14.06.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Was denken junge Menschen über Mitbestimmung? Wissen sie, wozu Betriebsräte gut sind? Und wie wichtig ist ihnen, dass Beschäftigte im Betrieb mitentscheiden dürfen? Diesen Fragen ist Prof. Dr. Werner Nienhüser, Professor für Arbeit, Personal und Organisation an der Universität Duisburg-Essen, nachgegangen. Für seine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie hat er insgesamt 3.203 Personen ab 15 Jahren befragt. Die Antworten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diesem Sample seien deshalb so bedeutsam, weil ihre Einstellungen „die künftige Arbeitswelt prägen werden“, schreibt der Forscher.
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Wenn sie „Mitbestimmung“ hören, verbinden viele junge Leute damit eher allgemeine Begriffe wie Demokratie oder Politik. Die wenigsten denken an die Mitbestimmung am Arbeitsplatz – dies ist lediglich bei fünf Prozent der 15- bis 20-Jährigen der Fall, in der Gruppe der 21- bis 25-Jährigen sind es neun Prozent. Überraschend sei dieser Befund nicht, so der Wissenschaftler. Den Jüngeren, die mehrheitlich Schüler oder Studenten sind, fehlten oft die praktischen Erfahrungen und die persönliche Betroffenheit. Nur wenige hätten bereits in einem Betrieb gearbeitet; auch weil die früher weit verbreitete Ferienarbeit, insbesondere die harte Arbeit am Fließband, seltener wird. Aber auch bei den Auszubildenden verbinden nur acht Prozent mit Mitbestimmung betriebliche Sachverhalte. Offenbar würden in der Berufsausbildung wie auch in Schulen oder den Universitäten kaum Kenntnisse über Mitbestimmung vermittelt.
Danach gefragt, wie gut sie sich mit der Arbeit von Betriebsräten auskennen, antworten 13 Prozent der 15- bis 20-Jährigen, dass sie über gute oder sehr gute Kenntnisse verfügen. Unter den 21- bis 25-Jährigen sagen das immerhin 27 Prozent. Mit steigendem Alter und längerer Berufstätigkeit nimmt das Wissen über Betriebsräte weiter zu: Fast jeder Zweite der über 40-Jährigen gibt an, dass er sich mit dem Thema auskennt.
ln einer Frage herrscht über alle Altersgruppen hinweg Einigkeit: Die große Mehrheit hält Mitbestimmung für eine gute Sache. Um in diesem Punkt besonders valide Antworten zu bekommen, ging das Forscherteam um Nienhüser zweigleisig vor: Neben Antworten auf direkte Fragen erbaten die Forscher auch Assoziationen zu Schlüsselbegriffen der Mitbestimmung, weil diese Einblick in tiefer liegende Einstellungen zum Thema zulassen. Die Befragten konnten spontan Wörter oder kurze Sätze äußern, die ihnen zu den Begriffen „Mitbestimmung der Arbeitnehmer“ und „Betriebsrat" einfielen und dann angeben, ob sie diese positiv, neutral oder negativ meinen. Bezogen auf Mitbestimmung liegt der Anteil positiver Assoziationen unter allen Befragten bei 68 Prozent, auf den Betriebsrat bei 70 Prozent. Unter den Jüngsten beträgt der Anteil sogar 79 Prozent und 70 Prozent.
Hoch liegt mit 67 Prozent auch der Anteil derjenigen, die zustimmen, dass Arbeitnehmer mindestens gleich viel Einfluss haben sollten wie Arbeitgeber. Die große Zustimmung könne damit zusammenhängen, dass Mitbestimmung fest etabliert ist und als selbstverständlich erachtet wird. Nicht nur von „normalen“ Beschäftigten, sondern auch von Führungskräften wird sie laut Nienhüser mehrheitlich kaum in Frage gestellt.
„Die Analyse zeigt erstens, dass Jüngere deutlich weniger über Mitbestimmung wissen als Ältere“, resümiert der Wissenschaftler. „Zweitens sind die lnhalte, die mit Mitbestimmung assoziiert werden, bei Jüngeren eher allgemeiner Natur und weniger konkret auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bezogen. Trotz dieser Unterschiede in den Kognitionen zeigt sich drittens auch bei den Jüngeren ein sehr positives Meinungsbild.“ Unter diesen Voraussetzungen, folgert der Forscher, sei „das Engagement zukünftiger Generationen für die Mitbestimmung höchstwahrscheinlich“. Allerdings müsse das Wissen über Mitsprache am Arbeitsplatz besser vermittelt werden – zum Beispiel indem man jungen Leuten vor Augen führt, dass Mitbestimmung die Wirtschaft demokratischer macht.
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