11.05.2021 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Dem Rechtsstreit lag der Saldo von Kreditkartenzahlungen über 11.825,23 € zugrunde, für die ein Kreditkartenunternehmen Aufwendungsersatz forderte. Im Wege einer Widerklage verlangte der Beklagte, der nicht zahlen wollte, den Widerruf der sog. Einmeldung der Bank bei der Schufa und immateriellen Schadensersatz, die künftige Unterlassung entsprechender Meldungen und das Einwirken der Klägerin auf die Schufa , dass derjenige Zustand im Hinblick auf die Berechnung von Score-Werten wiederhergestellt werden solle, als habe es die Meldung nicht gegeben.
Das Gericht (OLG Naumburg, Urt. v. 10.03.2021 - 5 U 182/20) dazu:
„Die Übermittlung der Daten im Schufa-System ist jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO dieser Vorschrift rechtmäßig. Die Einmeldungen hinsichtlich des Visa-Kreditkartenvertrages erfüllen die Voraussetzungen von § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG. Dem Interesse an der Datenübermittlung stand kein überwiegendes Schutzinteresse auf Seiten des Beklagten gegenüber.“
Das Gericht stützte also die Einmeldung der Negativdaten auf berechtigte Interessen, die im wirtschaftlichen Bereich am Funktionieren eines Sicherheitssystems bestehen, welches in Vorleistungsfällen hilft, Schäden zu vermeiden. Im Urteil heißt es dazu:
„Das grundsätzliche Interesse an der Datenübermittlung ergibt sich aus der Beteiligung der Klägerin an dem S.-Warnsystem der Kreditwirtschaft. Die S. -Einmeldungen dienten dazu, durch Zurverfügungstellung von bonitätsrelevanten Daten über den Beklagten andere Vertragsunternehmen den S. vor wirtschaftlichen Schäden zu schützen. Die Erteilung von zutreffenden Bonitätsauskünften ist für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung. Angaben einer Wirtschaftsauskunftei, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind für das Kreditgewerbe erforderlich und vom Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen. Eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte wird in solchen Fällen in der Regel zu Gunsten einer Zulässigkeit der Bonitätsauskunft ausgehen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2011, VI ZR 120/10, NJW 2011, 2204 Rn. 21, Beck-online).“
Grundsätzlich hätte das Gericht auch eine Einwilligung als Basis nach Art. 6 Abs. 1 a DSGVO heranziehen können. Dies ließen die Richter aber offen, da diese Einwilligung noch nach altem Recht erteilt worden war und hierzu eine komplexere Prüfung der Wirksamkeit notwendig gewesen wäre und es an der nunmehr nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO erforderlichen Belehrung über die Möglichkeit, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, fehlte.
Meldungen dürfen nur bei berechtigtem Interesse erfolgen. Nicht jeder Umstand darf gemeldet werden. Ein berechtigtes Interesse besteht nur hinsichtlich solcher Forderungen, die die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG erfüllen (so auch: LG Lüneburg, Urteil vom 14. Juli 2020, 9 O 145/19, Rn. 31, juris).
Das Gesetz regelt zwar nicht die Übermittlung der Daten, sondern die Verwendung des Score-Wertes. Die Richter des OLG Naumburg sahen jedoch - wie die Kollegen des LG Lüneburg -die (Nicht-)Einhaltung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BSDG als Indiz für die Rechtmäßig- bzw. Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung. Die Information über eine nicht vertragsgemäß abgewickelte fällige Forderung sei in ähnlicher Weise schutzbedürftig wie ein Score-Wert. Bei Score-Werten handelt es sich ebenfalls um sensible Informationen über eine Person, die Auskunft über ihre Zahlungsfähig- bzw. Zahlungswilligkeit geben.
Dies ergebe sich auch aus dem Zweck des § 31 BDSG, der den Wirtschaftsverkehr bei Scoring und Bonitätsauskünften schützen solle. Der Gesetzgeber setze stillschweigend voraus, dass nur Forderungen, die die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG erfüllten, berechtigt übermittelt und für die Ermittlung von Scorewerten verwendet werden dürften.
Die Regelung von § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG verlangt, dass
Alternativ zu d) kann auch die Voraussetzung vorliegen, dass bei Leistungen, die trotz Fälligkeit nicht gezahlt werden, deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Es gibt in der Rechtslehre auch die Ansicht, dass nicht analog § 31 BDSG zu prüfen ist, sondern es wird darauf abgestellt, ob ein sog. Warninteresse besteht. Das soll der Fall sein,
„wenn aus dem Verhalten der betroffenen Person bis zum Zeitpunkt der verspäteten Bezahlung, etwa aus einer bewussten Verzögerungsabsicht oder einer nachlässigen Einstellung gegenüber finanziellen Verpflichtungen, gefolgert werden kann, dass auch künftige Gläubiger nicht unerhebliche Schwierigkeiten haben werden, zu ihrem Geld zu kommen (Krämer, NJW 2018, 347).“
Das OLG Naumburg bejahte sowohl die Voraussetzung des § 31 BDSG als auch das Vorliegen eines Warninteresses, da der Zahlungsanspruch nach der Entscheidung gerechtfertigt war.
Wirtschaftsunternehmen sollten noch einmal die Verfahrensverzeichnisse zu den Bonitätsauskünften und den Negativmeldungen prüfen. Das aktuelle Urteil gibt gut geeignete Grundlagen für eine Überarbeitung und Rechtfertigung der eigenen Verfahren. Es zeigt, dass auch unter Geltung der DSGVO ohne Einwilligung Scoring-Verfahren durchgeführt und diesen zugrundliegende Einmeldungen erfolgen dürfen. Dabei sollten Unternehmen bei ihren Verfahren prüfen, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen insbesondere nach § 31 BDSG beachtet werden und ihre Verfahren ggf. anpassen.
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