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Familienunternehmen fürchten Vertrauensverlust unter Stakeholdern

24.07.2023  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PricewaterhouseCoopers AG.

Etwa die Hälfte der Familienunternehmen in der DACH-Region glaubt, dass Mitarbeitende und Kund:innen ihnen nicht vertrauen. Familienunternehmen vernachlässigen wichtige Zukunftsthemen – nur sechs Prozent haben ESG zur Top-Priorität erklärt.

77 Prozent der deutschsprachigen Familienunternehmen sind 2022 gewachsen, Prognose für 2023 ist deutlich pessimistischer. Familienunternehmen in der DACH-Region fürchten eine Vertrauenskrise – ausgerechnet bei den zwei Stakeholder-Gruppen, von deren Vertrauen sie am stärksten abhängig sind. Besonders hoch ist der „Trust Gap“ bei den Mitarbeitenden: 95 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum sagen, dass sie das Vertrauen dieser Gruppe brauchen, doch lediglich 49 Prozent sind sich dessen sicher. Eine hohe Diskrepanz zeigt sich ebenso bei den Konsument:innen: 96 Prozent der Unternehmen wissen, wie wichtig das Vertrauen dieser Zielgruppe ist, aber nur 54 Prozent glauben, es zu besitzen. Das sind zentrale Ergebnisse des elften Global Family Business Survey unter dem Titel „Transform to build trust“. Für die Studie hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC rund 2.000 Familienunternehmen aus 82 Ländern befragt, darunter 172 aus der DACH-Region (aus Deutschland: 115 Teilnehmende).

Die Vertrauenslücke liegt bei fast 50 Prozent – dieses Ergebnis muss Familienunternehmen aufrütteln, denn gerade sie gelten eigentlich als äußerst vertrauenswürdig im Vergleich zu börsennotierten oder privat geführten Unternehmen. Das belegt jedenfalls das alljährliche Edelman Trust Barometer. Wenn Familienunternehmen Vertrauen wiedergewinnen möchten, müssen sie dringend gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, gerade in Zeiten, in denen viele Organisationen an Vertrauen verlieren. Damit stärken sie auch ihre Profitabilität, denn Glaubwürdigkeit ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

– Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Top-Ziele: Kundenzufriedenheit und Mitarbeitergewinnung

Offenbar sehen die Unternehmen durchaus den Handlungsbedarf: Sie haben die Kundenzufriedenheit und die Gewinnung sowie Bindung von Talenten zu ihren Top-Zielen erklärt – noch vor der langfristigen Wertgenerierung für Gesellschafter:innen oder der kurzfristigen Gewinnmaximierung. Doch die Unternehmen ziehen nicht die richtigen Schlussfolgerungen, um diese Ziele auch zu erreichen.

Die Erwartungen von Kund:innen und Mitarbeiter:innen haben sich enorm verändert. Diesem gesellschaftlichen Wandel müssen Familienunternehmen sich dringend stellen, ansonsten werden sie weiter an Vertrauen verlieren.

– Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Unternehmen vernachlässigen wichtige Zukunftsthemen wie ESG

Gerade bei den wichtigsten Zukunftsthemen haben Familienunternehmen in der DACH-Region großen Nachholbedarf. Insbesondere die Schwerpunkte Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung gewinnen unter den Stakeholdern – vor allem unter den jüngeren Konsument:innen und Mitarbeitenden – an Bedeutung, haben in den Unternehmen aber noch nicht die nötige Priorität. Das Thema ESG (Environmental Social Governance) haben lediglich sechs Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum zur Top-Priorität erklärt, während es weltweit immerhin zehn Prozent sind. Dazu passt auch, dass nur 14 Prozent der Befragten im DACH-Raum über eine klare ESG-Strategie verfügen. Dieses Ergebnis ist umso überraschender, als 66 Prozent der DACH-Familienunternehmen davon überzeugt sind, dass sie bei ESG-Themen eine Vorreiterrolle einnehmen können.

Familienunternehmen müssen stärker Stellung beziehen

Um das Vertrauen ihrer Kunden wie Mitarbeitenden zu stärken, sollten sich die Unternehmen stärker auf Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung konzentrieren und ihre Aktivitäten offensiver nach außen kommunizieren. Auch bei wichtigen gesellschaftlichen Themen sind die Unternehmen zu zurückhaltend: Lediglich 15 Prozent beziehen öffentlich Stellung.

Den Grundsatz ,Tue Gutes und rede darüber‘ haben Familienunternehmen noch immer nicht verinnerlicht. Von Unternehmern wird mittlerweile auch erwartet, sich zu gesellschaftlich wichtigen Themen klar zu positionieren. Und zwar offensiv. So leisten sie ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirken dem Verlust von Glaubwürdigkeit entgegen, der momentan auch andere Institutionen wie die Politik betrifft. Das ist aus meiner Sicht der Weg aus der Vertrauenskrise. Hidden war gestern.

– Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Drei Viertel verzeichnen ein Wachstum für 2022

Aus wirtschaftlicher Sicht blicken die Unternehmen durchaus zufrieden auf das vergangene Geschäftsjahr: 77 Prozent der Familienunternehmen in der DACH-Region können ein Wachstum verzeichnen – davon 39 Prozent sogar im zweistelligen Bereich – und liegen damit über dem globalen Schnitt (71 Prozent). Besonders erfolgreich waren die deutschen Familienunternehmen, von denen 81 Prozent gewachsen sind.

Der Blick in die Zukunft fällt allerdings spürbar pessimistischer aus. Für die kommenden zwei Jahre rechnen nur noch 66 Prozent mit einem Wachstum und 33 Prozent mit einer Konsolidierung.

Nach meiner Einschätzung haben die Unternehmen im vergangenen Jahr noch von gut gefüllten Auftragsbüchern und der stabileren Konjunkturlage profitiert. Außerdem hat sich bemerkbar gemacht, dass viele Wirtschaftszweige wie Tourismus und Handel nach dem Ausklingen der Pandemie wieder angelaufen sind. Die Perspektiven für die weitere wirtschaftliche Entwicklung fallen dagegen mit der Gefahr einer globalen Rezession deutlich zurückhaltender aus.

– Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Bei der Digitalisierung hinkt Deutschland weiter hinterher

Um ihre Perspektiven zu verbessern, setzen die DACH-Unternehmen in erster Linie auf den Ausbau ihrer digitalen Fähigkeiten, wie 62 Prozent bestätigen. Weltweit hat das nur für 44 Prozent der Familienunternehmen höchste Priorität. Denn Familienunternehmen haben noch immer Nachholbedarf in puncto Digitalisierung. Das gilt insbesondere für Deutschland – hier attestieren sich nur 40 Prozent der befragten Unternehmen starke digitale Fähigkeiten.

Familienunternehmen, die innovativ und wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen die Transformation jetzt schaffen. Und damit eine solche Transformation erfolgreich ist, braucht es eine konsequent digitale und zugleich nachhaltige Ausrichtung. Vertrauen kann nur entstehen, wenn Unternehmen beides beherrschen und in Beziehung setzen.

– Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Lesen Sie dazu: Family Business Survey 2023

Bild: Lukas (Pexels, Pexels Lizenz)

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