04.04.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: SIGNUM Consulting GmbH.
Wie viele der Angaben in Bewerbungen, die bei den Personalabteilungen eingehen nicht der Wahrheit entsprechen, lässt sich nur schätzen – Experten gehen von einer Quote von bis zu 50% aus. Nicht immer hat ein „aufgehübschter“ Lebenslauf Nachteile für das einstellende Unternehmen. Wird jedoch bei Top-Qualifikationen und angeblichen Führungs-Qualitäten gelogen, kann es teuer werden. Eine Methode, die bei der Auswahl der geeigneten Kandidaten im Vorfeld helfen soll, ist das sogenannte Pre-Employment Screening (PES) mit einer tiefgehenden Überprüfung der wichtigsten Angaben, wie etwa Studien-Abschlüsse. Obwohl in den USA schon längst gang und gäbe, zeigen sich deutsche Unternehmen noch zögerlich gegenüber diesem Verfahren.
Der Kampf um die Stelle ist für Bewerber härter geworden und es ist leicht, bei den allgemein üblichen Online-Bewerbungen durch ein Raster zu fallen, etwa wenn ein gefordertes Kriterium so nicht bejaht werden kann. Deshalb kann es durchaus legitim sein, seine Bewerbung zu „stylen“, um den gewünschten Suchkriterien zu entsprechen.
Doch wo ist die Grenze zwischen einer gut dargestellten Bewerbung, Schönfärberei und Betrug? Heutige Lebensläufe sind mit unterschiedlichsten Berufsstationen im Inland und Ausland gespickt, darunter Auslandssemestern, verschiedenen Praktika, Traineeprogrammen, danach Promotionen oder beruflichen Stufenleitern. Wie lassen sich diese Unterlagen bewerten? Wie sind eingescannte oder digitalisierte Dokumente, Formulare, Stempel und Siegel auf Echtheit prüfbar?
Ein Generalverdacht gegen alle Bewerber ist zwar unbegründet, denn die Mehrheit der Stellensuchenden zeigt sich ehrlich. Andererseits sollten Unternehmen legale Prüfungsmechanismen nutzen und das Auswahlverfahren den internationalen Trends anpassen.
Ein Grund ist, dass Bewerbungsüberprüfungen auch eine Haftungsrelevanz haben. Nach BGB § 831 (Haftung für den Verrichtungsgehilfen) Abs. 1 Satz 2 kann sich ein Unternehmen der Haftung entziehen, „ ...wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person ... bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet.“ Das heißt unter anderem, dass er eine sorgfältige Prüfung der Bewerbungsunterlagen vorgenommen hat.
In den USA wird von bis zu 45% „Abweichungen“ ausgegangen. Betroffen sind vor allem angegebene Beschäftigungszeiten und falsche Tätigkeitsbezeichnungen. Auch Urkundenfälschungen zu Studienabschlüssen werden entdeckt.
Eine eigene, interne Statistik ergab, dass jede vierte untersuchte Bewerbung „fehlerhaft“ ist. Hier zwei Beispiele:
Kommt es so oder ähnlich zu Fehlbesetzungen, kostet die Korrektur Zeit und Geld und endet vielfach in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Präventive Maßnahmen sind deshalb sinnvoll, denn erfahrungsgemäß sind erschlichene Einstellungen auch ein Nährboden für kriminelle Folgehandlungen im Unternehmen.
Unterschätzt werden beispielsweise, vor allem bei Bewerbern mit internationalem Background, unterschiedliche Mentalitäten – so etwa die verschiedene Auslegung von Berufserfahrungen und Qualifikationen oder auch falsche Interpretationen von Titeln oder Positionen. Zu beachten ist auch, dass der Drang der Bewerber eine Stelle in einem renommierten Unternehmen zu bekommen, leicht zu Übertreibungen und Manipulationen der Unterlagen führt. Hier, aber auch bei anderen wichtigen Stellenbesetzungen sollten Bewerberdaten daher strikteren Kontrollverfahren, wie sie Pre-Employment Screenings (PES) darstellen, unterzogen werden. Wichtig dabei ist aber, die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers sowie die Datenschutzbestimmungen mit den Interessen und Risiken des Unternehmens in Einklang zu bringen.
Die insbesondere durch Sicherheitsabteilungen für bestimmte Positionen durchgeführten „Background Checks“ haben mit einem PES wenig gemein, da sie vielfach ohne schriftliche Einwilligung und in Unkenntnis des Bewerbers durchgeführt werden. PES soll dagegen vor allem bei der „breiten Masse“ der Bewerbungen helfen, Transparenz zu schaffen.
PES ist eine unterstützende Maßnahme für die Personalabteilungen, um die Eignung der Bewerber zu überprüfen und die richtige Auswahl zu treffen. Sie wird von deutschen Unternehmen allerdings noch nicht allzu oft angewandt. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Teilweise wird das Verfahren abgelehnt, weil die Datenschutz-Rechtslage und das Vorgehen unklar erscheinen. Mitunter gibt es eine strikte, aber unbegründete Ablehnung durch den Betriebsrat. Hinzu kommt, dass es keine gesetzliche Vorgabe für Referenzüberprüfungen gibt. Es gibt aber auch keine Gesetze, die dies verbieten. HR-Abteilungen sind für die Methode zwar oft aufgeschlossen – doch gerade in mittleren Unternehmen meist weder personell noch logistisch auf die dabei erforderlichen Überprüfungen vorbereitet.
Beachtenswert ist bei Einsatz von PES-Verfahren auch das im Betriebsverfassungsgesetz geregelte umfangreiche Mitspracherecht des Betriebsrats. Allerdings sollte auch der Betriebsrat ein Interesse daran haben, dass nur Bewerber einen Arbeitsvertrag erhalten, die die Anforderungen der Stellenausschreibung erfüllen.
Ein PES sollte erfolgen, bevor ein Arbeitsverhältnis begonnen wird. Danach sind diese Überprüfungen nur noch statthaft, wenn ein begründeter Anfangsverdacht einer Straftat besteht oder Überprüfungen im Arbeitsvertrag, etwa bei Übernahme einer neuen Funktion, geregelt sind.
Für ein PES gibt es keine definierte Methode oder Herangehensweise - Recherchen erfordern aber oft ein internationales Netzwerk, um den jeweiligen nationalen Besonderheiten, wie Gesetzgebung, Sprache, Mentalität gerecht zu werden.
Gegenstand eines PES ist immer die Überprüfung der Angaben zu:
Dabei werden nur die für die Stelle relevanten Eigenangaben des Bewerbers auf ihre Richtigkeit verifiziert und dies auch nur bei schriftlicher Einwilligung des Bewerbers. Angaben zum Inhalt ehemaliger Arbeitsverträge sowie Inhalte von Personalakten und Verhaltensweisen am früheren Arbeitsplatz dürfen dagegen nicht überprüft werden. Auch Social Media-Portale wie Facebook, Twitter oder auch YouTube werden nicht geprüft.
Eingeholte Auskünfte beruhen dabei auf guten Willen der Angefragten, denn es besteht in Deutschland keine Verpflichtung, Auskunft zu geben. Erfahrungsgemäß zeigt sich, dass auf Nachfrage durch ein unabhängiges „Screening Unternehmen“ die vorherigen Arbeitgeber eher als bei internen HR-Abteilungen bereit sind, Auskunft zu erteilen. Mit entsprechender Transparenz und Methodik bei den Anfragen kann eine Antwortquote von 90% erzielt werden.Entsprechen gegebene Auskünfte nicht der Wahrheit, entsteht allerdings eine Schadenersatzpflicht, sowohl gegenüber dem Arbeitnehmer als auch dem neuen Arbeitgeber.
Das Vorgehen bei PES sollte sich auf die aktuelle Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), insbesondere auf §§ 4 und 32 (1) stützen und konform mit der Datenschutzgesetzgebung der Europäischen Union gehen. Die 2009 vorgenommene Novellierung des BDSG wurde unter anderem auch deshalb vorgenommen, um eine gesetzliche Basis für die Nutzung von Bewerbungsdaten zu schaffen. Überprüfungen nach dem BDSG § 32 Absatz 1 begründen sich durch die Entscheidungsfindung im Auswahlverfahren.
Nach den bisherigen Erkenntnissen wird das neue, in Arbeit befindliche Datenschutzgesetz den Umgang mit persönlichen Daten, inklusive Bewerberdaten noch präziser regeln. Der Fokus soll dabei besonders auf dem Schutz und der Verwendung personenbezogener Daten im Internet liegen. Die transparente Überprüfung von Bewerberdaten wird weiterhin möglich sein, insofern eine Einwilligung vorliegt. Bei Einsatz von internationalen Partnern gilt das jeweils dort gültige Datenschutzgesetz.
Die Erfahrungen mit PES zeigen, dass die Überprüfung der Bewerbungsdaten nicht nur sinnvoll, sondern aus Sicht der Compliance-Anforderungen auch als Präventivmaßnahme zu verstehen ist, um Schaden von den Unternehmen abzuwenden. Ein PES stellt eine geeignete Möglichkeit dar, die richtige Personalentscheidung im Vorfeld eines Vertragsverhältnisses zu treffen. Denn ist der Arbeitsvertrag zustande gekommen, wird in der Regel keine Überprüfungen mehr möglich sein.
Wie viele der Angaben in Bewerbungen, die bei den Personalabteilungen eingehen nicht der Wahrheit entsprechen, lässt sich nur schätzen – Experten gehen von einer Quote von bis zu 50% aus. Nicht immer hat ein „aufgehübschter“ Lebenslauf Nachteile für das einstellende Unternehmen. Wird jedoch bei Top-Qualifikationen und angeblichen Führungs-Qualitäten gelogen, kann es teuer werden. Eine Methode, die bei der Auswahl der geeigneten Kandidaten im Vorfeld helfen soll, ist das sogenannte Pre-Employment Screening (PES) mit einer tiefgehenden Überprüfung der wichtigsten Angaben, wie etwa Studien-Abschlüsse. Obwohl in den USA schon längst gang und gäbe, zeigen sich deutsche Unternehmen noch zögerlich gegenüber diesem Verfahren.
Der Kampf um die Stelle ist für Bewerber härter geworden und es ist leicht, bei den allgemein üblichen Online-Bewerbungen durch ein Raster zu fallen, etwa wenn ein gefordertes Kriterium so nicht bejaht werden kann. Deshalb kann es durchaus legitim sein, seine Bewerbung zu „stylen“, um den gewünschten Suchkriterien zu entsprechen.