Fortsetzung der Informationen des Diplom-Finanzwirts Volker Hartmann über die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte. Lesen Sie auch, wie sich die Verschiebung von ELStAM auf Ihre Praxis auswirkt.
Mitteilung der Steueridentifikationsnummer
Die Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die Steueridentifikationsnummer mitzuteilen. Wenn dem Arbeitgeber die Steueridentifikationsnummer nicht vorliegt, kann dieser entsprechend keine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale abrufen. In diesem Fall ist grundsätzlich die Steuerklasse VI zugrundezulegen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer sich weigert, seine Steueridentifikationsnummer mitzuteilen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die Steueridentifikationsnummer seines Arbeitnehmers bei dessen Wohnsitzfinanzamt zu erfragen. Auch eine Online-Abfrage der Steueridentifikationsnummer durch den Arbeitgeber ist nicht möglich. Der Arbeitnehmer kann eine evtl. verlorengegangene Steueridentifikationsnummer bei seinem Wohnsitzfinanzamt bzw. beim Bundeszentralamt für Steuern erfragen.
Wenn dem Arbeitnehmer bislang noch keine Steueridentifikationsnummer zugeteilt worden ist, z.B. weil der Arbeitnehmer nicht in Deutschland gemeldet ist, kann dieser vom Finanzamt eine Ersatzbescheinigung erhalten.
Anmeldung bei der ELStAM-Datenbank
Um am ELStAM-Verfahren teilnehmen zu können, muss der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zunächst bei der ELStAM-Datenbank unter Verwendung des Namens, des Geburtsdatums und der Steueridentifikationsnummer anmelden. Nach erfolgreicher Anmeldung können die ELStAM-Daten abgerufen werden. Wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer endet, muss der Arbeitnehmer entsprechend abgemeldet werden. Eine automatische Abmeldung erfolgt nicht. Nach diesem Zeitpunkt ist der Arbeitgeber nicht mehr befugt, die ELStAM-Daten abzurufen.
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Richtigkeit der abgerufenen Arbeitnehmerdaten zu überprüfen. Soweit die Daten unzutreffend sind, dürfen keine eigenmächtige Korrekturen vorgenommen werden. Unzutreffende Daten dürfen ausschließlich auf Antrag des Arbeitnehmers vom zuständigen Wohnsitzfinanzamt geändert werden.
Hauptarbeitgeber und Nebenarbeitgeber
Die ELStAM-Datenbank unterscheidet zwischen einem Hauptarbeitgeber und - bei einem weiteren Beschäftigungsverhältnis - dem Nebenarbeitgeber. Der Hauptarbeitgeber hat grundsätzlich Zugriff auf alle relevanten Daten und kann daher die jeweilige familiengerechte Steuerklasse zugrunde legen. Der Nebenarbeitgeber hat nur einen beschränkten Datenzugriff und kann für den Lohnsteuerabzug ausschließlich die Lohnsteuerklasse VI zugrunde legen.
Wenn der Arbeitgeber bei einem Arbeitgeberwechsel einen neuen Arbeitnehmer anmeldet, wird dieser automatisch Hauptarbeitgeber, während der bisherige Arbeitgeber als Nebenarbeitgeber eingestuft wird. In diesem Zusammenhang kann die Anmeldung eines neuen Arbeitnehmers auch dann durchgeführt werden, wenn der bisherige Arbeitgeber den Arbeitnehmer noch nicht abgemeldet hat. Die ELStAM-Daten werden ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bereitgestellt. Vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber keine Daten abrufen.
Lohnnachzahlungen
Wenn der bisherige Arbeitgeber nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch Lohnzahlungen leistet, ist zu differenzieren, ob es sich um nachträgliche Zahlungen von laufendem Arbeitslohn oder um sonstige Bezüge handelt.
Handelt es sich um eine Lohnkorrektur für einen abgelaufenen Lohnzahlungszeitraum, sind die Lohnsteuerabzugsmerkmale für diesen Monat zugrundezulegen. Handelt es sich hingegen um nachträglich gewährte sonstige Bezüge, sind die Lohnsteuerabzugsmerkmale des aktuellen Lohnzahlungszeitraums zugrundezulegen.
Beispiel 2:
Das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin Hertha Hortensie wird zum 31.01.2012 beendet. Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmerin entsprechend zu diesem Zeitpunkt bei der ELStAM-Datenbank abgemeldet.
Im März 2012 erfolgt eine Korrektur des laufenden Arbeitslohns, weil bei der Dienstwagenbesteuerung im Januar 2012 ein unzutreffender geldwerter Vorteil zugrunde gelegt wurde. Es handelt sich um die Korrektur von laufendem Arbeitslohn. Entsprechend hat diese Korrektur mit den für den Monat Januar 2012 gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen zu erfolgen.
Im Mai 2012 wird Hertha Hortensie die Tantieme für das Kalenderjahr 2011 ausgezahlt. Es handelt sich um einen sonstigen Bezug. Entsprechend muss die Arbeitslohnnachzahlung mit den für den Zeitpunkt der Auszahlung erfolgenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen erfolgen. Daher muss der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Nachzahlung die aktuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale abrufen. Weil Hortensie seit 01.02.2012 bei Ihrem neuen Arbeitgeber beschäftigt ist, muss der bisherige Arbeitgeber als Nebenarbeitgeber die Steuerklasse VI zugrunde legen.
Probleme beim Datenabruf
Wenn der ELStAM-Datenabruf nicht oder nicht richtig funktioniert oder wenn sich Fragen ergeben, stehen dem Arbeitgeber die Finanzämter sowie die ELSTER-Hotline zur Verfügung.
Verschiebung bei der Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte und ELStAM
Aufgrund von erheblichen Problemen bei der technischen Erprobung des Abrufverfahrens zur Bereitstellung der Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) wird die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, zum 01.01.2012 erfolgen können. Nachdem in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von Steuerbürgern ein Informationsschreiben ihres Finanzamtes mit unrichtigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (z.B. falsche Steuerklassen, fehlerhafte oder fehlende Berücksichtigung von persönlichen Steuerfreibeträgen) erhalten haben, hat die Finanzverwaltung die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte auf unbestimmte Zeit verschoben. Derzeit sind der Bund und die Länder dabei, einen neuen Termin und die weitere Vorgehensweise für die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte abzustimmen.
Auswirkungen für die Lohn- und Gehaltsabrechnung
Damit der Arbeitgeber im kommenden Jahr eine korrekte Lohn- und Gehaltsabrechnung durchführen und Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in zutreffender Höhe an das Betriebsstättenfinanzamt abführen kann, ist er auf die Bereitstellung der zutreffenden Lohnsteuerabzugsmerkmale angewiesen. Weil die für den korrekten Lohnsteuerabzug erforderlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale jedoch nicht bereitgestellt werden können und dadurch keine nachteiligen Auswirkungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entstehen sollen, ist fraglich, welche Maßnahmen der Arbeitgeber ergreifen muss. In jedem Fall steht fest, dass dieses Chaos zu erheblicher Mehrarbeit bei den völlig verunsicherten Arbeitgebern und Arbeitnehmern führt.
Übergangsregelung für 2011
Weil die Gemeinden aufgrund der ursprünglich geplanten Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte zum 01.01.2011 im Herbst 2010 keine Lohnsteuerkarten für das Jahr 2011 verschickt haben, sind die Lohnsteuerkarten 2010 im Rahmen einer Übergangsregelung auch für 2011 gültig. Soweit es bei einer Vielzahl von Arbeitnehmern zu Änderungen bei der Steuerklasse, Kinderfreibeträgen Kirchensteuerzugehörigkeit und persönlichen Freibeträgen gekommen ist, hat die Finanzverwaltung diese Veränderungen auf einem gesonderten Vordruck bescheinigt, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber vorlegen konnte.
Übergangsregelung auch für 2012
Weil für das Jahr 2012 - aus den oben dargestellten Gründen - keine Lohnsteuerabzugsmerkmale auf elektronischen Weg bereitgestellt werden können, werden für den Lohnsteuerabzug 2012 die veralteten Daten aus dem Jahr 2010 zugrunde gelegt werden müssen. Wenn die Lohnsteuerabzugsmerkmale für das Jahr 2012 nach Lösung der technischen Probleme von der Finanzverwaltung bereitgestellt werden, werden viele Arbeitgeber in einer Vielzahl von Fällen Korrekturen bei den Lohn- und Gehaltsabrechnungen 2012 durchführen müssen.
Wie wird es weitergehen mit der Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte und den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen ?
Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.