14.10.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Im Dezember 2014 entschied die 4. Kammer des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 3. Dezember 2014 – 4 Sa 41/14), dass bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem eingesetzten Arbeitnehmer und dem Kunden (Entleiher) zustande kommt. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Verleiher über eine (gültige) Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt. Das Berufen auf die sogenannte Vorratserlaubnis verstoße insoweit gegen Treu und Glauben. Nach der bislang überwiegend vertretenen Auffassung in der Rechtsprechung und in der Literatur wird hingegen kein Arbeitsverhältnis zwischen dem eingesetzten Arbeitnehmer und dem Entleiher begründet, wenn die Vertragspartner eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung bei gleichzeitigem Bestehen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis durchführen.
Der Kläger war vom 1. Juli 2000 bis zum 14. Mai 2014 im Werk der Beklagten tätig. Er hatte in diesem Zeitraum wechselnde Arbeitgeber. Diese gaben stets an, den Kläger im Rahmen eines Werkvertrages bei der Beklagten einzusetzen und verfügten jeweils auch über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Am 6. Dezember 2013 erhob der Kläger Klage auf Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht. Er vertrat dabei die Auffassung, es liege verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor.
Hilfsweise verlangte der Kläger von der Beklagten, ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Nachdem am 20. Mai 2012 zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. und der IG Metall in Kraft getretenen Tarifvertrag Leih- und Zeitarbeit, an den beide Parteien kraft Mitgliedschaft gebunden sind, hat der Entleiher einem Leiharbeitnehmer nach 24 Monaten Überlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Das Verleihunternehmen zog den Kläger am 14. Mai 2014 aus dem Betrieb ab und gewährte ihm ab dem 15. Mai 2014 Urlaub.
Das LAG Baden-Württemberg wies die Klage als unbegründet ab. Selbst wenn verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen habe, sei zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die sogenannte Vorratserlaubnis bei der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung entfalte Legitimationswirkung. Auch unter dem Gesichtspunkt des treuwidrigen Verhaltens folge keine Anwendung der Fiktion des § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG. Schließlich könne der Kläger auch nicht die Abgabe eines Arbeitsvertragsangebots beanspruchen. Denn seit in Kraft treten des Tarifvertrages konnte der Kläger gerade keine 24 monatige Beschäftigungszeit im Betrieb der Beklagten vorweisen. Selbst wenn unterstellt werde, dass die Beklagte die Ablösung des Klägers bewirkt habe, um zu verhindern, dass der Kläger die 24 monatige Beschäftigungszeit zurücklegen könne, müssten hier weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der Beklagten als treuwidrig erscheinen lassen. Dies habe der Kläger nicht dargelegt.
Die 3. Kammer des LAG Baden-Württemberg hat in der vorliegenden Entscheidung die bisher herrschende Auffassung zur Vorratserlaubnis bestätigt. Dem hat sich vor kurzem auch die 6. Kammer des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 7. Mai 2015 – 6 Sa 78/14 und Urteil vom 18. Juni 2015 – 6 Sa 52/14) angeschlossen. Danach entfaltet die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis solange eine Legitimationswirkung, bis sie zurückgenommen wird, unabhängig davon, ob sie vom Erlaubnisinhaber genutzt wird oder nicht. Dennoch besteht bis zu einer Klärung durch das BAG Rechtsunsicherheit. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der von der großen Koalition angekündigten Gesetzesänderung die Legitimationswirkung der Vorratserlaubnis möglicherweise entfällt. Insoweit heißt es im Koalitionsvertrag: „Der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber dürfen auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt sein, als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt.“ Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Vorratserlaubnis zwar (derzeit noch) vor der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher schützt, nicht aber vor den anderen Rechtsfolgen, die sich aus einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ergeben. Hierzu zählen u.a. mögliche Ansprüche der Leiharbeitnehmer auf Equal-Treatment sowie Nachforderungen der Sozialversicherungsträger.
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