19.09.2018 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Mit Urteil vom 06.06.18, VI R 32/16 hat der Bundesfinanzhof die bisherige ständige Rechtsprechung bestätigt und den ortsüblichen Endpreis am Abgabeort, also den üblichen Endpreis im Sinne von § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG, als Endverbraucherpreis und damit als den im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlten günstigsten Einzelhandelspreis am Markt definiert.
Die Digitalisierung im Arbeitsrecht
Ursächlich für diese Klarstellung durch den Bundesfinanzhof war eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Finanzamt und einem Arbeitgeber in Zusammenhang mit der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze und der Streitfrage, wie Versandkosten- und Handlingspauschalen lohnsteuerlich zu behandeln sind, die in Zusammenhang mit der Gewährung von Sachbezügen an Arbeitnehmer entstanden sind.
Im hier streitigen Sachverhalt hatten die Arbeitnehmer Anspruch auf Prämien in Form von Sachbezügen in Höhe von monatlich 44 Euro brutto. Die Arbeitnehmer hatten die Möglichkeit, sich bei einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Lieferanten Sachprämien auszusuchen (z.B. Unterhaltungselektronik, Werkzeuge, Kosmetik, Bekleidung, Lebensmittel, Haushaltsgeräte, etc.). Der Lieferant lieferte die Prämien direkt an die Privatanschrift des Arbeitnehmers. Der Lieferant stellte dem Arbeitgeber die Kosten für die Sachprämie zuzüglich einer Versand- und Handlingkostenpauschale in Höhe von jeweils 7,14 Euro in Rechnung.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung monierte das Finanzamt, dass bei der Bewertung der geldwerten Vorteile die Versand- und Handlingkostenpauschale nicht in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen worden sind. Das Finanzamt stellte fest, dass die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro bei Einbeziehung der Versand- und Handlingkostenpauschalen regelmäßig überschritten war. Daher handelt es sich in vollem Umfang um Arbeitslohn, der der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist.
Der Bundesfinanzhof bestätigte mit Urteil vom 06.06.18 – siehe oben – grundsätzlich die Rechtsauffassung des Finanzgerichts aus der Vorinstanz und stellte klar, dass Fracht-, Liefer- und Versandkosten zwar nicht zum ortsüblichen Endpreis am Abgabeort der Ware im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG gehören, weil es sich nicht um eine Gegenleistung des Letztverbrauchers für diese Ware handelt. Diese Kosten sind daher isoliert zu betrachten, aber gleichwohl in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage für Sachbezüge miteinzubeziehen. Wenn der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers versendet, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Die Kosten des Arbeitgebers hierfür erhöhen isoliert betrachtet nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts. Es liegt jedoch ein zusätzlicher Sachbezug vor, der nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG gesondert zu bewerten ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers fehlen kann, wenn der Arbeitnehmer für die Zusatzleistung selbst nichts hätte aufwenden müssen, wie es z.B. bei einer versandkostenfreien Lieferung der Fall ist.
Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis im Sinne von § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung frei Haus bei der Berechnung der Freigrenze von 44 Euro zum Warenwert hinzu.
Im hier vorliegenden Sachverhalt konnte die Streitfrage, ob die Sachbezugsfreigrenze tatsächlich überschritten war, nicht geklärt werden, weil nicht erkennbar ist, ob die Bemessungsgrundlage zutreffend ermittelt worden ist und ob die streitigen Sachbezüge mit dem Endpreis im Sinne von § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG und damit mit dem niedrigsten Endverbraucherpreis bewertet worden sind. Daher hat der Bundesfinanzhof diesen Sachverhalt wieder an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Der Bundesfinanzhof hat jedoch unmissverständlich klargestellt, dass die Versand- und Handlingskosten in die Berechnung der monatlichen Sachbezugsfreigrenze miteinzubeziehen sind. Bewertungsmaßstab ist hierbei der übliche Endpreis im Sinne von § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG, also der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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