26.08.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
In den Zahlen sind Emissionen enthalten, die durch Prozesse im laufenden Betrieb (Scope 1) sowie durch den Verbrauch extern eingekaufter Energie (Scope 2) entstehen. 30 Millionen Tonnen CO2 entsprechen etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß von 17,4 Millionen durchschnittlichen Neuwagen bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern. Der Energieverbrauch der DAX-Unternehmen sank im vergangenen Geschäftsjahr nur um vier Prozent und damit deutlich weniger stark. Immerhin: die große Mehrheit der Unternehmen – 29 von 36 Konzernen, die entsprechende Angaben machen – verzeichneten einen niedrigeren Energieverbrauch als im Vorjahr. Dabei sank der Stromverbrauch um 3,0 Prozent und der Gasverbrauch um 4,7 Prozent. Das sind Ergebnisse einer EY-Analyse der Nachhaltigkeitsberichte der im DAX gelisteten deutschen Konzerne.
Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten für Unternehmen
Der größte CO2-Emittent war der Baustoffkonzern Heidelberg Materials, nachdem im Vorjahr noch der Energiekonzern RWE an der Spitze des Rankings lag. Während allerdings Heidelberg Materials seine Emissionen nur um 3 Prozent senkte, schaffte RWE eine Reduktion um 27 Prozent. Nur drei DAX-Unternehmen – Infineon (minus 44 Prozent) und Allianz (minus 35 Prozent) –erzielten einen noch stärkeren Rückgang ihrer Treibhausgas-Emissionen.
„Die deutsche Wirtschaft kommt insgesamt bei der Reduzierung der CO2-Emissionen gut voran. Gerade die Top-Konzerne haben natürlich eine Vorreiterrolle und eine große Verantwortung. Die Zahlen zeigen, dass sie dieser Verantwortung derzeit auch gerecht werden“, sagt Simon Fahrenholz, Partner bei EY und Leiter der Nachhaltigkeitsberatung im Geschäftsbereich Strategy and Transactions. „Allerdings: Es wird bei der Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen nicht in diesem Tempo weitergehen. Viele Unternehmen haben bislang eher vor allem auf Einzelmaßnahmen gesetzt – etwa auf die Umstellung auf grünen Strom, also Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Das lässt sich relativ leicht umsetzen und hat einen starken Effekt, der allerdings nur einmalig zum Tragen kommt.“ Einzelmaßnahmen würden jedoch nicht ausreichen, so Fahrenholz: „Um die Mammutaufgabe Dekarbonisierung zu bewältigen, braucht es Mut zum echten Umbau und eine ganzheitliche Integration der Dekarbonisierung in die Unternehmensstrategie.“
Christian Hell, Partner bei EY, ergänzt: „Ab dem kommenden Geschäftsjahr gelten für große Unternehmen neue und deutlich weitergehende Berichtspflichten - Stichwort CSRD-Richtlinie. Dann müssen die Unternehmen sehr transparent und detailliert über ihre Fortschritte berichten. Das wird beim Thema Dekarbonisierung für kräftigen Rückenwind sorgen, denn es wird sich kein Unternehmen mehr leisten können, das Thema als Kür abzutun.“
Bezieht man noch die sogenannten Scope-3-Emissionen ein – also Emissionen, die dem betreffenden Unternehmen nicht direkt zuzuordnen sind, die aber über Lieferkette, Transport, Produktnutzung oder Entsorgung entstehen – ergibt sich für die DAX-Konzerne ein Rückgang um „nur“ vier Prozent. „Die Möglichkeiten der Unternehmen, sich einen detaillierten Überblick über die indirekten Treibhausgasemissionen zu machen, die auf vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen entstehen, sind begrenzt. Für mehr Transparenz und um diese Emissionen zu reduzieren sind weitergehende und ganzheitliche Anstrengungen nötig – etwa Verhandlungen mit Lieferanten und Entsorgungsunternehmen aber auch Änderungen in der Produktentwicklung. Das braucht Zeit, Erfolge werden teils erst mit mehrjähriger Verzögerung sichtbar“, sagt Fahrenholz.
In Summe lassen sich den DAX-Unternehmen Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen von in Höhe von knapp 3,5 Milliarden Tonnen zuordnen. Das sind neun Prozent aller weltweiten Emissionen, die im vergangenen Jahr 37,6 Milliarden Tonnen betrugen. „Die Bedeutung der DAX-Konzerne und insbesondere der großen Industrieunternehmen im Rahmen des weltweiten Kampfes gegen die menschengemachte Erderwärmung ist beträchtlich“, sagt Hell. „Sie tragen eine erhebliche Verantwortung. Aber wir können konstatieren, dass das Bewusstsein für diese Verantwortung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist.“
Insgesamt sank der Energieverbrauch der DAX-Unternehmen um vier Prozent – immerhin 29 Unternehmen konnten ihren Energieverbrauch reduzieren, sieben meldeten einen gestiegenen Energieverbrauch. Der mit Abstand größte Verbraucher war wie im Vorjahr Heidelberg Materials – das Unternehmen schaffte aber einen leicht überdurchschnittlichen Rückgang um fünf Prozent. Sieben DAX-Unternehmen konnten ihren Energieverbrauch um mindestens zehn Prozent reduzieren – die stärksten Rückgänge erreichten die Versicherungsunternehmen Münchner Rück und Allianz mit jeweils 20 Prozent.
„Die Senkung des Energieverbrauchs ist einer der wichtigsten und nachhaltigsten Hebel, um eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen zu erreichen“, sagt Fahrenholz. „Wir sehen, dass die Unternehmen an vielen Stellen tätig werden. Die kontinuierliche Hebung von Energieeffizienzpotenzialen ist mittlerweile zum absoluten Standard geworden, zunehmend helfen aber insbesondere auch technologische Innovation und Digitalisierung, den Energieverbrauch zu senken.“.
Gerade für die energieintensiven Industrieunternehmen sei es allerdings sehr wichtig, dass am Standort Deutschland grundsätzlich grüne Energieträger wie grüner Wasserstoff und grüner Strom in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, betont Fahrenholz. „Die Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Für Industrieunternehmen am Standort Deutschland ist der Zugang zu grünen Energieträgern unerlässlich. Ohne eine solide Energieinfrastruktur, die den Bedarf an grünen Energien deckt, wird unser Ziel, Kohle und Gas zu ersetzen und die Klimaziele zu erreichen, unerreichbar bleiben.“
Trotz der guten Entwicklung im vergangenen Geschäftsjahr warnt Fahrenholz vor Selbstzufriedenheit. „Die weitere Reduzierung des CO2-Fußabdrucks wird kein Selbstläufer. Im Gegenteil: Viele Unternehmen stehen aktuell so stark unter Druck wie selten zuvor: Trübe Geschäftsaussichten, sinkende Margen, ein hoher Transformationsdruck sorgen für Dauerstress auf den Chefetagen. Da droht der nachhaltige Umbau des Geschäftsmodells zu einer Baustelle von vielen zu werden und zu wenig Beachtung zu bekommen. Dabei sind Nachhaltigkeit und Profit letztlich zwei Seiten einer Medaille.“
Hell ergänzt: „Investitionen beispielsweise in neue, stromsparende Maschinen oder in den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft können tiefgreifende Umstrukturierungen erfordern und sehr teuer sein – Geld, das an anderer Stelle womöglich fehlt. Denn jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Aber auch wenn das Thema Nachhaltigkeit in wirtschaftlichen Krisenzeiten an Bedeutung zu verlieren droht, sind die Unternehmen gut beraten, den bereits beschrittenen Weg mutig weiterzugehen – auch weil Regulatoren, der Kapitalmarkt und die Kunden das ohnehin von ihnen erwarten.“
Bild: Matthias Heyde (Unsplash, Unsplash Lizenz)
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