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Erbbaurecht

16.08.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Zahlungen wegen der Ablösung eines Erbbaurechts als Anschaffungskosten oder als sofort abziehbare Werbungskosten

Die Kläger erzielen gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen. Dazu gehört insbe-sondere der Grundbesitz A-Straße/B-Straße in C, der mit Erbbaurechten belastet ist. Mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 2005 vereinbarten die Kläger und die damaligen Erbbauberechtigten der zu diesem Zeitpunkt unbebauten Grundstücke die Aufhebung des am 31. Dezember 2057 endenden Erbbaurechts gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 70.000 €. Mit notariellem Vertrag vom selben Tage haben die Kläger einer Immobilien-Projektentwicklungsgesellschaft (jeweils selbständige) Erbbaurechte an dem zuvor genannten Grundbesitz und weiterem zu erwerbenden Grundbesitz zur Errichtung von Doppelhäusern und Rei-heneigenheimen bestellt. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 machten die Kläger, unter Ansatz der Abfindung, einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 53.000 € für das unbebaute Grundstück geltend. Das FA stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ohne Berücksichtigung der Abstandszahlung als Werbungskosten fest, da es sich um Anschaffungskosten auf den Grund und Boden handle. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG hat mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1782 veröffentlichten Urteil der Klage stattgegeben und entschieden, das FA habe die Abfindungszahlung zur Aufhebung des Erbbaurechts in Höhe von 70.000 € zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Die Kläger hätten die Zahlung zur Ablö-sung des Erbbaurechts als dinglichem Recht nicht erbracht, um die Beschränkung ihrer Eigentümerbefugnisse zu beseitigen, sondern um den Erbbauberechtigten austauschen und auf diese Weise höhere Erbbauzinsen erlangen zu können.

Die vom FA eingelegte Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 26.1.2011, IX R 24/10). Zu Recht hat das FG die streitbefangene Abfindung als sofort abzugsfähige Werbungskosten behandelt.

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Ein-kunftsart veranlassten Aufwendungen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Solche Aufwendungen sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 HGB. Anschaffungskosten, zu denen auch die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers gehört, sind nach § 255 Abs. 1 HGB diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Erwerben bedeutet das Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die eigene wirt-schaftliche Verfügungsmacht.

In diesem Sinne angeschafft wird ein Grundstück regelmäßig auch dann, wenn der Eigentümer eines Grundstücks das daran bestehende dingliche Nutzungsrecht eines Dritten wie z.B. ein Erbbaurecht, einen Vermächtnisnießbrauch oder ein Wohnungsrecht ablöst, um die insoweit bestehende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnis zu beseitigen. Andererseits zählen Aufwendungen eines erbbauverpflichteten Grundstückseigentümers zur Ablösung des Erbbaurechts zu den Herstellungskosten des anschließend auf dem Grundstück nach dem Abriss der vorhandenen Bebauung neu errichteten Gebäudes. Zahlungen an die bisherigen Erbbauberechtigten zur Ablösung ihres Erbbaurechts führen hingegen zu sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn die Abstandszahlungen dem Ab-schluss eines neuen Erbbauvertrags mit höheren Erbbauzinsen dienen. Insoweit begründet die Grundstücksnutzung nach der Ablösung des Erbbaurechts den wirtschaftlichen Zusammenhang der Ablöseaufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und überlagert den dinglichen Bezug.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der streitbefangenen Abfindungszahlung um Werbungskosten im Rahmen der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Udo Cremer Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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