09.07.2018 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Fußball in den eigenen vier Wänden ist out. Public Viewing ist in, und auch das sog. Company Viewing setzt sich mehr und mehr durch. Ursächlich hierfür ist nicht nur die Tatsache, dass das Spiel, bei dem sich 22 junge, gut gebaute und sehr muskulöse Männer um ein Stück rundes Leder balgen, immer beliebter wird, sondern auch der Wunsch nach einem betrieblichen Gemeinschaftserlebnis, bei dem man gemeinsam mit den Kollegen im Betrieb der jeweils favorisierten Mannschaft hinterherfiebern kann. Viele Arbeitgeber haben dies erkannt und stellen mehr oder minder großzügig nicht nur Arbeitszeit, sondern auch finanzielle Mittel zur Verfügung, um dieses Gemeinschaftserlebnis zu ermöglichen und zu fördern.
Wir möchten Ihnen an dieser Stelle aufzeigen, ob und welche lohnsteuerliche Konsequenzen sich durch das gemeinschaftliche Company Viewing ergeben.
Fraglich ist, ob es sich bei der Übernahme der Aufwendungen für Essen und Trinken bzw. der Übernahme weiterer Kosten (z. B. Fanartikel und Dekoration) im Rahmen einer Fußball-Live-Übertragung im Betrieb um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers oder um lohnsteuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn handelt.
Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen immer dann vor, wenn bei der Übernahme der Kosten nicht der Entlohnungscharakter der Arbeitnehmer im Vordergrund steht, sondern eine gewichtige betriebsfunktionale Zielsetzung. Dabei ist der Entlohnungscharakter entweder gar nicht vorhanden bzw. lediglich von untergeordneter Bedeutung.
Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Übernahme von Bewirtungskosten seiner Arbeitnehmer im Rahmen einer Live-Übertragung eines Fußballspiels liegt hier jedoch zweifelsfrei nicht vor.
Weil es sich nicht um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt, liegt Arbeitslohn in Form von Sachbezügen vor. Der Arbeitgeber muss diesen Arbeitslohn grundsätzlich sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung unterwerfen.
Eine Lohnversteuerung bzw. eine Verbeitragung zur Sozialversicherung können nur dann unterbleiben, wenn eine Steuerbefreiungsvorschrift vorliegt oder wenn die allgemeine Sachbezugsfreigrenze anzuwenden ist. Nach Maßgabe von § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG bleiben Sachbezüge steuerlich außen vor und brauchen nicht der Lohnversteuerung unterworfen zu werden, wenn der Wert der Sachzuwendungen einschließlich Umsatzsteuer 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigt. Gewährt der Arbeitgeber höhere Sachzuwendungen, ist der Gesamtbetrag, also nicht nur der übersteigende Betrag, sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen.
In die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einzubeziehen, die grundsätzlich als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sind. Nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen zu werden brauchen Aufwendungen des Arbeitgebers, die nicht als Arbeitslohn anzusehen sind, z. B. Aufmerksamkeiten.
Aufmerksamkeiten im steuerlichen Sinne sind nach R 19.6 Absatz 1 LStR Sachleistungen des Arbeitgebers, die anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses des Arbeitnehmers gewährt werden. Die Freigrenze für Aufmerksamkeiten beläuft sich auf 60 Euro (einschließlich Umsatzsteuer).
Weil die Fußball-Weltmeisterschaft jedoch kein besonderes persönliches Ereignis der Arbeitnehmer darstellt, handelt es sich bei der Übernahme der Kosten für Company Viewing entsprechend nicht um Aufmerksamkeiten.
Nach Maßgabe von R 19.6 Absatz 2 LStR gehören auch Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, als Aufmerksamkeiten nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Die Freigrenze für Aufmerksamkeiten in Höhe von 60 Euro gilt nicht bei Aufmerksamkeiten im Sinne des Absatzes 2. Das bedeutet, dass auch dann Aufmerksamkeiten und damit kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Getränke und Genussmittel im Werte von mehr als 60 Euro zukommen lässt.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Zuwendungen des Arbeitgebers im Rahmen von Company Viewing – grundsätzlich – unterteilt werden können in
kein Arbeitslohn | Arbeitslohn |
Aufmerksamkeiten | grundsätzlich: steuer- und beitragspflichtig (Ausnahme: Wert unter 44 Euro/Monat) |
z. B. Getränke und Genussmittel | z. B. Speisen und Fanartikel |
keine Begrenzung auf 60 Euro |
Wie nachfolgende Fallstudie aus der lohnsteuerlichen Praxis aufzeigt, ist beim Zusammenspiel von Sachbezugsfreigrenze und der Freigrenze für Aufmerksamkeiten sorgfältig zu differenzieren:
Ein Arbeitgeber beabsichtigt, anlässlich der bevorstehenden Viertelfinal- und Halbfinal-Spiele für seine Arbeitnehmer ein Public-Viewing in den Geschäftsräumen durchzuführen.
In diesem Zusammenhang kauft er bei einem Getränkelieferanten Getränke (Softdrinks, Bier und Wein), die in der Teeküche für die Arbeitnehmer bereitgestellt werden.
Darüber hinaus bestellt er bei einem Party-Service kalte Platten mit Schnittchen, diversen Salaten und Knabbereien.
Der Arbeitgeber würdigt den Sachverhalt lohnsteuerlich wie folgt:
Er ist sich im Klaren darüber, dass es sich nicht um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt, weil das Interesse des Arbeitgebers an der Verbesserung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Arbeitnehmer und der Verbesserung des Betriebsklimas vom Arbeitslohncharakter der Zuwendungen überlagert wird.
Er ordnet die Aufwendungen für die Getränke den Aufmerksamkeiten und die Aufwendungen für die kalte Platten mit Schnittchen, diversen Salaten und Knabbereien den (grundsätzlich) steuerpflichtigen Sachbezügen zu.
Dabei vertritt er die Auffassung, dass es sich bei den spendierten Getränken um Aufmerksamkeiten nach Maßgabe von R 19.6 Absatz 2 LStR handelt. Hinsichtlich der Aufwendungen für die kalten Platten handelt es sich zwar grundsätzlich um Arbeitslohn, der seiner Ansicht nach hier nicht der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist, weil die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro monatlich einschließlich Umsatzsteuer nicht überschritten ist.
Die Lösung des Arbeitgebers würde einer Überprüfung durch das Betriebstättenfinanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung nicht standhalten.
Bei vorliegender Sachverhaltsgestaltung handelt es sich um einen Vorgang, der nicht in zwei unterschiedliche Bestandteile zerlegt werden kann. (Einheitlicher) Anlass für die Bewirtung der Arbeitnehmer ist ein Fussballspiel, welches im Rahmen eines Company Viewings gemeinsam angeschaut werden soll. In diesem Zusammenhang werden die Arbeitnehmer mit Getränken und Schnittchen versorgt.
Es handelt sich um eine einheitliche Bewirtung, die nicht in die Bestandteile Getränke als Aufmerksamkeiten einerseits und Schnittchen als Sachzuwendungen andererseits aufgeteilt werden kann.
Soweit die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro pro Arbeitnehmer nicht überschritten ist, kann eine Lohnversteuerung unterbleiben.
Ist die Sachbezugsfreigrenze hingegen überschritten, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers vollumfänglich der Lohnversteuerung zu unterwerfen. Weil davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht mit den Steuerabzugsbeträgen belasten möchte, kann alternativ eine Pauschalversteuerung nach § 37b EStG mit einem Steuersatz von 30% erfolgen. Bitte beachten Sie, dass sowohl bei einer individuellen Lohnversteuerung als auch bei einer pauschalen Lohnversteuerung nach § 37b EStG eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durchzuführen ist.
Wenn die Bewirtung durch den Arbeitgeber nicht unmittelbar im Betrieb, sondern außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers, z. B. in einem Restaurant oder in einer Kneipe gewährt wird, kommt die Sonderregelung für Aufmerksamkeiten nicht in Betracht. R 19.6 Absatz 2 LStR kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Getränke und Genussmittel den Arbeitnehmern unmittelbar zum Verzehr im Betrieb überlassen werden. Danach sind Getränke und Genussmittel, mit denen die Arbeitnehmer in einem Restaurant oder einer Kneipe bewirtet werden, nicht als Aufmerksamkeiten, sondern als Arbeitslohn anzusehen.
Eine Steuerbefreiung kommt nur dann in Betracht, wenn der Wert der Zuwendungen die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigt.
Möglicherweise kann es sich bei Company Viewing auch um eine Betriebsveranstaltung handeln. Eine Betriebsveranstaltung ist eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene, die gesellschaftlichen Charakter hat.
Voraussetzung für eine Betriebsveranstaltung dem Grunde nach ist, dass diese Veranstaltung allen Teilnehmern offen steht und dass es sich nicht um die Bevorzugung einer bestimmten Arbeitnehmergruppe handelt. Dies ist der Fall, wenn die Teilnahme nur einem bestimmten Kreis von Arbeitnehmern vorbehalten ist, z. B. nur für leitende Angestellte, Außendienstmitarbeiter oder Arbeitnehmer, die sich besonders verdient gemacht haben. Darüber hinaus dürfen nur maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich durchgeführt werden.
Der Höhe nach liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn immer nur dann vor, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers pro Arbeitnehmer den Freibetrag in Höhe von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen.
Werden mehr als zwei Betriebsveranstaltungen jährlich durchgeführt, z. B. Company Viewing, Sommerfest und Weihnachtsfeier, handelt es sich bei der Veranstaltung, bei der die o.g. Voraussetzung nicht vorliegen, um eine unübliche Betriebsveranstaltung und damit um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Arbeitgeber kann nach Maßgabe von § 40 Absatz 2 Nr. 2 EStG eine pauschale Lohnversteuerung mit einem Steuersatz von 25 % durchführen. Eine Verbeitragung zur Sozialversicherung kann aufgrund der Pauschalversteuerung unterbleiben.
Liegen die Voraussetzungen für eine Betriebsveranstaltung vor, handelt es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung und damit um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, die keinen Arbeitslohncharakter hat.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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