Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Lernen lernen – Theorien und Alltag Teil 2

25.03.2020  — Jasmin Dahler.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein Leben lang lernen, das wird in der Arbeitswelt von einem erwartet. Doch wie lernen wir überhaupt? Eine Frage, die sich schon viele Psychologen und Psychologinnen gestellt haben. Erfahren Sie etwas über verschiedene Theorien und Möglichkeiten, um sich selbst das Lernen zu vereinfachen. Heute geht es weiter mit der Konditionierung.

Sie haben den ersten Teil verpasst? Dann werfen Sie einen Blick auf den VideoCampus.

Anzeige
Corona-Schutzschild-Paket – Liquidität sichern!

Vier steuerliche Maßnahmen, die Ihnen sofort weiterhelfen

  • Das Corona-Schutzschild-Paket im Überblick (Vier-Säulen-Paket)
  • Die steuerlichen Liquiditätshilfen für Unternehmen im Detail
  • Inklusive praktischer Hinweise und Formulierungshilfen

In der letzten Ausgabe haben wir uns mit dem Behaviorismus und der klassischen Konditionierung beschäftigt. Neben einigen wirklich fiesen Experimenten von Psychologen haben Sie viel über Assoziationen gelernt und wie einfach es ist, Tiere und auch Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu bringen.

Das Gesetz des Effekts

Während nun Pavlov mithilfe der klassischen Konditionierung Hunden bei ihrem Speichelfluss zusah, beschäftigte sich Edward L. Thorndike (1989) mit Katzen, die versuchten aus Boxen mit einem Öffnungsmechanismus zu entkommen.

Die Katzen, die der Box entkommen wollten, kämpften zunächst unkontrolliert, um der Situation zu entgehen. Durch eine impulsive Handlung gelang es den Tieren, irgendwann die Tür zu öffnen. Dieser Impuls wurde nun durch die Freude des Erfolgs hervorgehoben. Thorndikes Theorie war nämlich der Ansicht, dass Lernen eine Verbindung zwischen Reizen der Situation und Reaktionen sei. Eine sogenannte Reiz-Reaktions-Verbindung, auch S-R-Verbindung (englisch: stimulus-response connection) genannt.

Oder einfacher ausgedrückt: Die Katzen erfuhren Konsequenzen der eigenen Handlung auf Grundlage von Versuch und Irrtum. Je öfter eine der Katze in der Puzzlebox war, zeigte sie die richtige Handlung, um aus dieser zu entkommen. Die Handlung wurde somit zu einer dominanten Verhaltensweise. Dieses Verhältnis von Verhalten und daraus resultierender Konsequenz nannte Thorndike „Gesetz des Effekts.“ Vermutlich kennen Sie es aus Ihrem Alltag. Sobald eine Reaktion, also eine Handlung, eine für Sie befriedigende Konsequenz zeigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese Handlung vermehrt bei Ihnen auftritt.

B. F. Skinner (siehe Teil 1) war begeistert von Thorndikes Theorie und stellte sogleich ein Experiment auf die Beine. Dafür entwickelte er Methoden zum operanten Konditionieren. Operant Verhalten ist eine Reaktion, die nicht von einem auslösenden Reiz abhängt, sondern von den Auswirkungen dieser Reaktion. Eine operante Reaktion wird übrigens nicht durch einen spezifischen Reiz wie bei der klassischen Konditionierung ausgelöst. Zum Beispiel wäre das wilde Gestikulieren Ihres Arbeitskollegen beim Reden eine operante Reaktion. Die Auftretenswahrscheinlichkeit von bestimmten Verhaltensweisen durch Manipulation wollte Skinner nun erhöhen oder senken. Aber um an dieser Stelle etwas zu kürzen: Wenn ein Kind schreit und dies die gewünschte Zuwendung von den Eltern zu Folge hat, wird das Kind künftig öfter weinen.

In einem Experiment mit Ratten konnte Skinner nun den Effekt von Kontingenzen bei der Verstärkung auf das Verhalten untersuchen.

Positive und negative Verstärker

Unter Kontingenz bei der Verstärkung eines Verhaltens versteht man eine zuverlässige Beziehung zwischen einer Reaktion und den dadurch hervorgerufenen Änderungen in der Umwelt. Erinnern Sie sich noch an den Vogel aus der ersten Ausgabe? Der Vogel hat gelernt, dass ihm durch das Picken auf die Scheibe (die Reaktion) Futter gegeben wird (Veränderung in der Umwelt). Dies ist eine zuverlässige Beziehung, die wiederum zu einer erhöhten Reaktion (schnelleres Picken) führt. Erhöht sich alleine durch das schnellere Picken auch die Menge des Futters, befinden wir uns bereits bei dem Thema Verstärker.

Immer wenn ein Verstärker (ein Stimulus, der kontingent zum Verhalten dargeboten wird) eingesetzt wird, wird die Wahrscheinlichkeit des gewünschten Verhaltens erhöht. Wenn Ihr Kollege zum Beispiel über Ihre Witze lacht, werden Sie geneigt sein, öfter Witze zu erzählen. Das Lachen Ihres Kollegen ist in diesem Fall ein positiver Verstärker. Es gibt aber auch negative Verstärker. Vielleicht haben Sie eine Allergie oder kennen jemanden, der eine hat. Personen mit einer Allergie werden ein bestimmtes Verhalten zeigen, um den Auslöser Ihrer Allergie zu vermeiden. Sowohl die positive als auch die negative Verstärkung erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit der Reaktion, die zuvor erfolgte. Wenn eine Verstärkung über einen längeren Zeitraum ausbleibt und ein Verhalten somit keine vorhersagbare Konsequenz mehr hat, wird die operante Konditionierung wieder gelöscht. Angenommen Ihr Kollege lacht nicht mehr so oft über Ihre Witze, dann werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder weniger Witze erzählen.

Die Bestrafung

Neben der Verstärkung trägt auch die Bestrafung zu der Wahrscheinlichkeit einer Reaktion bei. Dabei wird zwischen positiver und negativer Bestrafung unterschieden. Angenommen Sie bekommen einen Stromschlag, wenn Sie mit nassen Fingern den Föhn in die Steckdose stecken, dann handelt es sich um eine positive Bestrafung. Ihre vorangegangene Reaktion wurde durch den Schmerz bestraft und die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nächstes Mal mit nassen Fingern einen Stecker in die Steckdose stecken, sinkt.

Bei der positiven Bestrafung wird der Situation (in diesem Fall der Schmerz) hinzugefügt. Bei der negativen Bestrafung wird hingegen etwas aus der Situation entfernt. Das Streichen von Taschengeld wäre zum Beispiel eine negative Bestrafung.

Kurz zusammengefasst: Positive und negative Verstärkung erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion, positive und negative Bestrafung senkt die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion.

So helfen Verstärkung und Bestrafung im Alltag

In der Kindererziehung denken Eltern bei fehlerhaftem Verhalten oft an eine mögliche Bestrafung, dabei kann schon die Entfernung einer ungewollten Verstärkung helfen, das Verhalten des Kindes zu beeinflussen. Denken Sie an das weinende Kind. Wenn das Kind gelernt hat, dass es immer Zuneigung bekommt, wenn es weint, dann kann hier eine Änderung der Verstärkung bereits helfen, um das Weinen zu reduzieren. Wenn Eltern vermehrt Zuneigung zeigen, wenn das Kind fröhlich ist, wird dieses lernen, dass Weinen nicht nötig ist, um die gewünschte Zuneigung zu erhalten.

Durch gezielte Verstärkungen und Bestrafungen können wir das Verhalten von Menschen beeinflussen, aber Vorsicht: So einfach wie bei einer Taube oder Katze ist es nicht. Angenommen ein Teenager überzieht seine Ausgehzeit und seine Eltern bestrafen ihn mit zwei Wochen Hausarrest, dann setzen die Eltern zunächst erfolgreich eine positive Bestrafung ein. Wenn jetzt aber der Teenager, um seine Eltern milde zu stimmen und das Strafmaß zu senken, mehr als sonst im Haushalt tut, und auch noch Erfolg damit hat, hat der Teenager zum einen erfolgreich eine Verstärkung auf seine Eltern angewendet und zum anderen haben die Eltern das hilfsbereite Verhalten des Teenagers auch noch negativ verstärkt. Beim nächsten Mal Hausarrest wird der Teenager das gleiche Verhalten an den Tag legen und vielleicht sogar bei mehrmaligen Erfolg die Bestrafung Hausarrest nicht mehr fürchten, weil er gelernt hat, diese zu vermeiden.

Nun kommen wir aber noch zu einem weiteren wichtigen Thema: Was wenn das gewünschte Verhalten nicht gezeigt wird, welches verstärkt werden soll? Dann kann die Shaping Methode angewandt werden. Hierbei werden alle Reaktionen verstärkt, die sich der gewünschten Reaktion schrittweise annähern und schließlich mit ihr übereinstimmen.

1997 wollte ein studentischer Stabhochspringer ein technisches Problem seiner Sprungtechnik korrigieren. Das spezifische Problem des Studenten war, dass er seine Arme, die den Stab hielten, nicht hoch genug über den Kopf reckte, bevor er den Stab zum Absprung ansetzte. Die durchschnittliche Höhe betrug 2,25 Meter, sollte jedoch 2,54 Meter betragen. Er wandte sich an ein Forschungsteam, welches nach dem geschilderten Problem eine Lichtschranke installiert, die unterbrochen wurde, sobald der Springer die gewünschte Handhöhe erreichte. Wenn das passierte, ertönte ein Signalton (konditionierter positiver Verstärker). Zu Anfang lag die gewünschte Höhe bei 2,30 Meter. Als diese Höhe mit 90% Erfolg erreicht wurde, wurde diese auf 2,35 Meter gestellt und immer so weiter, bis schließlich das erstrebte Ziel erreicht wurde. Die Shaping-Procedure konnte mit der allmählichen Annährung ein gewünschtes Verhalten erzeugen und ist wunderbar für den Alltag oder das Berufsleben zu gebrauchen.

Ausblick: Lesen Sie im nächsten Teil etwas über die Biologischen Beschränkungen des Lernens.

Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)

nach oben
FAQ