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"… dann ist der Siegeszug von AR und MR nicht mehr zu stoppen" – Ein Interview mit Josef Haider

20.03.2019  — Tobias Weilandt.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Josef Haider ist Experte für Hololearning. Er beschäftigt sich also mit Augmented und Mixed Reality in der Weiterbildung. An welchen spannenden Projekten er in der Vergangenheit schon gearbeitet hat, welche Vorteile er hier sieht und was die Zukunft bereithält, erzählt er uns in diesem Interview.

We enable people – so lautet das Motto der Know How! AG. Sie bietet maßgeschneiderte Lösungen für die unterschiedlichsten Branchen und Themen an. Dabei stehen die Lernenden im Vordergrund: Führungskräfte, Verkaufspersonal und Arbeiter*innen in der Produktion benötigen verschiedene Inhalte in verschiedenen Formaten. Seit vielen Jahren begleitet Know How! die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beim Thema E-Learning. Sie hat sich in dieser Zeit zu einem innovativen und starken Weiterbildungspartner für die eigene Belegschaft entwickelt.

Für die BVG wurde ein Lernszenario basierend auf einem Performance Support System mit einer Mixed Reality Schnittstelle realisiert, welches die Wartung und Instandsetzung von Bussen digital unterstützt. Das Projekt wurde auf der Bildungsmesse LEARNTEC 2019 vorgestellt. Es geht dabei um die Verwendung eines komplizierten Gerätes zur Achsvermessung an BVG-Linienbussen. Diese Augmented Reality-Anwendung wurde in diesem Jahr bereits mit dem E-Learning Award „Mixed Reality“ honoriert und positionierte sich zudem unter den Top 3 beim E-Learning-Check-Award im Bereich Innovative E-Learning Lösungen. Gute Gründe für uns, Josef Haider, Senior Account Manager Technology und Hololearning Experte bei der Know How! AG, ein paar Fragen zum Projekt und zu den Themen Hololearning und Virtual Reality (VR) zu stellen.

Tobias Weilandt: Sie haben ein spannendes Projekt mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) umgesetzt, bei denen Sie und Ihr Team Mixed Reality Umgebungen geschaffen haben, um on-the-job Personal zu schulen. Worum ging es bei dem Projekt genau?

Josef Haider: Wir haben gemeinsam mit der BVG im Herbst 2017 einen Proof of Concept gestartet, um herauszufinden, inwieweit sich Hololearning für bestimmte Gruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der BVG eignet. Dazu haben wir das Szenario „Bus-Einweisung“ ausgewählt. Dabei erhalten Busfahrer*innen vor dem Einsatz in einem neuen Fahrzeugtyp eine praktische Erklärung der Bedienungskomponenten, sprich des Bus-Cockpits, via Microsoft Hololens. Mit diesem neuen Ansatz ging Thomas Göckert, Sachgebietsleiter IT Training bei der BVG, dann auf Promotiontour durch die verschiedenen Bereiche der BVG.

Ramahololens

© Creative Commons, Ramadhanakbr. Die Microsoft Hololens ist eine Mixed-Reality-Brille, die die Darstellung von interaktiven Elementen in der direkten realen Umgebung ermöglicht.

Ziemlich schnell war klar, welches konkrete Projekt das Dringendste für den Echteinsatz wird: die Achsvermessung bei den Bussen. Insbesondere nach einer Unfall-Instandsetzung muss im Betriebshof der BVG auch eine Achsvermessung durchgeführt werden. Das dazu erforderliche Fachpersonal ist jedoch nicht immer verfügbar. Es galt also, Mitarbeiter*innen in den Betriebshöfen zur Achsvermessung zu befähigen. Bisher konnte dies nur durch voll ausgebildetes Fachpersonal in Werkstätten durchgeführt werden. Um dem Projekt einen besonderen Stellenwert zu verleihen, haben wir gemeinsam mit den Azubis der BVG den Prozess analysiert, die Arbeitsschritte definiert und beschrieben sowie in Bild und Video dokumentiert.

Weilandt: Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für Augmented Reality-Lösungen entschieden haben?

Haider: Unsere Lösung ist ganz klar auf Performance Support ausgerichtet, sprich wir unterstützen das Werkstattpersonal während der Ausführung der Tätigkeit, damit fällt VR komplett weg.

Die Lerninhalte, die wir bereitstellen, werden an die reale Umgebung angeknüpft und sind weitgehend unabhängig vom Endgerät. Damit befinden wir uns auf dem Gebiet der Augmented, also erweiterten Realität. Natürlich könnten diese Inhalte auch auf einer VR-Brille laufen, dann allerdings wäre es ein vorbereitendes Training und kein Performance Support. Bei VR-Anwendungen werden komplette Umgebungen digital erstellt und eine Verknüpfung zur realen Umgebung ist nicht gegeben.

Weilandt: Wo sehen Sie die größten Chancen im Bildungs- und Ausbildungsbereich? Virtual Reality, Augmented Reality oder Mixed Reality? Und was sind Ihrer Meinung nach die (didaktischen) Vorteile?

Haider: Meiner Meinung nach haben alle drei Varianten bereits Ihren Platz in der Weiterbildung gefunden und im Zuge der Digitalisierung werden die Einsatzszenarien immer vielfältiger.

VR ist für Simulationen zweifelsohne die erste Wahl. Für alle Trainings, bei denen man keine Sicht auf die tatsächliche Umgebung benötigt, ja bei denen diese Sicht vielleicht sogar stören würde, ist VR definitiv hervorragend geeignet.

Im Umkehrschluss kommen AR und MR kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Sicht auf die reelle Welt unverzichtbar ist. Ein wichtiges Kriterium ist zudem, dass ich hier beide Hände frei habe, wenn ich zum Beispiel ein Werkzeug benutzen muss.

Leider ist die beste der MR Brillen, die Microsoft Hololens, ein sehr hochpreisiges Endgerät, das sich eher an Business-Kunden richtet. Auch auf die neue Version der Hololens trifft das zu. Bei einem Preis von ca. 3.500 US-Dollar kommt ein Einsatz für allgemeinbildende Schulen, wie Realschulen oder Gymnasien, damit kaum in Frage. Wenn diese Barriere irgendwann einmal überwunden wird, und ein Hersteller ein Device anbietet im Preisbereich von beispielsweise Smartphones, dann ist der Siegeszug von AR und MR nicht mehr zu stoppen. Facebook und Apple sind bereits sehr aktiv und haben angekündigt, in naher Zukunft alltagstaugliche Brillen anzubieten.

Weilandt: Wie sähe Ihr persönliches Traumprojekt aus, das Sie mit einer Mixed Reality Umgebung durchführen würden?

Haider: Mein Traumprojekt wäre es, die Achsvermessung bei der BVG mit der Microsoft Hololens zu unterstützen!

Spaß beiseite! Dieses Projekt ist zum einen sehr faszinierend, denn es ist eine Herausforderung, Inhalte didaktisch für MR aufzubereiten und in die reelle Welt einzublenden. Zum anderen legen wir damit den Grundstein dafür, alle nur erdenklichen Lern-Szenarien mit dieser Technologie durchzuführen. Wir bauen ja keine Lösung, die nur auf der Hololens verwendet werden kann. Hinter den Lerninhalten, die auf der Brille projiziert werden, steht ein Azure-Cloud-basiertes Performance Support System, mit dem wir alle Prozesse unterstützen und auf alle derzeit verfügbaren Endgeräte bringen können. Zudem ist ein vorbereitendes Training am PC Arbeitsplatz, auch kontextsensitiv unterstützt, möglich, dass auf den gleichen Inhalten basiert, die anschließend prozessunterstützend auf dem Smartphone und/oder der Hololens erscheinen.

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass wir die Nutzung von Fahrzeugen der nächsten Generation – hin zum autonomen Fahren – mit Mixed Reality unterstützen. Die Fahrzeughersteller könnten, basierend auf unserer Azure-Cloud-Lösung „AskDelphi“, die Fahrzeugnutzer hinsichtlich der Komponenten der Fahrzeuge sowie deren Nutzung mit MR auf Smartphone und Hololens die Fahrzeugnutzer schulen.

Das Interview führte Tobias Weilandt (Produktmanager beim Verlag Dashöfer)

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