang zwischen der Veränderung der Arbeitswelt und den Folgen auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden. KI könnte auf der einen Seite für Entlastung sorgen, gleichzeitig könnte steigende Produktivität zu noch stärkerer Arbeitsverdichtung führen und so zusätzliche Belastung und Stress für Arbeitnehmende bedeuten. In welche Richtung es geht, wird maßgeblich von der individuellen Implementierung von KI in den Unternehmen, aber auch von politischen Richt- und Leitlinien abhängen.
Bild: Free-Photos (Pixabay, Pixabay License)
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