09.02.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans Böckler Stiftung.
Bei der Altersversorgung ist die Kluft zwischen Männern und Frauen in Deutschland noch deutlich größer als bei den Löhnen. In Westdeutschland fällt der so genannte Gender Pension Gap zudem fast doppelt so hoch aus wie im Osten. In Zukunft wird der Abstand zwar schrumpfen. Doch das hat nur zum kleineren Teil mit einer besseren Altersversorgung von Frauen zu tun. Vor allem liegt es daran, dass künftig die durchschnittliche gesetzliche Rente von Männern im Vergleich zu heutigen Rentnern geringer sein wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Eine Forschergruppe des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) um den Ökonomen Dr. Markus Grabka hat dafür geschlechtsspezifische Unterschiede bei der gesetzlichen Rente analysiert. Die Untersuchung basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels und der Rentenversicherung.
Der Studie zufolge erhielten westdeutsche Männer im Ruhestand 2014 monatlich im Schnitt 994 Euro, westdeutsche Frauen 576 Euro und damit 42 Prozent weniger aus der gesetzlichen Rentenkasse. In den neuen Bundesländern, wo die Männer im Schnitt auf 1.057 Euro kommen, betrug die Differenz 239 Euro oder 23 Prozent.
Verantwortlich für den Rückstand der Frauen seien in erster Linie Unterschiede beim sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt, schreiben die DIW-Wissenschaftler. Im Schnitt verdienten Arbeitnehmerinnen deutlich weniger als Arbeitnehmer – unter anderem, weil sie öfter in schlecht bezahlten Berufen tätig sind, seltener in Führungspositionen gelangen und häufiger in Teilzeit arbeiten. Hinzu komme, dass Frauen wesentlich häufiger als Männer ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Infolgedessen übertreffe der Gender Pension Gap deutlich den Gender Pay Gap, der zuletzt deutschlandweit bei 21 Prozent (West 23 Prozent, Ost 8 Prozent) lag.
Die Unterschiede sind in den ärmeren Einkommensschichten besonders stark ausgeprägt: Bei Westdeutschen der Jahrgänge 1936 bis 1945 variiert die geschlechtsspezifische Differenz bei der Rente zwischen 40 Prozent im Zehntel mit dem höchsten Rentenanspruch und 75 Prozent im Zehntel mit der niedrigsten Rente. Nach Ansicht der Autoren dürfte das mit den vielen teilzeitbeschäftigten und nicht erwerbstätigen Frauen in der unteren Hälfte der Verteilung zusammenhängen.
Im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte ist der Gender Pension Gap langsam kleiner geworden. Das zeigt ein Blick auf Neurentnerinnen und Neurentner: 1995 lag der Abstand zwischen westdeutschen Männern und Frauen, die erstmals eine Rente der GRV bezogen, noch bei 48 Prozent. 2014 waren es 39 Prozent. Im Osten, wo die Differenzen durchgehend kleiner sind, ging die geschlechtsspezifische Lücke von 33 auf 10 Prozent zurück. Als maßgeblichen Grund nennen die Ökonomen die gestiegene Frauenerwerbstätigkeit, eine zunehmend bessere Ausbildung von Frauen und einen wenn auch langsam sinkenden Gender Pay Gap.
In Zukunft wird aber noch ein anderer Faktor bei der Angleichung an Gewicht gewinnen: sinkende Rentenansprüche bei Männern. Mithilfe eines Simulationsmodells haben die Experten auch berechnet, was heute Berufstätigen im Alter finanziell blüht. Männern in Ost und West, die zwischen 1966 und 1970 geboren wurden, drohen demnach geringere Alterseinkommen im Vergleich zu heute bereits Verrenteten. Ihre gesetzlichen Rentenansprüche im Alter von 65 Jahren werden nach den Berechnungen im Westen um monatlich rund 170 Euro niedriger liegen als bei Männern der Geburtsjahrgänge 1936 bis 1945. Im Osten dürfte der Rückgang sogar 220 Euro betragen. Die Gründe: häufigere Erwerbsunterbrechungen, längere Ausbildung, mehr Teilzeit. Bei den westdeutschen Frauen wird die zunehmende Erwerbsbeteiligung zu etwas höheren durchschnittlichen Rentenansprüchen führen, während es im Osten, wo die weibliche Erwerbsbeteiligung bereits zu DDR-Zeiten relativ hoch war, kaum Veränderungen gibt. Gesamtdeutsch dürfte der Gender Pension Gap bei den Jahrgängen 1966 bis 1970 im Vergleich zu den 1936 bis 1945 Geborenen 15 Prozentpunkte geringer ausfallen.
Um die eigenständige Altersversorgung von Frauen weiter zu stärken, empfehlen die Forscher den Ausbau einer unterstützenden Infrastruktur für Familien. Dies würde es vor allem Frauen ermöglichen, ihre Arbeitszeit auch mit Sorgeverpflichtung aufrecht zu erhalten und Erwerbsunterbrechungen zu begrenzen. Darüber hinaus gelte es, alle Säulen der Alterssicherung im Auge zu behalten. Die gesetzliche Rente, die bei Frauen der Jahrgänge 1966 bis 1970 im Schnitt bei knapp über 700 Euro liegen wird, dürfte allein kaum vor Altersarmut schützen. Schon gar nicht, wenn das Rentenniveau künftig deutlich sinken sollte. Allerdings gebe es bislang auch bei der betrieblichen Altersvorsorge einen Gender Pension Gap, so die Forscher.
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