25.10.2019 — Tobias Weilandt. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Ein Kollege weiht Sie in ein angeblich offenes Geheimnis ein, das in etwa so lauten könnte: “Kollege Meier wird demnächst gekündigt. Alle wissen es und es ergibt ja auch Sinn.” Was oftmals als Flurfunk beginnt, kann schnell zu einem handfesten Gerücht und mit der Zeit zu einer echten Überzeugung werden. Problematisch ist dabei oftmals, dass wichtige Hintergründe gar nicht bekannt sind, die zu einer bestimmten Entscheidung führen. Es wird lediglich auf Grundlage der oberflächlichen Kenntnisse oder gar aufgrund von reinen Mutmaßungen geschlossen, dass beispielsweise Kollege Meier demnächst das Unternehmen verlassen muss.
Hier ist es sinnvoll zu fragen, warum denn diese Gefahr für Herrn Meier besteht? Spricht aus dieser Aussage vielleicht nur, dass Herr Meier sehr unbeliebt unter Kolleg*innen ist und sich hier letztlich nichts weiter als ein kollektiver Wunsch äußert? Möglicherweise lässt sich diese Schlussfolgerung aber auch nur darauf zurückführen, dass die Vorgesetzte in letzter Zeit ungewöhnlich oft in Herrn Meiers Büro war.
Um ein Plausbilitätsargument also zu widerlegen, ist es ratsam nach der Begründung zu fragen: “Warum sollte das so sein?” oder “Wie kommen Sie darauf?”. Oftmals wird es dann recht dünn. Allein eine Ahnung kann hier die Prämisse sein oder es liegt eine Analogie vor: Ähnliche Umstände waren auch schon zu beobachten, als vor einigen Monaten Kollegin Lehmann gehen musste.
Ein Plausibilitätsargument basiert auf einer allgemeinen Behauptung, wie: “Wenn die Vorgesetzte häufig in das Büro eines Kollegen oder Kollegin geht, ist das oftmals die Vorbereitung auf eine Kündigung.” Wird allerdings diese Hypothese widerlegt, ist auch das Plausibilitätsargument hinfällig. Ist es denn so sicher, dass der hochfrequentierte Besuch der Chefin eine Kündigung des Kollegen nach sich zieht, und Kollege Meier nicht stattdessen an einem sehr wichtigen Projekt arbeitet, über das er regelmäßig berichten muss?
Grundlegende Behauptungen dieserlei Argumente sind allzu oft so vorgetragen, als wären sie allgemeingültig und hoch plausibel: “Zeitungen liest doch niemand mehr.” Vielleicht lesen die Person, die das meint und ihr nahes Umfeld keine Zeitungen mehr. Dann beruhte die Grundannahme auf einem induktiven Argument: Aus einer begrenzten Anzahl von Beobachtungen wird hier auf eine Aussage geschlossen, die für alle möglichen Fälle gelten soll.
Fragen Sie also bei Behauptungen, die insbesondere damit enden, dass auf einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund verwiesen wird (“das weiß doch jeder”, “das ist doch allen klar” oder “das ist doch gar keine Frage”) immer nach, wie sich dieser Hintergrund oder die Grundannahme gestaltet. Ist diese schon in geringem Ausmaße fraglich, schwächt dies auch das Argument - und das steht doch nun wirklich außer Frage!
Bild: magee (Pixabay, Pixabay License)
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