13.02.2023 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Einmal mehr ging es um den Vertrieb von Matratzen auf einer großen Verkaufsplattform. In der Vorinstanz das OLG Köln zu den Beklagten:
„Die Beklagten sind Gesellschaften der B.-Gruppe und jeweils in Luxemburg ansässig. In unterschiedlichen Rollen und Aufgabenbereichen sind sie am Betrieb der Online-Verkaufsplattform "B" - in Deutschland unter "www.b.de" aufrufbar - beteiligt. Die Beklagte zu 1 ist für den technischen Betrieb der Website "www.b.de" zuständig. Sie ist zudem technisch und administrativ für das B.-Partnerprogramm verantwortlich. In dessen Rahmen steht es Dritten, sog. Affiliates, frei, auf der eigenen Website Links auf Angebote der Plattform B., sogenannte Affiliate-Links, zu setzen.“
Bei Luxemburg und großer Plattform dürfte vielen klar sein, wer gemeint ist: amazon!. Dies deckt auch die Presseerklärung des BGH zur aktuellen Entscheidung durch eine offene Benennung auf. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Klar ist aber zum Sachverhalt:
Die Affiliates erhalten natürlich eine Vergütung, wenn sich ein Kauf über die Vermittlung ergibt. Dazu war vorgesehen, dass die Affiliates einfach die entsprechenden Partnerprogramm-AGB akzeptieren. Darin musste der Affiliate gewährleisten, dass bei Erstellung, Pflege und Betrieb der Webseite nicht gegen anwendbare gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen, Vorschriften oder ähnliches verstoßen wird. Händler auf dem Marketplace der Plattform müssen jedwede Form der Bewerbung dulden.
Viele Affiliates sind dazu übergegangen, eigene thematische Seiten zu Produkten mit den Affiliate Links zu veröffentlichen. Diese funktionieren bei Google gut und ranken hoch. Damit klingelt häufiger die Kasse. Allerdings können solche Themenseiten problematische Angaben enthalten.
Ein Affiliate, der Mitglied des Partnerprogramms war, hatte einen Matratzen-Vergleich veröffentlicht und dabei aus Sicht der Klägerin irreführende Angaben gemacht. Die Klägerin meinte dazu:
Die Website spiegle durch die redaktionellinformatorische Gestaltung objektive Rankings und Testergebnisse zur Steigerung ihrer Glaubwürdigkeit lediglich vor, um möglichst viele potenzielle Käufer zur Inanspruchnahme der Affiliate-Links zu animieren. Die Klägerin hat außerdem behauptet, die beanstandete Seite beschränke sich diesbezüglich ausschließlich auf B.-Angebote und beziehe Produkte anderer Online-Händler nicht mit ein. Daher ist sie der Auffassung gewesen, dass es primärer Zweck der Internetseite sei, größtmögliche Provisionsbeträge im Rahmen des B.-Partnerprogramms zu erzielen. Dies nehme der Verbraucher jedoch nicht wahr.
Zu den geltend gemachten Unterlassungs- und Zahlungsansprüchen nahm die Klägerin auch die technische Betreiberin der Plattform, die auch das Affiliate Programm betrieb, in Anspruch.
Die Vorinstanz des OLG Köln hatte offen gelassen, ob überhaupt ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem klagenden Matratzenhersteller und dem Betreiber des Affiliate-Programms bestand. Jedenfalls hafte die beklagte Betreiberin hier nicht.
Haftungsgrundlage für eine Zurechnung fremden Verhaltens ist § 8 Abs. 2 UWG.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
Der Unternehmer muss daher die Verantwortung für Tätigkeiten übernehmen, die im Zuge seiner Unternehmenstätigkeit begangen werden. Er hat dazu keine Entlastungsmöglichkeit. Es wird also auch für Verstöße gehaftet, die ohne das Wissen und Wollen des Unternehmers und auch gegen seinen Willen begangen wurden (vgl. BGH, GRUR 1995, 605 - Franchise-Nehmer).
Dies folgt aus dem Umstand, dass der Unternehmer durch die Einschaltung von Mitarbeitern und Beauftragten seinen Geschäftsbereich erweitert und er die hiermit verbundenen Risiken beherrschen kann. Dies sahen die Kölner Richter aber im konkreten Fall nicht als gegeben an.
Die dagegen eingelegte Revision war erfolglos. Der BGH folgte dem Urteil II. Instanz:
Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG. Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen - hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 dar.
Dem Bundesgerichtshof fehlte die erforderliche Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte zu 1.
Der Affiliate werde bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse.
Dabei kam es im Weiteren auch nicht auf die weiteren Inhalte der Partnervereinbarung an, denn der Betreiber musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht vertraglich sichern, weil er mit dem Produkt des Affiliates seinen Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.
Die typischen Affiliate-Programm ohne weitere Vorprüfungen des Veranstalters sind damit von einer Haftungsbürde erleichtert worden. Anders kann es aber aussehen, wenn dezidierte Kooperationen zwischen dem prämiengewährenden Unternehmen und dem Affiliate zu einer Lead-Vermittlung getroffen werden. Hier wird es auf die konkrete Ausgestaltung ankommen.
Bild: AJEL (Pixabay, Pixabay License)
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