06.08.2021 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Das Gesetz setzt einmal mehr europaweit geltende Regelungen um. Es geht um die EU-Warenkaufrichtlinie und die Digitale-Inhalte-Richtlinie. Diese sieht einen eigenen Vertragstypus für Verträge mit Daten als Leistungsgegenstand, etwa für Streamingangebote, Software-as-a-Service-Lösungen und Social Media Plattformen, vor. Die neuen Regelungen betreffen vor allem gesetzliche Bestimmungen zum Verkauf von Waren mit sog. digitalen Elementen und harmonisiert das Gewährleistungsrecht in der EU. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.
Wichtigste Neuerungen sind die Verdopplung der Beweislastumkehr von 6 Monaten auf 1 Jahr und die Updatepflichten bei Waren mit digitalen Elementen und Gleichstellung der Bezahlung mit Daten mit der Bezahlung mit Geld.
Die bekannte Vermutung, dass ein Mangel einer Sache bereits bei der Übergabe der Ware bestand, wird von sechs Monaten auf ein Jahr erweitert. In dieser Zeit reicht es aus, wenn der Käufer das Auftreten eines Mangels beweist.
Es geht um die Erstattung des Kaufpreises in Gewährleistungsfällen. Oft warten Händler, bis die Ware bei ihnen eingetroffen ist. Ähnlich wie beim Widerrufsrecht sieht das Gesetz jetzt vor, dass der Verbraucher nur noch nachweisen muss, dass er die Ware zurückgesendet hat. Das Gesetz stellt klar, dass der Verkäufer immer die Kosten der Rücksendung zu tragen hat.
Waren, die digitale Elemente enthalten, unterliegen nach neuem Recht einer Updatepflicht. Beispielhaft werden hier Elektronikprodukte, wie Smartphones oder Tablets genannt, aber auch Drucker, Scanner, Fitnesstracker, Smart-Watches, Überwachungskameras, Kühlschränke und andere „smarte“ Geräte mit elektronischem Inhalt, der sich austauschen lässt (Firmware) sind betroffen. Viele dieser Geräte funktionieren nur dann überhaupt oder ohne Einschränkungen, wenn die implementierte Software aktuell ist. Auch Sicherheitslücken spielen eine wichtige Rolle (Stichwort „IT-Sicherheit“). Fehlende notwendige Updates stellen künftig einen Mangel dar. Die Pflichten gelten auch für Digitalprodukte ohne Hardwarekauf, wie etwa Apps, E-Books oder Streamingdienste.
Bei der Dauer ist das Gesetz schwammig ausgestaltet. Funktionsfähigkeit und IT-Sicherheit sind nach Übergabe der Ware so lange zu gewährleisten, wie der Käufer aufgrund der Art und des Zwecks der Sache sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrages dies erwarten darf. In der Begründung des Bundesjustizministeriums ist davon die Rede, dass Updates im Schnitt „für fünf Jahre bereitgestellt werden müssen“.
Hier kommt der Angebotsbeschreibung und dem Inhalt des Kaufvertrages künftig eine besondere Bedeutung zu. Mit klaren Angaben lässt sich die Verbrauchererwartung auch (in Grenzen) bestimmen. Dies sollte man auch umsetzen, denn ansonsten läuft der Verkäufer Gefahr, dass sich die Erwartung des Verbrauchers auf die erwartbare Lebensdauer des Geräts bezieht.
Die EU-Richtlinie, die Deutschland ohne Spielraum umsetzen musste, ist hier nicht präziser. Kriterien für die Verbraucherwartung muss damit die Rechtsprechung erst herausarbeiten. Solange die Ware noch vertrieben wird, dürfte es der Verbrauchererwartung entsprechen, dass es auch noch Updates gibt. Aber auch das Risiko des Betriebs der Ware ohne Update kann hier eine Rolle spielen, insbesondere wenn es um Sicherheitsupdates geht.
Bei Verträgen zur Bereitstellung digitaler Elemente gelten weitere Sonderregelungen. Der Verkäufer ist danach verpflichtet, die Waren bzw. die darin enthaltenen digitalen Elemente während des gesamten Bereitstellungszeitraums mangelfrei zu halten. Das kann z.B. die Daten in einem Navigationssystem betreffen. Genannt werden auch Geräteanbindungen an eine Cloud, wie z.B. bei Spiele-Konsolen. Auch Streamingangebote für Musik und Videobeiträge müssen künftig während der gesamten Vertragsdauer empfangbar sein. Die oben aufgeführte Beweislastumkehr gilt hier während der gesamten Vertragsdauer.
Ebenfalls neu und spektakulär ist der Umstand, dass ein Bezahlen mit Daten künftig der Zahlung mit Geld gleichgestellt wird. Natürlich werden immer wieder Daten für die Erbringung von Leistungen benötigt. Das kann etwa die E-Mail-Adresse für die Zusendung von Inhalten sein. Diese Fälle sind bei dem neuen Bezahlen mit Daten allerdings nicht gemeint. Nur wer etwa den Zugang zu Onlinediensten mit der zwangsweisen Zustimmung oder Übermittlung von mehr Daten als notwendig erhält, der „bezahlt“ praktisch mit seinen Daten und wird hinsichtlich der Rechte dem gleichgestellt, der hierfür die Kreditkarte belastet.
Es geht dabei also nur um Daten, die nicht zwingend für die Leistung benötig werden. Auch die Gewährung von Bonuspunkten gegen Daten (Payback & Co) könnte dazugehören.
Dabei ist es unerheblich, ob der Verbraucher der Datenerhebung (etwa mit der Cookie-Einwilligung) zustimmt oder die Daten selbst mitteilt oder einer Datenerhebung nicht widerspricht. Im Einzelfall ist aber immer zu prüfen, ob Erklärungen mit Rechtsbindungswillen abgegeben wurden.
Folge der gesetzlichen Anpassungen in § 312 Abs. 1a und § 327 Abs. 3 BGB-E ist die Anwendung von Verbraucherschutzrecht auf diese Sachverhalte. Hier reden wir über alle Informationspflichten und das Widerrufsrecht. Die Kollisionen mit den datenschutzrechtlichen Pflichten, die in ähnliche Richtungen laufen, wie etwa die Angabepflichten zu wesentlichen Vertragsdetails, sind dann in der rechtlichen Praxis zu lösen.
Klarer werden die Folgen einer Weigerungshaltung des Verbrauchers zu einer weiteren Datenverwendung. Der Unternehmer hat dann das gesetzlich klar normierte Recht zur Kündigung. Voraussetzung für das im Zweifel fristlose Kündigungsrecht ist, dass dem Anbieter die weitere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 327q Abs. 2 BGB-E).
Nach dem neuen Recht müssen Verbrauchern Garantien künftig immer auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Bislang konnte der Verbraucher dies fordern. Jetzt wird die Bereitstellung obligatorisch. Dies kann in Printwerbeprodukten viel Platz beanspruchen. Aus der Garantieerklärung muss deutlich hervorgehen, dass die Garantie neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten besteht und die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist.
Grundsätzlich begründet das Gesetz keine neuen Hinweispflichten oder Regelungsbedarf in Ihren AGB. Dies kann anders sein, wenn Sie dort umfangreiche Gewährleistungsregelungen oder Garantiebestimmungen aufgenommen haben. Zudem ist es sinnvoll, wenn Sie die Erwartungshaltung der Verbraucher mitbestimmen, was z.B. Updates angeht. Das kann in Angebotstexten erfolgen oder durch generelle AGB-Regelungen. Natürlich können Aussagen zu Updates nicht einfach vom Händler getroffen werden, sondern bedürfen dann der sorgfältigen Abstimmung mit den Angaben des Herstellers.
Bild: fancycrave1 (Pixabay, Pixabay License)
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