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Noch immer ein Thema: sexistische Werbung

10.11.2020  — Jasmin Dahler.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Werbung soll verkaufen. Dafür braucht sie die Aufmerksamkeit der möglichen Käufer*innen und setzt daher gerne auf Provokation. Doch was manches Unternehmen als genialen Marketingstreich feiert, empfinden andere als sexistisch oder diskriminierend.

Wenn man sich manche Werbung anschaut, dann scheint diese irgendwo im letzten Jahrhundert stecken geblieben zu sein. Insbesondere Handwerkfirmen und kleinere Dienstleistungsunternehmen setzen vermehrt auf geschlechtsdiskriminierenden Bilder und Slogans. So wirbt ein Sanitärunternehmen mit dem Bild einer halbnackten Blondine in einer Badewanne und dem zugehörigen Slogan „Werf‘ deine Alte raus“.

Über zwei Jahre hat die Frauenrechtsorganisation Pinkstinks über 5000 solcher Beispiele im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gesammelt und bewertet. Vor einem Jahr hat sie die Ergebnisse vorgelegt. Bis jetzt folgte jedoch keine Reaktion seitens des Ministeriums.

Die Geschäftsführerin Stevie Schmiedel kann diese Situation nicht nachvollziehen. 400.000 Euro wurden ihnen für die Studie zur Verfügung gestellt und dennoch bleibt jegliche Rückmeldung aus. Einen Umstand, den sie auch im Hinblick auf die Steuerzahler bemängelt.

Schon längst finden viele, dass gegen sexistische Werbung zu wenig getan wird und so wird der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter. Und das nicht nur in Deutschland. Seit nunmehr zwei Jahren kämpft die Organisation Pépite Sexiste gegen Sexismus und Geschlechter-Stereotype in der französischen Werbung an.

Rechtliche Situation

Sexistische Darstellungen sind zum aktuellen Zeitpunkt in der Werbung nicht verboten. Denn Unternehmen haben nahezu dieselben Freiheiten, ihre Meinung zu äußern, wie natürliche Personen. Nur über Mitbewerber*innen darf ein Unternehmen sich nicht herabsetzend äußern.

Ein Gesetz, das Sexismus und Diskriminierung in der Werbung begrenzt, gibt es jedoch nicht. Doch es kann eine Rüge vom Deutschen Werberat folgen, die ebenfalls unter Meinungsfreiheit fällt. Einige Städte versuchen aber, ein Seximusverbot in der Werbung durchzusetzen. Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es bereits seit einigen Jahren ein solches Verbot und weitere Bezirke der Stadt folgten diesem Beispiel.

Doch so erfolgreich, wie es im ersten Moment klingt, ist es leider nicht. Die Städte können das Verbot nämlich nur auf ihren eigenen Flächen durchsetzen. Das ist allerdings nur ein Teil der Werbung, die man in der Stadt sieht. So fallen auch Handzettel oder Aufkleber auf Autos und Lieferwägen nicht unter das Verbot.

Wann ist Werbung sexistisch?

Der eine findet es lustig, der andere ganz und gar nicht. Wann eine Werbung als sexistisch wahrgenommen wird, hängt mit der persönlichen Wahrnehmung zusammen. Dennoch lassen sich einige Kriterien festhalten. Die sexualisierten Darstellungen von Frauen und Männern nach dem Motto „sex sells“ sind die sichtbarste Form der sexistischen Werbung, die auch von vielen Betrachter*innen so wahrgenommen werden. Vor allem der Körper der Frau wird in der Werbung sexualisiert und mit Konsumartikeln gleichgesetzt. Dies betrifft zunehmend auch den männlichen Körper. Da wird schon mal für einen Stromanbieter mit einer halbnackten Frau geworben und auch Fußbodenbeläge sind wohl sehr beliebt bei leicht bekleideten Damen.

Doch auch die Darstellung von Geschlechterklischees kann unter sexistische Werbung fallen, wenn Mann und Frau auf wenige Merkmale reduziert werden, wie sie angeblich sind und sein sollten. Die Reduktion der Werbung auf die Zweigeschlechtigkeit und auf Stereotype ist weit davon entfernt, die Bandbreite der Geschlechteridentitäten, deren Verhaltensweisen und Lebensstile abzubilden.

Auch in Zusammenhang mit Gewalt gibt es leider noch immer zahlreiche Werbungen. Dabei wird Gewalt insbesondere an Frauen als ästhetisch, cool und machtvoll dargestellt.

Sie sehen, es gibt viele Kriterien, die aufzeigen, wann Werbung sexistisch ist und wir haben an dieser Stelle nur an der Oberfläche gekratzt. Einen recht ausführlichen Katalog mit Kriterien finden sie hier.

Muss es ein Gesetz geben?

Große Teile der Werbeindustrie sind gegen ein gesetzliches Verbot von sexistischer Werbung. Ihrer Meinung nach ist die bestehende Selbstregulierung durch den Deutschen Werberat ausreichend. Dies ist auf der einen Seite verständlich, immerhin möchte die Werbeindustrie auch eine gewisse kreative Freiheit genießen. Auf der anderen Seite hat der Werberat keine Sanktionsmöglichkeiten und oft nutzen Unternehmen die Rüge als zusätzliche Werbung. Auch offensichtlich sexistische Werbung tadelt der Werberat nicht unbedingt. Pinkstink hat hier eine Liste mit Beispielen zusammengestellt.

Auch Professorin Engelsing bemängelt die aktuelle Situation und spricht sich gegenüber dem ZDF für ein Gesetz gegen sexistische Werbung aus.

Der Begriff menschenverachtende Werbung müsste ausdrücklich aufgenommen werden in den Gesetzeswortlaut. Denn so könnte man als RichterIn sich die Frage stellen, ob die konkrete Werbung den Menschen degradiert zu einem bloßen Objekt, der jederzeit sexuell verfügbar ist. (Prof. Susanne Engelsing, HTWG Konstanz)

Übrigens: In Island gilt sexistische Werbung bereits als Straftatbestand. Das dortige Zentrum für Geschlechtergerechtigkeit ist für solche Fälle zuständig und wendet sich an die jeweilige Firma. Gibt es keine Einsicht, folgt eine Geldstrafe. Norwegen setzt hingegen auf ein Marketing-Kontrollgesetz. Es verbietet etwa abwertende Bilder von Menschen.

So könnte es aussehen

Sexistische Werbung ist (noch) nicht verboten. Aber der italienische Automobilhersteller Ferrari hat zumindest ganz klar gezeigt, dass er nichts mit solcher Werbung zu tun haben möchte. Anfang des Jahres war Phillip Plein insbesondere von Fans von Germanys next Topmodel für den sexistischen Werbespot kritisiert wurden, den er mit der Gewinnerin gedreht hatte. Das war jedoch nicht das erste Mal, dass sich der Designer für seine Produkte solche Spots hat einfallen lassen.

2018 machte er vermehrt Werbung durch Bilder mit seinen Produkten, halb nackten Models und Ferraris. Das Ganze fand Ferrari allerdings nicht so lustig, klagte und gewann. Zwar musste Plein keine Strafe für sexistische Werbung bezahlen, aber für Trademark-Verletzung. 300.000 Euro Schadensersatz und 10.000 Euro für jedes weitere Bild, was noch veröffentlich wird. Hier wollte Ferrari zwar lediglich seinen Ruf schützen, aber trotzdem hat es zumindest einige Bilder mit sexistischer Werbung aus dem Netz entfernt.

Fazit

Sexismus, insbesondere in der Werbung, spaltet die Gemüter immer wieder. Doch das Bild von der empörten Feministin ist ebenso überholt wie das der laut lachenden Männer, die sich bei anstößigen Witzen amüsieren. Ein Gesetz könnte zumindest klare Richtlinien schaffen. Noch wichtiger ist aber, dass solche Studien wie von Pinkstink betrieben von ihren Auftraggebern auch ernst genommen werden und eine Reaktion erfolgt.

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