24.04.2018 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 18.10.2012, VI R 64/11 und vom 10.04.14, VI R 62/11) liegt ein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil jedoch immer nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer ein Entgelt für eine Leistung erhält, die er im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt.
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Dabei muss das Entgelt eine „Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber“ darstellen und ein konkreter, unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegen. Es muss ein konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorteilsgewährung durch den Arbeitgeber und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bestehen. Im Gegensatz dazu liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers durch das eigenwirtschaftliche Interesse eines Dritten überlagert wird. Die Finanzverwaltung hat sich mit BMF-Schreiben vom 20.01.15 dieser Rechtsprechung angeschlossen.
Dennoch sorgt diese Problematik in der Praxis immer noch für großes Kopfzerbrechen. Schwierig sind insbesondere Abgrenzungsfragen zwischen Arbeitslohncharakter einerseits und evtl. eigenwirtschaftlichen Gründen des Dritten andererseits. Die Finanzverwaltung geht regelmäßig von Arbeitslohncharakter der gewährten Vergünstigungen aus, wenn es sich bei dem Dritten nicht um einen echten Dritten handelt, z.B. wenn enge Beziehungen sonstiger Art zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten bestehen.
Das Finanzgericht Hamburg hat mit Urteil vom 29.11.17, 1 K 111/16 klargestellt, dass Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, nur dann Arbeitslohn sind, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass mit dem Preisnachlass die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung final entgolten werden soll.
Im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 20.01.15) begründen „enge Beziehungen sonstiger Art“ zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber allein den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht.
Steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der Dritte den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt.
Im hier streitigen Sachverhalt erhielten alle Arbeitnehmer einer Firmengruppe einschließlich der beurlaubten, pensionierten und sich in Elternzeit befindlichen Mitarbeiter, auf alle Käufe aus dem eigenen Warensortiment einen Rabatt in Höhe von 15% auf den Katalog- bzw. Onlinepreis. Der Kaufpreis wurde im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers einbehalten und dem Lieferanten gutgeschrieben. Eine schriftliche Vereinbarung über die Rabattgewährung wurde nicht geschlossen.
Im Rahmen einer Anrufungsauskunft nach § 42e EStG teilte das Finanzamt dem Arbeitgeber mit, dass es sich bei den Preisnachlässen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt. Das Finanzamt begründete seine Rechtsauffassung damit, dass der Arbeitgeber durch seine Inkassotätigkeit aktiv an der Rabattgewährung mitwirkt, und darüber hinaus eine „enge Beziehung sonstiger Art“ zwischen dem Arbeitgeber und den anderen Unternehmen der Firmengruppe bestünde. Die Unternehmen seien nach Auffassung des Finanzamtes aufgrund enger familiärer Bindungen der Halbbrüder stark miteinander verflochten.
Mit dieser Rechtsauffassung war der Arbeitgeber nicht einverstanden. Hinsichtlich der Rabatte handele es sich um einen üblichen Mengenrabatt, den die Firmengruppe nicht nur den begünstigten Arbeitnehmern, sondern auch Sammelbestellern gewähre. Die familiären Verflechtungen und die Verbundenheit der Halbgeschwister seien nicht ursächlich für die Rabattgewährung. Ausschlaggebender Grund für die Rabattgewährung sei vielmehr ein eigenwirtschaftliches Interesse der Firmengruppe, die die Arbeitnehmer mit einem Umsatz von jährlich rund 1 Mio. Euro als kaufkräftigen, sicheren und einfach zu erreichenden Kundenkreis binden wollte.
Weil die Rabattgewährung keine Gegenleistung für die Arbeitskraft der Arbeitnehmer darstellt, handelt es sich nach Auffassung des Arbeitgebers entsprechend nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Das Finanzgericht folgte der Rechtsauffassung des Arbeitgebers. Hinsichtlich der Inkassotätigkeit des Arbeitgebers liegt zwar zweifelsfrei eine echte Mitwirkung durch den Arbeitgeber vor. Gleichwohl reicht eine bloße Mitwirkung an der Vorteilsgewährung durch den Dritten nicht aus, um den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zwischen der Rabattgewährung und Arbeitsleistung der Arbeitnehmer und damit den Arbeitslohncharakter der Zuwendung zu begründen. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Inkassotätigkeit des Arbeitgebers in Zeiten der Automatisierung von untergeordneter Bedeutung. Weitere Umstände, die dafür sprechen könnten, in dem Rabatt eine finale Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer zu sehen, konnte das Gericht nicht erkennen.
Daher handelt es sich im hier streitigen Sachverhalt bei der Rabattgewährung der Firmengruppe nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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