17.12.2019 — Jasmin Dahler. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Digitalisierung ist ein großes Wort, welches noch vielen Personen Angst macht. Doch Unsicherheiten waren an vielen Stellen berechtigt. Die Abhöraffäre um Alexa und Siri löste bei manchen ein großes Unbehagen aus. Auch Putins neues Gesetz für eine stärkere Überwachung des Internets trat Befürchtungen los. Kritiker und Aktivisten fürchten sich durch die starke Überwachung vor einer politischen Zensur im Netz. Kein Wunder, dass auch der Uploadfilter eines der großen Themen des Jahres 2019 war.
Am 26.03.2019 hat das EU-Parlament die umstrittene Reform des Urheberrechts beschlossen. In Artikel 13 enthält diese eine Pflicht für Online-Plattformen zur Filterung aller Inhalte auf mögliche Urheberrechtsverletzungen. Der Antrag über eine Streichung des Artikels 13 wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur fünf Stimmen denkbar knapp abgewiesen. Anstoß für die Reform war ein Vorschlag des damaligen EU-Digitalkommissars Günther Oettinger.
Bereits im ersten Entwurf war das klare Ziel, die Position der Rechteinhaber zu stärken. Auf zeitgemäße Ideen oder Ausnahmeregeln für nicht kommerzielle Verwendung von Inhalten, wie das amerikanische Fair Use, wurde verzichtet.
Aus Sicht der Befürworter soll das neue Gesetz geistiges Eigentum im Internet schützen. Dabei wird in Kauf genommen, dass weite Teile des Internets durch die Filterpflicht Schaden nehmen könnten. Die Filter sind nicht in der Lage, zwischen legitimer und illegaler Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte zu unterscheiden. Zum Beispiel wurde bei Facebook ein Video eines Pianisten gesperrt, weil dieser ein Klavier-Stück von Bach hoch lud. Das Urheberrecht auf die Komposition ist seit 300 Jahren erloschen und das Video wurde von Facebook nur gesperrt, weil Sony Music Global behauptet hatte, die Rechte daran zu besitzen. Auch das Schnurren einer Katze wurde bereits von einem Filter als Urheberrechtsverletzung eingestuft und blockiert.
Dass diese Filter nicht nur störend sein können, sondern auch die Vielfältigkeit und die Meinungsfreiheit des Internets gefährden, zeigte eine Kampagne gegen Sexismus, die aufgrund des Protestsongs gesperrt wurde. Die EU-Staaten haben bis Juni 2021 Zeit, die umstrittene Reform des EU-Urheberrechts in nationales Recht umzusetzen.
Da ein Großteil der CDU für den Uploadfilter gestimmt hat, war diese Entscheidung einer der vielen Kritikpunkte des Rezo-Videos „Die Zerstörung der CDU“ an der Partei. Im Übrigen das erfolgreichste deutsche YouTube-Video in diesem Jahr. Kein Wunder, dass Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer darauffolgenden Aussage, Regeln für Meinungsmache im Internet in Wahlkampfzeiten zu befürworten, ein Eigentor schoss.
Während die Uploadfilter nicht nur unser Berufsleben, sondern auch unser privates Leben beeinflussen, brachte am 14. Mai das EuGH-Urteil zur verpflichtenden umfassenden Arbeitszeiterfassung insbesondere Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen mit einem flexiblen Arbeitszeitmodell ins Grübeln. Viele Praktiker*innen fürchten, die Vertrauensarbeitszeit werde abgeschafft. Arbeitsrechtler*innen sehen dies deutlich entspannter. Denn schon jetzt entbindet die Vertrauensarbeitszeit nicht von der Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit, soweit diese acht Stunden überschreitet. Oder anders gesagt: Die bisherigen Überstunden mussten ja auch irgendwo verzeichnet werden. Vertrauensarbeit hin oder her. Eine Frist zur Umsetzung hat der Europäische Gerichtshof nicht gesetzt, aber die Bundesregierung ist in der Pflicht, die Vorgaben des EuGH gesetzlich umzusetzen. Einen ausführlichen Bericht, wie es dazu kam, finden Sie übrigens hier.
Während die Umsetzung des EuGH-Urteils noch in der Zukunft liegt, steht das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) bereits in den Startlöchern. Es soll insbesondere den Patientenalltag künftig konkret verbessern. So sollen Gesundheits-Apps fürs Handy von der Kasse bezahlt werden, wenn ein Arzt diese einem Patienten verschreibt. Dies betrifft insbesondere Anwendungen, die beim regelmäßigen Einnehmen von Medikamenten helfen, oder digitale Tagebücher für Diabetiker*innen. Damit die Kassen die Kosten tragen, müssen die App-Anbieter*innen innerhalb eines Jahres nachweisen, dass sie eine bessere Versorgung liefern.
Auch die Online-Sprechstunden sollen mehr Aufmerksamkeit erhalten. Mediziner dürfen auf ihrer Website darüber informieren, dass sie Online-Sprechstunden anbieten. Einwilligungen und eine Aufklärung der Patient*innen sollen auch im Rahmen von Videosprechstunden möglich werden und nicht mehr nur persönlich vor Ort oder schriftlich. Auch Prothesen oder Rollstühle sollen künftig online verordnet werden können.
Außerdem soll eine Datenautobahn, die einmal alle Gesundheitsakteure mit hohen Sicherheitsvorkehrungen vernetzen soll, aufgebaut werden. Arztpraxen und Apotheken sind verpflichtet, sich bis September 2020 anzuschließen. Krankenhäuser haben bis Januar 2021 Zeit. Physiotherapeut*innen und Hebammen können sich anschließen, sind jedoch nicht verpflichtet.
Bei den Krankenkassen vorliegende Daten sollen schneller und auch umfangreicher für die Forschung nutzbar werden. Daten jede*r Versicherten unter anderem zu Alter, Geschlecht, Behandlungsleistungen und auch der Wohnort sollen die Kassen in anonymisierter Form an den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen übermitteln. All diese Änderungen haben eins gemeinsam: Wir passen uns dem schnellen Wandel an. Und das gilt nicht nur für das Gesundheitswesen. Zum Beispiel können seit Oktober Besitzer*innen von Autos und Motorrädern die Fahrzeuge übers Internet zulassen. Nervige Wartezeiten bei Zulassungsstellen ade.
Bild: kaboompics (Pixabay, Pixabay License)
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