28.05.2021 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Rechtsstreit wurde zwischen zwei Agenturen geführt, die in Deutschland Schönheitsoperationen in die Türkei vermitteln. Es ging dabei typischerweise um Vorher/Nachher Abbildungen, die nach § 11 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz nicht erlaubt sind. Hier mahnte man sich gegenseitig ab.
Die Beklagte hatte die Idee, einen TV Beitrag einer Fernsehreportage, die eine solche Vorher-/Nachher-Gegenüberstellung bei Haartransplantationen enthielt, auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Der Beitrag war auch auf dem Youtube-Kanal der Beklagten abrufbar. Auf ihrem Instagram Auftritt veröffentlichte sie einen Post mit einem Link zur entsprechenden Instagram Seite einer türkischen Klinik, auf der nach dem Vortrag der Klägerin ebenfalls Vorher-/Nachher Abbildungen zu sehen sein sollten.
Sie meinte zu den Angriffen, sie habe den TV-Beitrag nicht ändern dürfen, das Sender-Logo sei auch immer sichtbar und die Vorher-/Nachher Bilder seien erst in Minute 46 von 48 zu sehen.
Die Bilder bei der Klinik, auf die man verlinkt habe, habe man nicht gekannt. Man habe selbst auch den Link nicht gesetzt. Dies sei aufgrund einer Ortsangabe automatisch von Instagram erfolgt. Die Seite sei zudem in türkischer Sprache gehalten und nach türkischem Recht nicht zu beanstanden. Man habe keinen Einfluss auf die Klinik.
Das Landgericht Köln sah in seinem Urteil (LG Köln, Urt. v. 15.04.2021, Az. 81 O 106/20) einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht, wonach für operative plastisch-chirurgische Eingriffe, für die keine medizinische Notwendigkeit besteht, nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden darf.
Das galt zunächst für die Abbildungen in dem Fernsehbericht. Es sei nicht erheblich, ob der Bericht als redaktioneller Beitrag anzusehen sei und deshalb nicht als Werbung zu bezeichnen wäre. Denn die Beklagte habe den Beitrag auf ihrer Webseite eingebunden und als Werbung genutzt. Die redaktionelle Gestaltung verstärke dabei den werblichen Effekt. Wenn die Beklagte die für eine Werbung verbotenen Abbildungen nicht aus dem Beitrag entfernen konnte, hätte sie von der Nutzung absehen müssen.
Auch bei der Verlinkung auf die türkische Klinik sah das Gericht eine Verantwortlichkeit der Agentur gegeben.
„Selbst wenn bei der von der Beklagten gewählten Ortsangabe für die ---- Klinik aufgrund einer Funktion von Instagram ohne Zutun der Beklagten auf die Instagramseite der ---- Klinik verlinkt wird, ist dies im Sinne einer Verlinkung der Beklagten zuzurechnen. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte aktiv den Ort – hier ---- Klinik – ausgesucht haben muss. Erst dann erfolgte die Zuordnung der Instagramseite durch Instagram. Dass diese Funktion der Beklagten bekannt war, ergibt sich unter anderem aus der von der Klägerin vorgelegten Kommunikation (…) wonach die Beklagte auf die Klinikseite verwies. Zudem hat die Beklagte die Verlinkung nach der Abmahnung auch nicht geändert.“
Die Richter des LG Köln verwiesen auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Verantwortung für Links. Grundsätzlich ist bei einem Hyperlink nicht anzunehmen, dass der Linksetzer sich den gesamten Inhalt der Seite, auf die er verlinkt, zu eigen machen will (BGH, GRUR 2016, 209).
Auch im vorliegenden Fall sah das Gericht ein primäres Interesse darin, den Verbrauchern die Möglichkeit zur weiteren Recherche bei der Partnerklinik zu ermöglichen.
Allerdings sah das Gericht eine Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten und verwies dazu ebenfalls auf den BGH. Der sieht dann eine Pflicht zur Prüfung und Abwendung einer Rechtsverletzung, wenn man durch eigenes Verhalten die Gefahr einer Rechtsverletzung erhöht hat. Ein solches Verhalten kann im Setzen eines Links auf den Internetauftritt eines Dritten liegen.
Wer einen Link setzt, der erhöht die Gefahr der Verbreitung rechtswidriger Inhalte. Daher muss ein Linksetzer die Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzen. Die Rechtsprechung nimmt in Konkretisierung dieser Grundsätze eine Prüfpflicht an, soweit man diese zumuten kann. Die Zumutbarkeit richtet sich dann wieder nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Link verwendet wird. Dabei muss man den Zweck der Linksetzung berücksichtigen und die Erkenntnismöglichkeiten.
Selbst wenn eine Prüfpflicht nicht verletzt wurde, kann eine Haftung dann begründet sein, wenn der Linksetzer den Link nicht entfernt, obwohl er z.B. im Rahmen einer Abmahnung Kenntnis von der Rechtsverletzung auf der verlinkten Seite erhält.
Hier war der Link zur Seite eines Geschäftspartners gesetzt worden und er diente dazu, die Leistungen der Agentur zu illustrieren und zu konkretisieren. Zudem ging es dabei um Werbung im Gesundheitsbereich. Deshalb sah das Landgericht Köln Prüfungspflichten der Agentur, die den Link gesetzt hat. Diese Prüfungspflichten seien verletzt worden.
Das ergab sich für die Richter bereits daraus, dass die Beklagte nicht sagen konnte, ob die Bilder bei Linksetzung bereits vorhanden waren. Damit gab es zuvor also keine Prüfung. Zudem war der Link trotz Abmahnung und damit erlangter Kenntnis nicht entfernt worden.
Es gehe auch um deutsches und nicht um türkisches Recht, denn die Beklagte richte sich mit ihrer Werbung an deutsche Verbraucher.
Das Kölner Urteil ist ein gutes Beispiel dafür, wie Gerichte heute mit Linksetzungen umgehen. Gerade wer Links im Rahmen seiner Werbung setzt, unterliegt erhöhten Prüfungspflichten. Es empfiehlt sich, hier via Screenshots eine Verlinkung bzw. Prüfung zu dokumentieren. Allgemeine Links auf das Zeitgeschehen bleiben weiter auch ohne große Prüfung möglich, da es bei den Inhalten meist um allgemein zugängliche Informationen handelt. Hier dominiert dann die Meinungs- und Pressefreiheit die Betrachtung, wobei das natürlich kein absoluter Freibrief ist.
Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)
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