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BMF-Schreiben zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten

10.01.2012  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Bundesfinanzhof hat mit drei Urteilen vom 09.06.11 (VI R 36/10, VI R 58/09 und VI R 55/10) klargestellt, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich immer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann und nicht mehr, wie bislang angenommen, auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten. Die neue höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Thematik hat Auswirkungen auf die Reisekostenabrechnung und die Dienstwagenbesteuerung.

Definition in den Lohnsteuerrichtlinien

Nach dem Wortlaut der Lohnsteuerrichtlinien (vgl. R 9.4 Absatz 3 LStR) gilt als regelmäßige Arbeitsstätte insbesondere jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wie-der aufsucht. Dadurch bedingt war nach Auffassung der Finanzverwaltung bei Einsatz eines Arbeitnehmers an mehreren Tätigkeitsstätten entsprechend von mehreren regelmäßigen Ar-beitsstätten auszugehen.

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Mehrere BFH-Urteile vom 09.06.11

Kernaussage der neuen BFH-Rechtsprechung ist, dass ein Arbeitnehmer nicht mehrere, sondern grundsätzlich immer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Dieser regelmäßigen Arbeitsstätte muss eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommen. Damit stellt sich der Bundesfinanzhof gegen die Finanzverwaltung und hält darüber hinaus auch an seiner bisherigen Rechtsauffassung zu dieser Thematik nicht mehr fest.

BMF-Schreiben vom 15.12.11

Das Bundesfinanzministerium stellt mit Schreiben vom 15.12.11 klar, dass in denjenigen Fällen, in denen bisher mehrere regelmäßige Arbeitsstätten angenommen wurden, die Entfernungspauschale nunmehr nur für Fahrten zwischen Wohnung und einer regelmäßigen Arbeitsstätte anzusetzen ist.

Hinsichtlich der übrigen Fahrten, also der Fahrten zwischen Wohnung und der auswärtigen Tätigkeitsstätte bzw. zwischen mehreren auswärtigen Tätigkeitsstätten, können Werbungskosten nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit – also nach Reisekostengrundsätzen – geltend gemacht werden.

Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte im Regelfall

Von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist nach dem BMF-Schreiben grundsätzlich immer dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß

  • einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder - wenn dies nicht der Fall ist -
  • der Arbeitnehmer in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers
    • arbeitstäglich,
    • je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder
    • mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit
tätig werden soll (Prognoseentscheidung).

Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte im Ausnahmefall

Wenn im Einzelfall geltend gemacht wird, dass der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers hat oder keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt (z.B. wenn der Arbeitnehmer den wesentlichen Teil seines Aufgabengebietes im Außendienst erbringt), ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

Auswirkungen auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung

Für den Arbeitgeber ergeben sich durch die neue höchstrichterliche Rechtsprechung Auswirkungen auf die Reisekostenabrechnung und auf die Dienstwagenbesteuerung.

Wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Neudefinition der regelmäßigen Arbeitsstätte an einer auswärtigen Tätigkeitsstätte tätig wird, darf der Arbeitgeber steuerfreie Reisekostenerstattungen gewähren. Eine Lohnversteuerung sowie eine Verbeitragung zur Sozialversicherung können unterbleiben, soweit die gesetzlich zulässigen Höchstbeträge nicht überschritten werden.

Bei der Gestellung eines Firmenwagens ist im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung nur dann ein geldwerter Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen, wenn die Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist. Ist die Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers nicht als regelmäßige Arbeitsstätte, sondern als auswärtige Tätigkeitsstätte anzusehen, kann der Ansatz eines geldwerten Vorteils unterbleiben.

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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