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BilRUG verabschiedet

30.06.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Warth Klein Grant Thornton.

Am 18. Juni 2015 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BilRUG) verabschiedet. Mit dem BilRUG wird die am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU, die die 4. und 7. EU-Richtlinie (78/660/EWG und 83/349/EWG) ersetzt, in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz tritt mit dessen Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Materiell bedeutsamste Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf

Im Folgenden möchten wir Ihnen die materiell bedeutsamsten Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf (RegE) vom 7. Januar 2015 vorstellen. Die Änderungen gehen zurück auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages und greifen zahlreiche Kritikpunkte und offenen Fragen zum Regierungsentwurf auf.

  1. Die Vorschrift des § 264 Absatz 3 Handelsgesetzbuch (HGB) neuer Fassung (n. F.) zur Befreiung von Tochterunternehmen von den für Kapitalgesellschaften geltenden Aufstellungs-, Prüfungs- und Offenlegungspflichten wurde präzisiert. So wurde klargestellt, dass die Einstandspflicht des Mutterunternehmens alle bis zum Abschlussstichtag eingegangenen Verpflichtungen umfasst.

    Praxishinweis
    Praktisch bedeutsam ist die Begründung zu den Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses, aus der sich eine bedeutende Erleichterung für die Auslegung der erforderlichen Einstandspflicht des Mutterunternehmens ergibt. Nach Auffassung des Rechtsausschusses reicht "eine infolge eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages eintretende gesetzliche Verlustübernahme nach § 302 Aktiengesetz (AktG) und eine konzernrechtliche Verbundenheit der Unternehmen […] für diese Einstandspflicht im Regelfall aus. Entscheidend ist, dass das Mutterunternehmen sicherstellt, dass das Tochterunternehmen jederzeit zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage ist und es bei Bedarf mit den notwendigen Mitteln ausstattet. Der Ausschuss geht daher davon aus, dass mit der Streichung des Hinweises auf § 302 AktG keine Änderung der bisherigen Praxis notwendig ist." Im RegE war hingegen zumindest eine Nachschusspflicht oder harte Patronatserklärung vorgesehen.

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  3. Die im Gesetzgebungsverfahren umstrittene Regelung des § 272 Absatz 5 HGB n. F. zur Bildung einer ausschüttungsgesperrten Rücklage für Beteiligungserträge, auf deren Zahlung noch kein Anspruch besteht, wird grundsätzlich beibehalten und um Regelungen zur Auflösung der Rücklage ergänzt, sobald der Beteiligungsertrag ausgeschüttet oder ein Anspruch auf ihre Zahlung erworben wird.

    Praxishinweis
    Aus der Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zeigt sich indes, dass die Neuregelung keine praktische Relevanz für phasengleich vereinnahmte Beteiligungserträge erlangen wird. Denn nach Ansicht des Rechtsausschusses genügt es zur Entstehung eines Anspruchs im Sinne der Regel, wenn die bilanzierende Kapitalgesellschaft einen Beteiligungsertrag so gut wie sicher vereinnahmen kann, auch wenn ein Gewinnverwendungsbeschluss zum Abschlussstichtag noch aussteht. Auf einen Anspruch im Rechtssinne kommt es demnach nicht an.

  4. Eine weitere Erleichterung gegenüber dem Regierungsentwurf ergibt sich bei § 292 HGB zur Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht bei Einbeziehung in den Konzernabschluss eines übergeordneten Drittstaaten-Mutterunternehmens. Hier sah der Regierungsentwurf noch vor, dass neben dem Konzernabschluss auch der Konzernlagebericht zu prüfen ist. Diese Voraussetzung, die zum Beispiel bei deutschen Zwischenholdings US-amerikanischer Konzerne zu zusätzliche Belastungen geführt hätte, wurde wieder gestrichen. Die aktuelle Rechtslage bleibt damit erhalten.

  5. In § 301 Absatz 2 HGB n. F. zur Ermittlung der Wertansätze im Rahmen der Erstkonsolidierung wurde gegenüber dem Regierungsentwurf eine Ausnahmemöglichkeit neu aufgenommen. Danach kann bei der erstmaligen Kapitalkonsolidierung zum Beispiel bei Wegfall einer Befreiung nach §§ 291, 292 HGB auf die Bewertung des Tochterunternehmens zum Erwerbszeitpunkt (das heißt nicht zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung) abgestellt werden. Die Anwendung der Ausnahmemöglichkeit ist im Konzernanhang anzugeben und zu erläutern.

    Praxishinweis
    Daraus ergeben sich Erleichterungen, wenn eine Bewertung des Tochterunternehmens bereits zum Erwerbzeitpunkt erfolgt ist (zum Beispiel wegen der Einbeziehung in einen übergeordneten Konzernabschluss) und die für die Kapitalkonsolidierung auf diesen Stichtag erforderlichen Informationen daher schon vorliegen, obwohl eine solche Ermittlung der Werte nicht gesetzlich notwendig gewesen wäre.

  6. Auf Anregung des Bundesrates wurden zudem die Übergangsvorschriften des EGHGB noch einmal überarbeitet. Die Regelungen des BilRUG sind nunmehr - mit Ausnahme der Schwellenwerterhöhung und der Neudefinition der Umsatzerlöse - erstmals in Geschäftsjahren anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen. Bei kalendergleichem Geschäftsjahr ist dies der Abschlussstichtag 31. Dezember 2016. Eine vorzeitige Anwendung in früheren Geschäftsjahren ist nicht mehr zulässig.

  7. Hingegen wurden die Übergangsvorschriften zur vorzeitigen Anwendung der angehobenen Schwellenwerte für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften und der Neudefinition der Umsatzerlöse im Grundsatz beibehalten. Diese dürfen bereits für das nach dem 31. Dezember 2013 beginnende Geschäftsjahr angewendet werden. Bei der erstmaligen Anwendung der neuen Vorschriften ist im Anhang auf die fehlende Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse hinzuweisen und unter nachrichtlicher Darstellung des Vorjahresbetrags der Umsatzerlöse, der sich aus der Anwendung der neuen Umsatzerlösdefinition ergeben haben würde, zu erläutern.

    Praxishinweis
    Erfolgt keine vorzeitige Anwendung der angehobenen Schwellenwerte in Kombination mit der Neudefinition der Umsatzerlöse in dem nach dem 31. Dezember 2013 beginnenden Geschäftsjahr, ist die Anwendung der angehobenen Schwellenwerte nach dem Wortlaut der Übergangslösung erst in dem nach dem 31. Dezember 2015 beginnenden Geschäftsjahr möglich. Hier bleibt abzuwarten, ob sich im Rahmen der Auslegung der Übergangsregelungen noch Änderungen ergeben werden und eine vorzeitige Anwendung auch im Geschäftsjahr 2015 möglich ist.

Bedeutsame Neuerungen des BilRUG, die gegenüber dem Regierungsentwurf keine Änderungen erfahren haben

  1. Keine Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf hat sich bei den Neuerungen der in § 277 Absatz 1 HGB enthaltenen Definition der Umsatzerlöse ergeben, die den Begriff der Umsatzerlöse erheblich erweitert.
    "Als Umsatzerlöse sind die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen."
    Die bisher in der Definition enthaltenen Merkmale "gewöhnliche Geschäftstätigkeit" und "typisch" sind gestrichen worden.

    Praxishinweis
    Künftig werden daher unabhängig von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit bzw. dem typischen Leistungsangebot zu Beispiel Erlöse aus Miet- und Pachteinnahmen bei Vermietung von Werkswohnungen, Erlöse aus Verkäufen an Mitarbeiter (etwa Kantinenerlöse), Erlös aus Schrottverkäufen oder aus Verkauf überzähliger RHB oder konzerninterne Kostenumlagen/-erstattungen als Umsatzerlöse und nicht mehr als sonstige betriebliche Erträge ausgewiesen. Hingegen hat der Rechtsausschuss festgestellt, dass Erträge aus der Veräußerung von Anlagevermögen nicht als Umsatzerlöse zu erfassen sind, sondern weiterhin sonstige betriebliche Erträge darstellen.
    Daher sollten Sie frühzeitig die Auswirkungen dieser Änderungen auf die Anpassung der Kontenzuordnung in ihrer Buchhaltung oder ihre Bilanzierungsanweisungen sowie auch die Konsequenzen für Covenants oder ergebnisabhängige Zahlungsvereinbarungen bedenken. Auch die Auswirkungen auf die Anhangangaben nach § 285 Nummer 4 HGB sind zu beachten. Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens sind zudem im Zusammenhang mit der Umgliederung von sonstigen betrieblichen Erträgen in die Umsatzerlöse auch die entsprechenden Umgliederungen der sonstigen betrieblichen Aufwendungen in die Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen vorzunehmen. Im Rahmen des Konzernabschlusses sind mögliche Auswirkungen auf Konsolidierungsroutinen im Rahmen der Aufwands- und Ertragskonsolidierung zu prüfen. Auch hier sind die Anhangangaben nach § 314 Absatz 1 Nummer 3 HGB zu beachten und ggf. die Konzernrichtlinien und die Vorgaben für das Konzernreporting der ausländischen Tochterunternehmen entsprechend anzupassen. Schließlich sind auch mögliche Auswirkungen auf die Segmentberichterstattung nach DRS 3 zu bedenken. Eine frühzeitige und sorgfältige Analyse ist daher zu empfehlen.

  2. Weiterhin wird in der Gewinn- und Verlustrechnung der gesonderte Ausweis von außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen und damit der Ausweis eines außerordentlichen Ergebnisses nicht länger zulässig sein. Die Legaldefinition in § 277 Absatz 4 HGB a. F. entfällt. Die bisher unter diesem Posten erfassten Aufwendungen und Erträge sind künftig unter den jeweiligen arten- bzw. geschäftsvorfallbezogenen Posten zu erfassen. Stattdessen fordert § 285 Nummer 31 HGB n. F. eine Anhangangabe, bei der Art und Betrag der einzelnen Beträge von außergewöhnlicher Größenordnung und ausgewöhnlicher Bedeutung anzugeben sind. Gegenüber dem Regierungsentwurf wurde die dort noch (bei Wesentlichkeit) erforderliche Erläuterung gestrichen.

    Praxishinweis
    Die Anhangangabe, bei der Art und Betrag der einzelnen Beträge von außergewöhnlicher Größenordnung und ausgewöhnlicher Bedeutung anzugeben sind, darf nicht aggregiert erfolgen, sondern ist auf Ebene der einzelnen GuV-Posten vorzunehmen. Unabhängig davon empfiehlt es sich, frühzeitig die praktischen Auswirkungen dieser Neuregelung auf Kennzahlen, Ausgangsgrößen erfolgsabhängiger Zahlungen (etwa Tantiemen) und Financial Covenants zu analysieren.

  3. Darüber hinaus enthält das BilRUG weitere punktuelle Änderungen wie beispielsweise die Vorgabe einer typisierten Nutzungsdauer von zehn Jahren der selbsterstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und des Geschäfts- und Firmenwerts, wenn deren Nutzungsdauer nicht verlässlich bestimmt werden kann (§ 253 Absatz 3 Satz 3 und 4 HGB n. F.).

  4. Zudem werden zahlreiche Änderungen der Berichtspflichten im Anhang vorgenommen. So führen die neuen Regelungen zur Verbesserung der Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit des Anhangs und verlagern Angaben aus Bilanz und Lagebericht in den Anhang und werten diesen dadurch generell auf. Daneben werden bestimmte Angabepflichten gestrichen, dafür andere inhaltlich erweitert oder neue eingeführt. Kleine Gesellschaften erhalten weitere Erleichterungen.

Ausblick auf Änderungen bei den Regelungen zu den Pensionsrückstellungen

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gab es Überlegungen mithilfe des BilRUG eine Lösung für die Probleme, die aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase hinsichtlich der Bestimmung des Diskontierungszinssatzes der Pensionsrückstellungen entstehen, zu implementieren. Hintergrund ist, dass der von der Bundesbank zum 31. Mai 2015 mit 4.26% errechnete Zins wahrscheinlich bis 2019 auf 2 bis 2,5% fallen wird. Dies führt zu hohen Rückstellungen, denn je niedriger der Zinssatz ist, desto höher wird die Rückstellung. Die Unternehmen sind dadurch erheblichen ergebnismindernden Belastungen in den kommenden Jahren ausgesetzt, die sich durch die strukturellen Änderungen in der Bilanz auch auf die Eigenkapitalquoten auswirken werden. Allerdings wurde im BilRUG keine derartige Regelung umgesetzt.

Der Bundestag lässt daher die Bundesregierung nun (im Form einer Entschließung) prüfen, ob die bisherigen Annahmen für die Dauer des Bezugszeitraums des Diskontierungszinssatzes in § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB anzupassen sind. Die Bundesregierung soll dann eine angemessene Neuregelung vorschlagen. Denkbar ist, den Bezugszeitraum für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes zu verlängern. Die bilanziellen Belastungen in den Jahresabschlüssen der Unternehmen würden so abgeschwächt, da die Reduzierung des Zinssatzes über einen längeren Zeitraum gestreckt wird. Hierzu soll kurzfristig eine gesetzliche Regelung, verabschiedet werden.




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