16.04.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Nach dem Bundesurlaubsgesetz steht jedem Arbeitnehmer ein Mindesturlaub von 24 Werktagen zu. Dabei geht das Gesetz von einer 6-Tage-Woche aus. Im Fall einer 5-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Mindesturlaub daher umgerechnet 20 Werktage. Die gesetzliche Regelung zum Mindesturlaub knüpft dabei nicht an das Lebensalter des Arbeitnehmers an.
Tatsächlich haben die meisten Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch, der über den gesetzlich vorgesehenen Mindesturlaub von 24 beziehungsweise 20 Werktagen hinausgeht und durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt ist. Zugleich haben ältere Arbeitnehmer nicht selten aufgrund entsprechender tarif- oder arbeitsvertraglicher Regelungen mehr Urlaub als jüngere Arbeitnehmer.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seiner Entscheidung nun damit zu befassen, ob es eine unzulässige Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer darstellt, wenn älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewährt wird.
Geklagt hatte eine Angestellte, die seit 1988 im öffentlichen Dienst arbeitete. Auf ihr Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Anwendung. Nach diesem haben Beschäftigte bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Urlaubstage, bis zum 40. Lebensjahr 29 und danach 30 Urlaubstage. Die Angestellte verlangte für die Jahre 2008 und 2009, in denen sie noch nicht das 40. Lebensjahr überschritten hatte, einen zusätzlichen Urlaubstag. Sie vertrat hierbei die Auffassung, dass die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer eine unzulässige Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer darstelle. Anstelle der 29 Werktage habe sie, wie ihre älteren Kollegen, einen Anspruch auf 30 Urlaubstage gehabt.
Das Bundesarbeitsgericht gab der Angestellten Recht und sprach ihr für die Jahre 2008 und 2009 einen zusätzlichen Urlaubstag zu. Die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer stelle eine unzulässige Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer dar und verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolge nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Es sei nicht davon auszugehen, dass bereits ab dem 30. beziehungsweise 40. Lebensjahr ein gesteigertes Erholungsbedürfnis bestehe. Der Verstoß gegen das Verbot der Alterdiskriminierung kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts dabei nur dadurch beseitigt werden, dass jüngeren Arbeitnehmern genauso viele Urlaubstage wie den älteren Arbeitnehmern gewährt werden; das Bundesarbeitsgericht spricht insoweit von einer „Anpassung nach oben“.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht nur für den öffentlichen Dienst von immenser praktischer Bedeutung. Sowohl Tarifverträge der Privatwirtschaft als auch arbeitsvertragliche Regelungen enthalten nicht selten altersabhängige Staffelungen der Urlaubsdauer und kommen nun ebenso auf den Prüfstand.
Unzulässig dürften dabei nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vor allem die altersabhängigen Staffelungen mit Grenzen bei 30 und 40 Lebensjahren sein.
Ob eine altersabhängige Staffelung zulässig wäre, wenn sie auf das 50. oder 55. Lebensjahr abstellt, oder, ob altersabhängige Staffelungen grundsätzlich unzulässig sein sollen, lässt sich der bislang nur vorliegenden Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts leider nicht entnehmen. Es gilt insoweit, die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts abzuwarten. Bis dahin sollten Arbeitgeber von der Verwendung altersabhängiger Staffelungen Abstand nehmen.Themen
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