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Der Corona-Boom ist vorbei: Gewinneinbruch in der Gaming-Branche

24.07.2023  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst und Young GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Der Umsatz wächst nur noch leicht. Die Gewinnmarge schrumpft. Die Marktkapitalisierung geht zum Teil deutlich zurück. Deutschland ist einer der größten Spielemärkte der Welt, hiesige Spielehersteller spielen international aber so gut wie keine Rolle.

Während der Pandemiezeit profitierte die Gaming-Branche wirtschaftlich enorm, aber inzwischen ist klar: Der Coronaboom ist zu Ende. Im vergangenen Jahr stiegen die Umsätze der Top-Gaming-Unternehmen weltweit nur noch um knapp fünf Prozent. Im Vorjahr war noch ein Wachstum von 12,5 Prozent erzielt worden, im Pandemie-Jahr 2020 waren die Umsätze sogar um knapp 28 Prozent in die Höhe geschnellt.

Auch die Profitabilität hat gelitten: Nachdem im Jahr 2020 noch eine durchschnittliche Marge von 24,9 Prozent und 2021 immerhin noch 23,5 Prozent erzielt wurden, schrumpfte die Marge im Jahr 2022 auf nur noch 18,1 Prozent – und lag damit unter dem Vor-Pandemie-Niveau von 19,7 Prozent.

Die EY-Studie unterteilt zwischen Plattformanbietern und Spiele-Publishern. Bei den Plattformanbietern liegt Sony im Umsatzranking mit 23,5 Milliarden Euro vor Microsoft (14,8 Milliarden Euro) und Nintendo (12,1 Milliarden Euro). Die größten Stücke des Gaming-Kuchens sichern sich Publisher aus China, den USA und Japan. Tencent führt mit einem Umsatz der Gaming-Sparte von 41 Milliarden Euro mit großem Abstand vor dem ebenfalls chinesischen Spieleentwickler NetEase Games (10,5 Milliarden Euro). Hinter den beiden chinesischen Konzernen liegen mit Activision Blizzard (7,1 Milliarden Euro), Electronic Arts (7 Milliarden Euro) und Take-Two Interactive (4,6 Milliarden Euro) drei Publisher aus den USA.

Europäische Unternehmen spielen im weltweiten Vergleich nur eine untergeordnete Rolle: Vom Gesamtumsatz von mehr als 151 Milliarden Euro, den die Top-26-Gaming-Unternehmen im vergangenen Jahr erwirtschafteten, entfielen gerade einmal 7,5 Milliarden Euro – das sind fünf Prozent – auf Unternehmen mit Sitz in Europa. Deutsche Unternehmen konnten sich nicht im Top-26-Ranking platzieren – nicht zuletzt, weil einige relevante deutsche Unternehmen in den vergangenen Jahren von ausländischen Wettbewerbern aufgekauft wurden.

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 26 umsatzstärksten Unternehmen der Computerspieleindustrie der Welt, die EY Parthenon erstellt. EY Parthenon ist die Strategieberatung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.

Jens Weber, Partner TMT bei EY-Parthenon: „Die Pandemie hatte der Branche einen enormen Wachstumsschub beschert. Derartige Wachstumszahlen wird es aber vorerst nicht mehr geben, die Unternehmen in dieser zuletzt erfolgsverwöhnten Branche müssen sich also auf eine weniger dynamische Entwicklung und einen weiter steigenden Wettbewerbsdruck einstellen – zumal sinkende Margen ein Alarmsignal sind. Die Investoren werden von den Unternehmen verstärkte Profitabilitätsanstrengungen und Kostensenkungen verlangen.“

Im Vergleich mit anderen Branchen sei die Profitabilität der führenden Unternehmen aber weiterhin sehr hoch, betont Weber. Europa müsse sich hier nicht verstecken: Die Marge der europäischen Unternehmen im Ranking lag im vergangenen Jahr im Durchschnitt bei 21,5 Prozent. Die Blockbusterspiele von Publishern wie CD Project aus Polen und Ubisoft aus Frankreich spielen hohe Summen in die Kassen. Beispiele, so Weber, die zeigen, dass es durchaus möglich sei, sich als europäisches Unternehmen auf dem Weltmarkt zu behaupten: „Das Feld ist riesig und geht weit über medienbeherrschende Großproduktionen hinaus. Einen Großteil des Spieleumsatzes erzielen die Hersteller inzwischen mit In-game- und In-app-Käufen, und hier sind auch europäische Unternehmen gut positioniert. Mobile Gaming kann für die Studios sehr lukrativ sein – und sie bei entsprechender Perspektive dadurch auch für Investoren interessanter machen.“

Führende Anbieter kaufen kräftig hinzu

Derzeit ist die Gaming-Branche noch eher fragmentiert – neben den für die EY-Studie analysierten Großunternehmen besetzen zahlreiche kleinere Anbieter teils lukrative Nischen. Der Trend geht aber in Richtung Konsolidierung, Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse prägen die Branche. So schlägt derzeit eine der teuersten Übernahmen in der Gaming-Geschichte – die Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft – hohe Wellen. Im Jahr 2022 wurden allein von den Top-26-Unternehmen insgesamt 43 Zukäufe getätigt – das waren zwar weniger als im Vorjahr (60 Transaktionen), aber deutlich mehr als vor der Pandemie: Im Jahr 2019 wurden nur 16 Transaktionen gezählt.

Auf dem Transaktionsmarkt sind Europas Spielestudios sehr aktiv: Fast die Hälfte der in den vergangenen vier Jahren getätigten Transaktionen (45 Prozent) gingen von europäischen Unternehmen aus. Als mit Abstand am M&A-freudigsten erwies sich dabei die schwedische Embracer Group mit insgesamt 47 Transaktionen – vor Tencent (19) und Sony (13).

Schwache Kursentwicklung trotz vielversprechender Perspektiven

Bei allen Erfolgsmeldungen und Möglichkeiten, die die Branche bietet, zeigt der Blick auf die Entwicklung im Jahr 2022 aber auch, dass den Investoren nicht immer nach Feiern zumute ist – die Börsenkurse purzeln. 2020 knackten die Top-26-Publisher die Marke von einer Billion Euro an Börsenwert, konnten dies im folgenden Jahr sogar noch leicht auf 1,1 Billionen Euro steigern. 2022 dann aber der Einbruch, im Schnitt fiel die Marktkapitalisierung der Unternehmen um 29 Prozent auf 789 Milliarden Euro – und lag damit nur noch leicht über dem Vor-Pandemie-Niveau. Seit Beginn des Jahres 2023 haben sich die Börsenkurse insgesamt wieder etwas erholt.

„Die allgemeinen Schwierigkeiten der Tech-Branche sind auch an den Gaming-Anbietern nicht spurlos vorübergegangen“, sagt Weber. „Trotz aller Schwankungen bleibt die Gaming-Industrie aber sehr dynamisch und vielversprechend: Der Pandemie-Boom hat viel Geld in die Kassen der Unternehmen gespült. Die Anbieter setzen zudem zunehmend auf Trends wie Abo-Modelle und In-App- bzw. In-Game-Käufe, die sie unabhängiger machen vom Verkauf einzelner Spiele. Zudem bietet der mobile Spielemarkt noch erhebliches Wachstumspotenzial – gerade was neue Käuferschichten angeht, die bislang unerreichbar waren.“

Zudem steige das Durchschnittsalter der Menschen, die in Deutschland Computerspiele spielen, so Weber: „Wir haben inzwischen erstmals eine Generation zahlungskräftiger Erwachsener als potenzielle oder bereits zahlende Kunden, die mit dem Medium Computerspiel aufgewachsen sind und nicht neu herangeführt werden müssen.“ Zahlreiche Publisher nutzen dies, indem sie alte Spieletitel neu auflegen oder Serien wiederbeleben.

Hier können Sie die Studie kostenlos bestellen.

Bild: jeshootcom (Pexels, Pexels Lizenz)

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