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Bilanzrechtsreform trifft auch kleine und mittlere Unternehmen

23.03.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: SH C - Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Die wichtigsten Änderungen und Stolperfallen

„Beinahe jedes Unternehmen wird von den Änderungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz betroffen sein“, sagt Diplom-Kaufmann Richard Hempe, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Regensburger Steuerkanzlei SH+C Wagner Bumes Winkler GmbH. Dennoch haben sich viele kleine und mittlere Unternehmen noch nicht oder zu wenig mit der Bilanzrechtsreform befasst. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) ist seit dem 1. Januar 2010 verpflichtend anzuwenden und stellt eine der umfangreichsten Reformen des Bilanzrechts seit der Neufassung im Jahr 1985 dar.

Ziel der Reform ist neben einer Modernisierung des Bilanzrechts, dass eine deutlich höhere Aussagefähigkeit der Handelsbilanz erreicht wird. Kleine und mittlere Unternehmen sollen dabei modernere Bilanzregelungen anwenden können, ohne dass sie auf die internationale Rechnungslegung nach IFRS (International Financial Reporting Standards) umstellen müssen. „Eine transparentere Bilanz unterstützt den Unternehmer bei wichtigen Entscheidungen und zeigt der Bank die Bonität des Betriebs deutlich besser als in der Vergangenheit“, erläutert Bilanzexperte Hempe.

Die folgenden Punkte stellen häufig die interessantesten Änderungen für kleine und mittlere Unternehmen dar:
  • Einzelkaufleute, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Schwellenwerte von 500.000 Euro Umsatz und 50.000 Euro Gewinn nicht überschreiten, sind von der Verpflichtung zur Aufstellung einer Bilanz befreit und können künftig eine Einnahmenüberschussrechnung zur Gewinnermittlung erstellen.
  • Die Größenklassen für die Publizitätspflichten von Kapitalgesellschaften (GmbH, GmbH & Co. KG etc.) wurden um 20 % angehoben. Für die Qualifizierung als „kleines Unternehmens“ gilt nun eine Bilanzsumme von 4.840.000 Euro (bisher: 4.015.000 Euro) und Umsatzerlöse von 9.680.000 Euro (bisher: 8.030.000 Euro).
  • Entwicklungskosten für selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte (z.B. technische Produktentwicklungen oder Software) können in der Handelsbilanz künftig aktiviert werden, brauchen aber deswegen nicht versteuert zu werden. Für Forschungskosten gilt dagegen weiterhin ein Aktivierungsverbot.
  • Nicht eingeforderte, ausstehende Einlagen dürfen nicht mehr auf der Aktivseite ausgewiesen werden, sondern es muss zwingend das Eigenkapital um die ausstehenden Einlagen gekürzt werden.
  • Bei Rückstellungen müssen künftige Entwicklungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Zudem werden langlaufende Rückstellungen, ähnlich der Steuerbilanz, künftig auf den Gegenwartswert abgezinst.
  • Mittelgroße, prüfungspflichtige und auch kleine Unternehmen werden mit einer Reihe neuer Anhangangaben konfrontiert wie beispielsweise der Unterdeckung der Pensionsrückstellung, Ausschüttungssperrbetrag, Risikoeinschätzung zu den Haftungsverhältnissen. Ohne diese Angaben ist der Jahresabschluss unvollständig und damit fehlerbehaftet.
  • Durch den Wegfall der Bindung der Handelsbilanz an die steuerlichen Werte können sich künftig eine ganze Reihe von Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz ergeben, die - so will es der Gesetzgeber - wegen der höheren Aussagefähigkeit und realistischeren Eigenkapitaldarstellung in Kauf genommen werden müssen, zudem werden die Banken wegen des Ratings das höhere handelsrechtliche Eigenkapital verlangen. Für die Unternehmen führt das wahrscheinlich zur einschneidendsten Veränderung: Es müssen vielfach auf Dauer zwei Bilanzen aufgestellt und die Abweichungen von Jahr zu Jahr weiter fortgeschrieben und überwacht werden.

„Besonders Unternehmen mit Pensionsrückstellungen sollten sich mit den Neuregelungen beschäftigen“, empfiehlt Wirtschaftsprüfer Hempe. Hier werde sich die realitätsnähere Bewertung durch höhere Lebenserwartung, marktorientierte Zinsen und Erfassung der absehbaren Pensionssteigerungen wohl mit am drastischsten auswirken. Lange Übergangsfristen mildern die Folgewirkungen hier zwar ab, die eventuelle Unterdeckung ist dann allerdings - als neue Pflichtangabe - aus dem Anhang ersichtlich.

Höhere Steuern müssen die Unternehmen durch die geänderten Bilanzierungsregelungen grundsätzlich nicht fürchten, denn es sollten ausschließlich die handelsbilanziellen Regelungen transparenter gestaltet werden, ohne dass sich die damit vielfach verbundene Verbesserung des Eigenkapitals auf die Besteuerung auswirkt, verdeutlicht SH+C-Geschäftsführer Hempe, „viele Betriebe werden allerdings künftig zwei Bilanzen erstellen müssen, die Handelsbilanz für die Offenlegung im Unternehmensregister und für die Bank sowie eine Steuerbilanz für das Finanzamt."
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