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Deutsche Konzerne trotzen Schuldenkrise und setzen weiter auf Wachstum

01.11.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst und Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H..

Deutsche Manager bewerten ihre Zukunftsaussichten deutlich optimistischer als die Akteure an den Kapitalmärkten: 41 Prozent setzen auf eine positive Entwicklung der Weltwirtschaft, 46 Prozent auf weiteres Wachstum in Deutschland. Rückgänge prognostizieren nur 16 Prozent für die Welt- bzw. 6 Prozent für die deutsche Wirtschaft. Damit ist der Optimismus in Deutschland so groß wie sonst nur in den Wachstumsländern Brasilien und Indien und China.

Auch die Bereitschaft, durch Übernahmen anderer Firmen zu wachsen, ist in Deutschland überdurchschnittlich hoch – und im Vergleich zum Frühjahr weiter gestiegen. Als Zielland für Auslandsinvestitionen internationaler Unternehmen rangiert Deutschland hinter China, Indien, den USA und Brasilien auf dem fünften Platz im Länderranking.

Eine Eskalation der Schulden- und Finanzkrise könnte die optimistischen Planungen der Unternehmen zwar bremsen. Aber nach der sehr positiven Entwicklung der vergangenen Monate wären gerade die deutschen Unternehmen gut gerüstet für einen Wirtschaftsabschwung infolge der Schuldenkrise und auch für eine eventuelle Kreditklemme. Zu diesen Ergebnissen kommt das fünfte „Capital Confidence Barometer“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Basis der Studie ist eine Umfrage unter 1.100 Entscheidern in Großunternehmen weltweit, davon 85 aus Deutschland. Die Befragung fand im September statt.

Weiteres Gewinn- und Beschäftigungswachstum erwartet

Die deutschen Konzerne wollen weiter neue Mitarbeiter einstellen: 39 Prozent planen, die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen, nur 15 Prozent erwarten einen Rückgang der Beschäftigung. Damit liegen die deutschen Unternehmen im Ranking der großen Wirtschaftsnationen hinter Indien, Brasilien und China auf dem vierten Platz. Und bei den Unternehmensgewinnen erwarten sogar 53 Prozent der deutschen Manager eine positive Entwicklung, nur fünf Prozent prognostizieren sinkende Erträge. In anderen europäischen Ländern blicken die Unternehmen deutlich pessimistischer in die Zukunft. So erwarten in Spanien, Italien und Großbritannien 46, 35 bzw. 33 Prozent der Manager eine rückläufige Gewinnentwicklung, deutlich weniger (13, 14. bzw. 18 Prozent) setzen auf steigende Gewinne.

„Gerade die deutschen Unternehmen stemmen sich mit aller Kraft gegen die Krise“, kommentiert Alexander Kron, Leiter des Bereiches Transaction Advisory Services bei Ernst & Young in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Und die Fakten scheinen ihnen Recht zu geben: Auftragslage und Auslastung sind sehr hoch, ein Einbruch lässt sich aus den vorliegenden Zahlen nicht ablesen. Zudem konnten die deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre weltweite Marktposition verbessern und profitieren nun von dem anhaltenden Aufwärtstrend in den Schwellenländern“, beobachtet Kron. Er gibt allerdings zu bedenken: „Eine Eskalation der Schuldenkrise, die zu einer Bankenkrise geworden ist, würde alle optimistischen Prognosen zu Makulatur werden lassen. Denn die letzte Krise hat gelehrt, dass sich die Realwirtschaft nicht lange von der Finanzwirtschaft abkoppeln kann“.

Kreditversorgung in Gefahr?

Weltweit erwartet jeder dritte Manager eine rückläufige Kreditvergabe durch Banken, nur 24 Prozent erwarten eine Verbesserung der Kreditversorgung. Die deutschen Manager sind auch bei diesem Thema optimistischer gestimmt als ihre ausländischen Kollegen: 36 Prozent setzen auf eine bessere Verfügbarkeit von Fremdkapital, 25 Prozent erwarten eine negative Entwicklung. Die Gefahr einer zunehmend restriktiveren Kreditvergabe sei aber nicht von der Hand zu weisen, so Joachim Spill, Leiter des Bereichs Transaction Advisory Services bei Ernst & Young EMEIA. „Zum einen werden die Banken angesichts der deutlich eingetrübten Konjunkturaussichten sowie des erhöhten Abschreibungsbedarfs auf Staatsanleihen auch in Deutschland bei der Kreditvergabe wieder zurückhaltender und selektiver vorgehen. Zum anderen könnten auch neue Regulierungsbestrebungen – etwa höhere Anforderungen an die Kernkapitalquoten bzw. die diskutierte Rekapitalisierung der Banken – zu einer Verknappung von Krediten führen. Um diese zu erfüllen, müssten die Banken Kapital zuführen, gegebenenfalls durch den Einstieg des Staates, oder alternativ ihr Geschäftsvolumen erheblich reduzieren – mit entsprechenden Folgen für die Kreditversorgung“, betont Spill.

Die Auswirkungen einer vorübergehenden Unterversorgung der Wirtschaft mit Fremdkapital wären nach Spills Ansicht verkraftbar: „Viele Unternehmen haben die gute Entwicklung in den vergangenen Monaten genutzt, um ihre Finanzierungssituation zu optimieren und ihre Bilanzen zu stärken – durch Kostensenkungen und Kostenflexibilisierung, vorsichtiges Cash-Management und die Verlängerung des Schuldenfälligkeitsprofils. Anstehende Investitionen könnten viele Konzerne durchaus auch aus eigener Kraft tätigen“. Und: Nur bei 21 Prozent der deutschen Unternehmen (weltweit: 29 Prozent) müssen in den kommenden zwölf Monaten Kredite refinanziert werden.

M&A Appetit gestiegen – Chinesische Unternehmen kaufen verstärkt im Westen zu

Trotz der dunklen Wolken am Konjunkturhimmel sind die Unternehmen wieder stärker bereit, in Zukäufe zu investieren: Der Anteil der Unternehmen, die innerhalb der kommenden 12 Monate zukaufen wollen, ist von 34 Prozent im April dieses Jahres auf derzeit 44 Prozent gestiegen. „Kleinere und mittlere Zukäufe stehen derzeit im Fokus. Die Kassen der Unternehmen sind gut gefüllt, die Bewertungen erscheinen zurzeit günstig. Es bieten sich derzeit einige attraktive Übernahmeziele.“ Andererseits halten viele Unternehmen angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten lieber ihr Geld zusammen: „Cash ist wieder King. Die Unternehmen scheuen derzeit riskante Engagements, Megadeals werden also vorerst wohl nur wenige über die Bühne gehen und eher von US- als von europäischen Unternehmen ausgehen“. Eine Lösung der Schuldenkrise und eine Beruhigung der Märkte könnte allerdings der Startschuss für eine erhöhte M&A-Aktivität sein, so Kron: „Es fehlt derzeit weder an attraktiven Zielunternehmen noch an kaufwilligen Investoren oder Finanzmitteln. Das was fehlt, ist Vertrauen. Sobald dieses Vertrauen wieder hergestellt ist, werden wir eine Renaissance des Transaktionsmarkts sehen. Die Rahmendaten sind und bleiben gut bis sehr gut“.

Wenn es um Auslandstransaktionen geht, stehen vor allem China und Indien im Fokus der Investoren: 13 Prozent der Unternehmen planen Übernahmen im Reich der Mitte, 11 Prozent wollen in Indien zukaufen. Brasilien und die Vereinigten Staaten werden von jeweils 6 Prozent als Investitionsziele genannt. Deutschland liegt mit 4 Prozent im Ranking der Investitionsziele auf dem fünften Rang.

Bei geplanten Transaktionen stehen Unternehmen aus den entwickelten Industrieländern zunehmend in Konkurrenz zu Käufern aus den BRIC-Staaten: „Gerade bei chinesischen Investoren ist der Übernahmehunger derzeit groß, was nicht zuletzt etliche Transaktionen in Deutschland zeigen“, beobachtet Spill. Der Transaktionsmarkt befindet sich im Wandel, so Spill weiter: „Früher haben Unternehmen aus den Industrieländern in den Schwellenländern zugekauft, um diese Märkte zu erschließen und vor Ort günstige Fertigungskapazitäten zu erwerben. Heute kaufen chinesische Unternehmen hiesige Technologieunternehmen, um an deren Know how zu kommen. Sie entwickeln sich so Stück für Stück zu echten Global Playern“. Auffallend gering ist das Interesse westlicher Investoren am afrikanischen Kontinent – zu unrecht, so Spill: Bei aller Begeisterung für die BRIC-Länder sollten die Unternehmen die Wachstumschancen, die sich in Afrika bieten, nicht außer Acht lassen. Afrika ist definitiv ein Zukunftsmarkt, das haben gerade chinesische Investoren bereits erkannt. Vor allem sie investieren bereits kräftig in Afrika, während sich US- und europäische Unternehmen nach wie vor sehr zurückhalten“.

Download der Studie

Lesen Sie die Ergebnisse der Studie "Capital Confidence Barometer Oktober 2011" (435 KB).

Quelle: Ernst & Young

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