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Macht Corona süchtiger?

22.10.2020  — .  Quelle: Kaufmännische Krankenkasse – KKH.

Viele Menschen trinken und rauchen seit der Corona-Krise deutlich mehr als zuvor. Das zeigt eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse.

Darüber hinaus nimmt der exzessive, missbräuchliche Konsum von Alkohol und Tabak seit Jahren zu. So verzeichnet die KKH bei Versicherten, die wegen einer Abhängigkeit, Entzugserscheinungen, eines akuten Rausches oder psychischer Probleme aufgrund sogenannter legaler Drogen ärztlich behandelt wurden, von 2009 auf 2019 einen Anstieg

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  • bei exzessivem Tabakkonsum von fast 79 Prozent,
  • beim Rauschtrinken von fast 37 Prozent.

Von Tabakmissbrauch waren zuletzt mehr als 110.000 und von Alkoholsucht mehr als 28.000 KKH-Versicherte betroffen. Hochgerechnet auf ganz Deutschland sind das etwa 5,2 beziehungsweise 1,3 Millionen Menschen. Da die Daten nur ärztlich diagnostizierte Fälle erfassen, dürfte die Dunkelziffer aber weitaus höher sein.

Umfrage: Ein Viertel trinkt seit Corona häufiger Alkohol

Auch die Umfrage-Ergebnisse sind besorgniserregend: Demnach trinken jeder dritte Mann und rund jede fünfte Frau an mehreren Tagen pro Woche Alkohol, neun Prozent der Männer und fünf Prozent der Frauen teils sogar täglich. Die Corona-Krise hat die Situation noch verschärft: Fast ein Viertel derjenigen, die ohnehin schon mehrmals wöchentlich Wein, Bier, Sekt oder Hochprozentiges konsumieren, geben zu, dies seit der Pandemie häufiger zu tun.

Ähnlich geht es den Rauchern: Jeder neunte regelmäßige Raucher und sogar jeder dritte Gelegenheitsraucher sagen, seit Corona häufiger zur Zigarette zu greifen. Vor allem die Jüngeren gehen mit schlechtem Beispiel voran: Rund jeder dritte 16- bis 29-Jährige raucht seit der Krise mehr. Ganz oben auf der Skala stehen Zigaretten mit 71 Prozent. Jeder Sechste in dieser Altersgruppe raucht außerdem Shisha und jeder zwölfte konsumiert sogar illegale Drogen wie Cannabis, Marihuana oder Haschisch. Und nicht nur das: Jeder Neunte greift im Alltag zu weiteren Suchtmitteln wie Leistungssteigerern in Form von Tabletten oder Energy-Drinks, in der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen sogar jeder Sechste.

Gefahr für Abhängigkeit in Krisenzeiten größer

„Ein gesteigerter Coolness-Faktor sowie Stress und Langeweile zählen zu den häufigsten Gründen, warum gerade junge Menschen trinken und rauchen“, sagt Michael Falkenstein, Experte für Suchtfragen bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Durch den Lockdown während der Corona-Pandemie hätten zum einen die Langeweile und somit offenbar auch der Konsum von Zigaretten, Alkohol und anderen Drogen zugenommen. Zum anderen seien solche Rauschmittel gerade in Krisenzeiten für viele Menschen eine Art Bewältigungsmechanismus, da sie entspannen und beruhigen und vermeintlich Ängste und Sorgen vertreiben, erläutert der Experte. „Die große Gefahr dabei ist, dass aus dem vermehrten Konsum während einer schweren Phase eine Gewohnheit wird und dadurch ein noch höheres Risiko für eine Abhängigkeit entsteht.“ Alarmierend, denn Nikotin- und Alkoholkonsum gehören nicht nur zu den häufigsten vermeidbaren Krankheitsursachen, sondern zählen auch zu den zwei Hauptrisikofaktoren für einen vorzeitigen Tod. Falkenstein gibt gerade mit Blick auf Tabaksüchtige zu bedenken, dass diese nicht nur ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen, sondern auch diejenigen gefährden, die passiv mitrauchen: „Junge Eltern etwa sollten vor allem ihre Kinder schützen und mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie gar nicht erst rauchen oder schnellstmöglichst damit aufhören.“ Das Gleiche gelte natürlich auch in Bezug auf andere Drogen wie Alkohol, betont der Suchtexperte.

Frühe Prävention entscheidend

Die KKH fordert darüber hinaus, rechtzeitig mit der Prävention zu beginnen. „Wir müssen Jugendliche möglichst früh erreichen, am besten schon, bevor sie überhaupt anfangen, Drogen wie Alkohol zu konsumieren“, sagt Falkenstein. Ein wichtiger Baustein für die KKH ist dabei das Projekt „Tom & Lisa“ in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Suchtprävention Villa Schöpflin. Mit dem interaktiven Planspiel werden Schüler der 8. bis 10. Klasse spielerisch über die Gefahren exzessiven Rauschtrinkens aufgeklärt und lernen, wie sie verantwortungsbewusst mit Alkohol umgehen und in Gefahrensituationen reagieren sollen. Entscheidend sei außerdem, die Ursachen für den hohen Alkohol- und Tabakkonsum zu bekämpfen, etwa psychische Erkrankungen wie Depressionen aufgrund von Stress und Einsamkeit. Die Umfrage untermauere diesen Ansatz, denn sie habe gezeigt, dass die Menschen während der psychisch extrem belastenden Corona-Situation noch einmal mehr rauchen und trinken – und das trotz Sanktionen wie Alkoholverboten in der Öffentlichkeit.

Erläuterungen zur Datenanalyse

Der allgemeine Alkohol- und Zigarettenkonsum in Deutschland ist zwar gesunken, jedoch nimmt laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse die Zahl der Betroffenen mit Blick auf den exzessiven Gebrauch stetig zu. Die KKH hat dazu anonymisierte Daten ihrer Versicherten nach ICD-10 (F10 und F17) ausgewertet (inkl. akuter Rausch, schädlicher Gebrauch, Abhängigkeit, Entzugssyndrom, psychotische Störung). Richtwerte für einen risikoarmen Alkohol-Konsum liegen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für gesunde erwachsene Frauen bei einem Standardglas (10 bis 12 Gramm reiner Alkohol) pro Tag. Für gesunde erwachsene Männer gilt die doppelte Menge. Die Übergänge von einem risikoarmen über einen riskanten und schädlichen Alkoholkonsum bis hin zu einer Abhängigkeit sind fließend. Bezüglich Tabak gilt: Es gibt keinen unbedenklichen Gebrauch. Schon bei einer Zigarette pro Tag steigt das Risiko für eine Herzerkrankung und einen Schlaganfall.

Um herauszufinden, welchen Einfluss die Corona-Krise auf den Alkohol- und Tabakkonsum in der Bevölkerung nimmt, hat die KKH außerdem das Marktforschungsinstitut forsa mit einer entsprechenden Umfrage beauftragt. Dazu wurden 1.005 Personen im Alter von 16 bis 69 Jahren im Juli 2020 online repräsentativ befragt. Die KKH Kaufmännische Krankenkasse ist eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen mit rund 1,7 Millionen Versicherten. Nähere Informationen erhalten Sie unter kkh.de/presse/portrait

Bild: Mahrael Boutros (Pexels, Pexels Lizenz)

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